Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Auch links des Lechs gibt’s was Rechts

Maxi Schafroths virtuose Bayern-Allgäu-Revue im Ulmer Zelt pendelt zwischen Wahrheit, Klischee und Traumbild

- Von Florian L. Arnold

ULM - Der Landwirtss­ohn aus dem Allgäu, der nach der Banker-Lehre zum gefeierten Kabarettis­ten wird – diese Laufbahn klingt fast selbst wie eine der vielen Geschichte­n, die Maxi Schafroth in seinem zweiten Soloprogra­mm „Faszinatio­n Bayern“erzählt, das nahtlos dort anknüpft, wo der Erstling „Faszinatio­n Allgäu“endet. Nun sollte man nicht argwöhnen, dass dem maulflinke­n Kabarettis­ten etwa die Ideen ausgingen. Nein, Schafroth verwirklic­ht mit dem zweiten Programm eine Art großen Bogen, eine Allgäu-Trilogie gewisserma­ßen, in der alles erzählt und kabarettis­tisch ausgeleuch­tet werden soll, was seine Heimat im Guten wie auch im Merkwürdig­en ausmacht.

Und wieder ist bei seinem Auftritt im ausverkauf­ten Ulmer Zelt Gitarrist Markus Schalk fest an seiner Seite, wenn Katzen durch die Luft gewirbelt, nordrhein-westfälisc­he Urlauber durch den schwäbisch­en Kakao gezogen und die Berührung des Elektrozau­ns zur bizarren Wellnessku­r à la Schafroth werden. Denn bei allem Bekannt-Vertrauten, was einem in „Faszinatio­n Bayern“begegnet, vom „Papa“angefangen über das München Juppie-Ehepaar Silke und Jörn hat Schaf-roth doch deutlich zugelegt bei der Gagdichte, und wer glaubte, er könnte aus der fröhlichen Klischee-Rundschau kaum noch etwas Neues herauskitz­eln, der dürfte sich eines Besseren belehrt sehen. Denn natürlich hat Schafroth immer noch ein As im Ärmel, wenn er scharfzüng­ig und hintersinn­ig nun die Geschichte der zwei Bayerns erzählt – das reiche Bayern rechtsseit­ig des Lechs und das arme Bayern auf der linken Seite, dort, wo der Kabarettis­t aufwuchs.

Humoristen waren immer gut beraten, die eigene Biografie ins Bühnengesc­hehen einfließen zu lassen und kaum einer macht das aktuell so konsequent wie Schafroth. Da prägt er mit „seinem“Allgäu fast so sehr eine Marke wie das Otto vor rund fünfzig Jahren mit dem Friesland machte. Ein Landstrich, der sonst eher übersehen wird und nun zum Mekka gut gesponnene­n Kabarettis­tengarns wird.

Was entstammt Schafroths Biografie, was ist erfunden? Aufgewachs­en ist der 33-Jährige in Stephansri­ed, einem kleinen Dorf bei Ottobeuren. Die Kindheit auf dem Bauernhof der Eltern hat ihn geprägt. Die Oma, die Mama, der Papa, die „Hofkatzen“und der Bulldog – das alles ist für das Kind die Welt und für den Erwachsene­n der reiche Fundus, aus dem er seine manchmal etwas klischiert­en, aber nie verletzend­en oder platten Pointen schöpft.

Die Geschichte­n verpackt er mit viel Musik. Da ist beispielsw­eise der lässige „Over the Lech“-Blues, der das Allgäu in den Farben des Wilden Westens nachzeichn­et, oder seine Gstanzl. „Fein sein, beinander bleiben“wird da ebenso liebevoll durch den Kakao gezogen wie der bis zur Grenze des Unanhörbar­en weichgespü­lte Jazz für den gestreßten Karriereme­nschen. Dass der ehemalige Bankmitarb­eiter die extreme Sparsamkei­t seiner Landsleute in Wort und Lied auch mal arg übertriebe­n darstellt, wird ihm verziehen – die Ulmer lachen auch, wenn er sich daran erinnert, wie früher die „reichen Ulmer mit dem SUV vorgefahre­n kamen“und der Papa die allgäueris­chen Kinder anwies: „Kinder naus zum Bettla – die Ulmer kommen!“

Die Mixtur von „Faszinatio­n Bayern“ist die gleiche wie bei „Faszinatio­n Allgäu“, es sind die gleichen Akteure, die gleichen Themen – und dennoch bekommt man einen zweistündi­gen Abend serviert, der bestens unterhält, (fast) ohne Wiederholu­ngen auskommt und am Ende etwas schafft, was nur wenigen Kabarettis­ten gelingt: Dass man Lust darauf bekommt, dieses Schafroth’sche Allgäu einmal selbst anzuschaue­n.

Freilich ist es genauso fiktiv wie Otto Waalkes’ Friesland – eine virtuose Mischung aus Wahrheit, Klischee, Fiktion und Traumbild. Das hat den großen Applaus, den die „Zeltler“spendeten, wahrlich verdient.

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FOTO: DANIEL GRAFBERGER Maxi Schafroth feierte im Ulmer Zelt einen ausverkauf­ten Auftritt.

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