Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Autohersteller in der Kritik
Kretschmann fordert Ende der Abgas-Manipulationen
STUTTGART (kab) - Neuerliche Vorwürfe gegen den Stuttgarter Autobauer Daimler im Dieselskandal haben Ministerpräsident Winfried Kretschmann veranlasst, die deutschen Autohersteller in die Pflicht zu nehmen. Der Grünen-Politiker forderte am Dienstag in Stuttgart ein Ende der Betrügereien mit manipulierten Abgaswerten: „Ich kann die Automobilindustrie nur eindringlich auffordern, mit diesen Praktiken radikal zu brechen. Verbraucher haben den Anspruch drauf, dass das, was auf dem Papier steht, auch in der Praxis funktioniert.“
Am Montag war bekannt geworden, dass Daimler 774 000 DieselFahrzeuge zurückrufen muss. Kretschmann äußerte sich nicht konkret zu diesem Fall, da er mit dem Daimler-Vorstand noch nicht gesprochen habe. Man müsse natürlich immer beide Seiten hören, aber „ich bin schon einigermaßen irritiert“, sagte der Regierungschef.
STUTTGART (lsw) - Daimler und Ministerpräsident Kretschmann. Das ist im Autoland Baden-Württemberg ein ganz enges Verhältnis. Nun rückt auch der schwäbische Premiumhersteller in den Fokus der Dieselkrise. Da platzt dem Regierungschef die Hutschnur. Angesichts der jüngsten Vorwürfe gegen Daimler hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) an die Autohersteller appelliert, mit AbgasTricksereien zulasten der Kunden aufzuhören. „Ich kann die Automobilindustrie nur eindringlich auffordern, mit diesen Praktiken radikal zu brechen. Verbraucher haben den Anspruch drauf, dass das, was auf dem Papier steht, auch in der Praxis funktioniert“, sagte Kretschmann am Dienstag in Stuttgart.
Am Montag war bekanntgeworden, dass Daimler europaweit 774 000 Dieselfahrzeuge wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung zurückrufen muss. Kretschmann wollte sich nicht konkret zu diesem Fall äußern, da er mit dem Daimler-Vorstand selbst noch nicht gesprochen habe. Grundsätzlich müsse man bei Vorwürfen immer beide Seiten hören. „Aber Sie können sich natürlich vorstellen, dass ich schon einigermaßen irritiert bin“, räumte er ein.
Der Grünen-Politiker sieht allerdings keinen Grund, von seiner früheren Aussage abzurücken, dass es den sauberen Diesel gebe. Bei einem Besuch bei Daimler hatte Kretschmann gesagt: „Die werden doch jetzt nicht mit dem Ministerpräsidenten in der Gegend rumfahren und sagen, es sind jetzt tolle Werte, die nachher nicht stimmen. Das kann ich mir nicht vorstellen.“Kretschmann erklärte am Dienstag, es gehe bei den nun im Raum stehenden Vorwürfen um „Altlasten“.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte am Montag nach einem Gespräch mit DaimlerVorstandschef Dieter Zetsche gesagt, der Bund werde unverzüglich einen amtlichen Rückruf für 238 000 Daimler-Fahrzeuge anordnen, die in Deutschland betroffen seien. Daimler will den Rückruf umsetzen, kündigte aber auch einen Widerspruch dagegen an, um rechtliche Fragen zu klären.
Was ist beim Thema Abgasreinigung Betrug? Was ist in einer Grauzone und was noch legal? Kretschmann monierte, da gebe es fließende Grenzen – auch, weil die Politik die Gesetze lasch gefasst habe. Betrug gehe gar nicht. Aber Gesetzeslücken auszunutzen und damit das Vertrauen der Bürger zu strapazieren, sei nicht weniger schlimm.
Ein Schlag fürs gesamte Land
Der Verkehrsexperte der badenwürttembergischen CDU-Landtagsfraktion, Thomas Dörflinger, wurde deutlicher. Er sagte dem SWR zur Rückrufaktion für die betroffenen Daimler-Autos: „Es ist eine Ohrfeige für den Automobilstandort bei uns.“Daimler habe in der Vergangenheit immer wieder beteuert, nicht in den Dieselskandal verwickelt zu sein. „Deswegen ist es ein Schlag – nicht nur für das Unternehmen selbst, für die Automobilindustrie – sondern auch für das gesamte Land.“