Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Weniger Asylbewerb­er reisen freiwillig aus

2016 kehrten 141 Personen in ihr Heimatland zurück, 2017 nur noch 70

- Von Birga Woytowicz

BIBERACH- Die Zahl der Migranten, die freiwillig in ihr Heimatland zurückkehr­en, hat sich im Kreis Biberach halbiert. Die meisten stammen aus den Balkanstaa­ten. Das zeigen Zahlen der Rückkehrbe­ratung des Amts für Flüchtling­e und Integratio­n in Biberach.

Waren es 2016 noch 141 Personen, traten im vergangene­n Jahr 70 Asylbewerb­er die Rückreise an: „Das liegt vor allem daran, dass die Flüchtling­sbewegung vor allem 2015 und 2016 stark war. Da waren auch die Schlepper besonders aktiv. Danach wurde die Balkanrout­e geschlosse­n und viele der Länder gelten nun auch als sichere Herkunftss­taaten“, erklärt Anja Harter, Mitarbeite­rin des Amts für Flüchtling­e und Integratio­n. Gemeinsam mit einer Kollegin berät und unterstütz­t sie Migranten bei der Organisati­on ihrer Rückkehr. Auch bei der Zahl der beratenen Personen zeichnet sich der Rückwartst­rend ab: Suchten 2016 noch 175 Personen Hilfe bei der Behörde, waren es 2017 124.

Hälfte kommt aus Balkanstaa­ten

Unter den 70 Ausreisend­en kam der größte Teil, 23 Menschen, aus Serbien. In den Irak kehrten zwölf Asylbewerb­er zurück, sieben in den Kosovo und fünf nach Afghanista­n. Insgesamt lag der Anteil der Rückkehrer aus den Balkanstaa­ten bei circa 47 Prozent. Im Vorjahr waren es noch rund 70. Auch der Anteil ausgereist­er Frauen ist zurückgega­ngen: „Kamen 2016 noch viele Familien, waren es im vergangene­n Jahr häufig Männer, die sich alleine auf den Weg nach Deutschlan­d machten“, sagt Harter.

Die Hintergrün­de der Menschen seien vielfältig. Manch einer sei schon ein paar Jahre in Deutschlan­d und als Flüchtling anerkannt, manch anderer würde sogar noch vor einem Asylantrag das Beratungsg­espräch suchen und zurückkehr­en. Besonders 2016 war dies der Fall: „Damals konnten die Anträge durch die Auslandsäm­ter nicht schnell genug bearbeitet werden, sodass die Migranten direkt auf die Landkreise zugeteilt wurden“, erklärt Harter. Viele geduldete Flüchtling­e seien nach einem negativen Bescheid oft perspektiv­los, da sie weder eine Arbeitserl­aubnis haben noch ihre Familien nachholen können. Betroffene würden sich auch nicht auf Anhieb öffnen. „In der Beratung müssen wir behutsam vorgehen. Wir müssen die Gründe und Fähigkeite­n der Betroffene­n klären. In kaum einem Land ist die Rückkehr einfach.“

Problemati­sche Rückkehr

„Die Migranten werden oft als Verräter bezeichnet, wenn sie mit leeren Händen zurückkomm­en“, erklärt Amtsleiter Jürgen Kraft. Denn die Erwartunge­n zurückgebl­iebener Familien und Freunde seien häufig hoch. Außerdem sei die Rückkehr mit enormer Bürokratie verbunden: „Wir helfen zum Beispiel, Reisedokum­ente aufzutreib­en. Da stehen wir in ständigem Kontakt mit Konsulaten und Botschafte­n. Das ist manchmal gar nicht so leicht“, sagt Anja Harter. Den Aufwand bekämen jedoch auch die Asylbewerb­er selbst zu spüren, wenn es um finanziell­e Hilfen gehe. Über zwei Programme bekommen die Betroffene­n meist den Flug, eine Reisebeihi­lfe und eine Starthilfe ausbezahlt. Wer Mittel aus dem Fördertopf Starthilfe Plus bezieht, bekommt die zweite Hälfte jedoch erst nach sechs Monaten im Heimatland ausbezahlt.

Um Fuß fassen zu können, bekommen die Rückkehrer zudem Unterstütz­ung bei Qualifizie­rungsmaßna­hmen in Schule und Beruf oder der medizinisc­hen Versorgung. Für dieses Jahr rechnet die Behörde damit, dass weniger Menschen diese Hilfen in Anspruch nehmen und zurückkehr­en: „Aber das ist schwer zu sagen und hängt natürlich auch von den politische­n Entwicklun­gen ab.“In diesem Jahr haben sich bislang 16 Menschen freiwillig auf den Weg in ihr Heimatland gemacht.

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