Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Förderer des Laupheimer Museums
„Laupheimer Gespräche“: OB Gerold Rechle würdigt den Ende des Jahres scheidenden HdG-Chef Thomas Schnabel
HdG-Chef Thomas Schnabel geht Ende des Jahres in den Ruhestand.
LAUPHEIM - Ein nimmermüder Fürsprecher und Förderer des Museums zur Geschichte von Christen und Juden geht Ende 2018 in den Ruhestand: Thomas Schnabel. Eher beiläufig hat der 66-jährige Historiker dies am Donnerstag bei den „19. Laupheimer Gesprächen“erwähnt: dass es die letzten seien, an denen er als Leiter des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg teilnehme. Oberbürgermeister Gerold Rechle dankte ihm für sein Engagement und stellte fest: „Sie werden eine Lücke hinterlassen“.
„Weltweit einmalig“
Drei Jahrzehnte, seit den Anfängen, hat der gebürtige Heilbronner das Haus der Geschichte geleitet. Als er vor 27 Jahren erstmals in dieser Funktion nach Laupheim kam, habe der damalige Bürgermeister Otmar Schick dem Ministerpräsidenten Erwin Teufel vorgeschlagen, hier ein Landesmuseum zum Thema schwäbisches Landjudentum einzurichten, erzählte er am Donnerstag. Was stattdesssen im Schloss Großlaupheim entstand, hat Schnabel als bahnbrechend, ja „weltweit einmalig“gepriesen: ein Museum, in dem das lokalhistorisch Besondere dokumentiert und vermittelt wird, das rund 200 Jahre währende Zusammenleben von christlicher Mehrheit und jüdischer Minderheit, dem der nationalsozialistische Rassenwahn ein gewaltsames Ende setzte. Ein Museum, das gleichwohl über 1945 hinausweist und von der stetig gewachsenen Bereitschaft kündet, dem Vergessen entgegenzuwirken. Dass diese Erinnerungsarbeit Früchte trägt, zeigt sich nicht zuletzt an den heute reichen Kontakten zu ehemaligen jüdischen Laupheimern und ihren Nachfahren.
Das 1998 eröffnete Museum ist in städtischer Trägerschaft; das Haus der Geschichte hat die Dauerausstellung im Rahmen einer weiterhin bestehenden Kooperation der Stadt mit dem Land Baden-Württemberg gestaltet und zum Teil – wie zuletzt die Carl Laemmle gewidmeten Räume – auch bereits überarbeitet. Zwischendurch gab es Phasen eines inhaltlichen und finanziellen Ringens, namentlich mit der damaligen Stadtspitze, doch Schnabel hielt unbeirrt Kurs. Stets hat er auf Qualität geachtet und das Laupheimer Museum von der Expertise und den Verbindungen seines Hauses profitieren lassen.
Es freut ihn, dass das Interesse der Laupheimer an ihrer Geschichte offenkundig gewachsen ist und das jüdische Erbe heute als wichtiger Teil gesehen wird. Bei der Aufführung des Carl-Laemmle-Musicals im November habe er wirklich das Gefühl gehabt, „man identifiziert sich mit ihm, ist stolz auf ihn“. Dass eine Gretel Bergmann ihren Hass überwand und sich aussöhnte mit der alten Heimat, „auch das hat mit den Menschen hier zu tun“.
„Extrem viele Vogelschisse“
Dass Antisemitismus anno 2018 kein historisches Thema, sondern von Neuem aktuell sein würde, hätte er sich vor 27 Jahren nicht vorstellen können, gestand Schnabel. „Das ist deprimierend.“In den zurückliegenden 1000 Jahren deutscher Geschichte hätten sich „extrem viele Vogelschisse“angesammelt, kommentierte er die Aussage des AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland, die Zeit des Nationalsozialismus sei im Spiegel eines erfolgreichen Millenniums nur ein solcher.
„Bleiben Sie dem Museum treu, unterstützen Sie es weiter“, appellierte Schnabel an die Laupheimer. „Und denken Sie immer daran, es geht auch um unsere Gegenwart.“Die Geschichte liefere zwar keine Handlungsanleitungen für das Hier und Jetzt, wohl aber Einsichten, „wie man es nicht machen soll. Man kann aus diesen Erfahrungen lernen.“Besonders erschreckt habe ihn als Historiker ein aus den Reihen der AfD formulierter Anspruch, nur mitregieren zu wollen, wenn man den Kanzler und den Innenminister stelle. Das erinnere an den Ansatz der Nationalsozialisten und an kommunistische Machtübernahmen. „Wir müssen sensibel sein“, mahnte Schnabel, um solchen Entwicklungen rechtzeitig zu wehren.