Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Auch links des Lechs gibt’s was Rechts
Maxi Schafroths virtuose Bayern-Allgäu-Revue im Ulmer Zelt pendelt zwischen Wahrheit, Klischee und Traumbild
ULM - Der Landwirtssohn aus dem Allgäu, der nach der Banker-Lehre zum gefeierten Kabarettisten wird – diese Laufbahn klingt fast selbst wie eine der vielen Geschichten, die Maxi Schafroth in seinem zweiten Soloprogramm „Faszination Bayern“erzählt, das nahtlos dort anknüpft, wo der Erstling „Faszination Allgäu“endet. Nun sollte man nicht argwöhnen, dass dem maulflinken Kabarettisten etwa die Ideen ausgingen. Nein, Schafroth verwirklicht mit dem zweiten Programm eine Art großen Bogen, eine Allgäu-Trilogie gewissermaßen, in der alles erzählt und kabarettistisch ausgeleuchtet werden soll, was seine Heimat im Guten wie auch im Merkwürdigen ausmacht.
Und wieder ist bei seinem Auftritt im ausverkauften Ulmer Zelt Gitarrist Markus Schalk fest an seiner Seite, wenn Katzen durch die Luft gewirbelt, nordrhein-westfälische Urlauber durch den schwäbischen Kakao gezogen und die Berührung des Elektrozauns zur bizarren Wellnesskur à la Schafroth werden. Denn bei allem Bekannt-Vertrauten, was einem in „Faszination Bayern“begegnet, vom „Papa“angefangen über das München Juppie-Ehepaar Silke und Jörn hat Schaf-roth doch deutlich zugelegt bei der Gagdichte, und wer glaubte, er könnte aus der fröhlichen Klischee-Rundschau kaum noch etwas Neues herauskitzeln, der dürfte sich eines Besseren belehrt sehen. Denn natürlich hat Schafroth immer noch ein As im Ärmel, wenn er scharfzüngig und hintersinnig nun die Geschichte der zwei Bayerns erzählt – das reiche Bayern rechtsseitig des Lechs und das arme Bayern auf der linken Seite, dort, wo der Kabarettist aufwuchs.
Humoristen waren immer gut beraten, die eigene Biografie ins Bühnengeschehen einfließen zu lassen und kaum einer macht das aktuell so konsequent wie Schafroth. Da prägt er mit „seinem“Allgäu fast so sehr eine Marke wie das Otto vor rund fünfzig Jahren mit dem Friesland machte. Ein Landstrich, der sonst eher übersehen wird und nun zum Mekka gut gesponnenen Kabarettistengarns wird.
Was entstammt Schafroths Biografie, was ist erfunden? Aufgewachsen ist der 33-Jährige in Stephansried, einem kleinen Dorf bei Ottobeuren. Die Kindheit auf dem Bauernhof der Eltern hat ihn geprägt. Die Oma, die Mama, der Papa, die „Hofkatzen“und der Bulldog – das alles ist für das Kind die Welt und für den Erwachsenen der reiche Fundus, aus dem er seine manchmal etwas klischierten, aber nie verletzenden oder platten Pointen schöpft.
Die Geschichten verpackt er mit viel Musik. Da ist beispielsweise der lässige „Over the Lech“-Blues, der das Allgäu in den Farben des Wilden Westens nachzeichnet, oder seine Gstanzl. „Fein sein, beinander bleiben“wird da ebenso liebevoll durch den Kakao gezogen wie der bis zur Grenze des Unanhörbaren weichgespülte Jazz für den gestreßten Karrieremenschen. Dass der ehemalige Bankmitarbeiter die extreme Sparsamkeit seiner Landsleute in Wort und Lied auch mal arg übertrieben darstellt, wird ihm verziehen – die Ulmer lachen auch, wenn er sich daran erinnert, wie früher die „reichen Ulmer mit dem SUV vorgefahren kamen“und der Papa die allgäuerischen Kinder anwies: „Kinder naus zum Bettla – die Ulmer kommen!“
Die Mixtur von „Faszination Bayern“ist die gleiche wie bei „Faszination Allgäu“, es sind die gleichen Akteure, die gleichen Themen – und dennoch bekommt man einen zweistündigen Abend serviert, der bestens unterhält, (fast) ohne Wiederholungen auskommt und am Ende etwas schafft, was nur wenigen Kabarettisten gelingt: Dass man Lust darauf bekommt, dieses Schafroth’sche Allgäu einmal selbst anzuschauen.
Freilich ist es genauso fiktiv wie Otto Waalkes’ Friesland – eine virtuose Mischung aus Wahrheit, Klischee, Fiktion und Traumbild. Das hat den großen Applaus, den die „Zeltler“spendeten, wahrlich verdient.