Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Mehr Geld für Migration und Grenzsicherung
EU-Kommission will das Budget fast verdreifachen
BRÜSSEL - Die EU-Kommission will das Budget für die gemeinsame Flüchtlings- und Grenzschutzpolitik fast verdreifachen. Der zuständige Kommissar Dimitris Avramopoulos stellte am Dienstag die Pläne vor, die das Budget 2021 bis 2027 betreffen. Für die Sicherung der EU-Außengrenzen sollen 21,3 Milliarden Euro ausgegeben werden. Davon soll unter anderem eine Truppe von rund 10 000 Grenzschützern aufgebaut werden. Insgesamt sollen im mehrjährigen Finanzrahmen von 2021 bis 2027 knapp 35 Milliarden Euro auf den Bereich Grenzen, Migration und Asyl entfallen. 2014 bis 2020 lag das Budget bei rund 13 Milliarden Euro.
Die Entscheidung der italienischen Regierung, das Flüchtlingsschiff Aquarius in keinen ihrer Häfen zu lassen, verdeckte die Brisanz des Entwurfs: Er versucht die Weichen zu stellen für eine Reform des DublinSystems, nach dem die Flüchtlinge innerhalb der EU verteilt werden.
Künftig eine Grundfinanzierung
„Die Flüchtlingskrise hat uns zweierlei gelehrt“, sagte Avramopoulos. „Erstens, dass wir mehr Geld in die Hand nehmen müssen. Zweitens, dass sich die Situation ständig ändert.“Deshalb erhalte künftig jedes Land eine Grundfinanzierung für die Infrastruktur von Aufnahmeeinrichtungen und die Sicherung der Außengrenzen. Für diese Aufwendungen sollen je fünf Millionen Euro pro Mitgliedsland ausgeschüttet werden. Der Rest wird danach verteilt, wie viele Menschen an den Küsten, den Landgrenzen und Flughäfen abgefertigt werden müssen, wie viele ein Asylverfahren erhalten, dauerhaft im Land bleiben oder abgeschoben werden. Als Berechnungsbasis dient der Jahresschnitt der vergangenen drei Jahre. Auf die Frage, ob das neue System ein Drama wie auf der Aquarius künftig verhindern könne, antwortete der Kommissar: „Alle schauen jetzt auf die Aquarius. Aber es ist nur ein einzelnes Schiff und ein einzelner Zwischenfall. Gleichzeitig nimmt Italien weiterhin täglich Flüchtlinge auf. Ich möchte die Gelegenheit zum Anlass nehmen, Italien für die Anstrengungen der letzten drei Jahre zu danken.“
Ob der Grieche den neuen italienischen Innenminister zu mehr Gastfreundlichkeit bewegen kann, ist fraglich. Die Osteuropäer werden sich mit allen Mitteln dagegen wehren, dass große Summen reichen Ländern wie Schweden und Deutschland zugutekommen sollen, die in den vergangenen drei Jahren überproportional viele Flüchtlinge aufgenommen haben.
Im Europäischen Parlament stoßen die Kommissionspläne auf Zustimmung. Guy Verhofstadt, Chef der liberalen Fraktion, drohte mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, sollte der Gipfel Ende Juni in der Asyl- und Migrationsfrage keinen Durchbruch bringen. Er sagte, dass seit 2014 mehr als 10 000 Menschen im Mittelmeer ertrunken seien – wegen der „Tatenlosigkeit“der europäischen Regierungen.