Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Noch etwa 19 000 Klagen von VW-Kunden
Verbraucherschützer fordern Fonds für Hardware-Nachrüstung von Dieseln
HANNOVER (dpa) - Verbraucherschützer bewerten die Verhängung eines Milliarden-Bußgeldes gegen Volkswagen in der Dieselaffäre positiv, sehen aber für die Besitzer eines betroffenen Diesels dadurch erst einmal keine Auswirkungen. Fragen und Antworten zu den Konsequenzen des Bußgeldes.
Was bedeutet die Milliardenbuße für andere VW-Verfahren?
Insgesamt muss sich der Konzern einem Sprecher zufolge noch mit gut 19 000 Klagen von VW-Kunden auseinandersetzen. Die Kläger verlangen Schadenersatz oder wollen ihr Auto zurückgeben. Einige Anwälte werten das Bußgeld zwar als Vorentscheidung bei den Kundenklagen. Die Rechtswissenschaftlerin Caroline Meller-Hannich von der Universität Halle-Wittenberg sieht das anders: „Unmittelbar hat das Bußgeld keine Auswirkungen auf die zivilrechtlichen Verfahren.“„Dass allein aufgrund des verhängten Bußgeldes nun Zivilprozesse gewonnen werden, ist unwahrscheinlich.“
Bei der Bußgeldsumme hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig auch berücksichtigt, dass die Durchsetzung zivilrechtlicher Zahlungsansprüche von Bürgern gegen VW nicht gefährdet werden soll – VW sollte noch genug Geld übrig behalten, um möglichen Schadenersatz zu zahlen. Weitere Bußgeld- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren in Europa sind der Behörde zufolge jetzt aber schwierig, denn dabei gelte der Grundsatz: keine doppelte Strafe wegen derselben Tat.
Was sagen Verbraucherschützer?
Für die Käufer der Wagen ändere sich unmittelbar erst mal nichts. „Sie stehen bislang weiter allein mit ihrem Schaden da“, sagte Klaus Müller, Chef der Verbraucherzentrale Bundesverband. Der Verbraucherschützer fordert einen Fonds für die Hardware-Nachrüstung von Dieseln, die wegen der Abgasmanipulationen bald mit Fahrverboten belegt werden könnten.
Wer bekommt das VW-Bußgeld?
Zunächst die niedersächsische Landeskasse. „Es gibt keine Möglichkeit, das an gemeinnützige Organisationen zu reichen“, sagte Klaus Ziehe von der Staatsanwaltschaft Braunschweig. FDP und Steuerzahlerbund in Niedersachsen wollen, dass das Geld in den Schuldenabbau des Bundeslandes fließt. Dass andere Bundesländer über den Länderfinanzausgleich ebenfalls von der VW-Milliarde profitieren, hält die Landesregierung für unwahrscheinlich.
Ist das auch viel Geld für VW?
Aus Sicht der Staatsanwaltschaft wiegt das Bußgeld schwer. Indes musste der Konzern schon viel höhere Kosten im Dieselskandal schultern. Allein in Nordamerika verbuchte VW bislang für Entschädigungszahlungen und Strafen 25 Milliarden Euro an Rechtskosten. Zudem laufen die Geschäfte des Autobauers wieder gut: 2017 verdiente der Konzern mehr als elf Milliarden Euro.
Muss auch Daimler mit einer so hohen Strafe rechnen?
Aktuell eher nicht, grundsätzlich ist das aber nicht ausgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt in Sachen Diesel gegen einzelne Daimler-Mitarbeiter wegen des Verdachts des Betrugs und der strafbaren Werbung. Ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen das ganze Unternehmen wie bei VW, an dessen Ende eine Geldbuße stehen kann, gibt es derzeit laut Staatsanwaltschaft nicht. Es werde allerdings fortlaufend geprüft, ob eines eröffnet werde – das sei jederzeit möglich, auch parallel zu den strafrechtlichen Ermittlungen.
Warum sind die Strafen in den USA höher als in Deutschland?
In den USA können Verstöße gegen das Luftreinhaltegesetz „Clean Air Act“nicht nur als zivilrechtliche Vergehen, sondern auch als kriminelle Verbrechen geahndet werden. Die USA warfen VW zudem Verschwörung und Betrug vor, der Konzern soll lange versucht haben, seine Abgas-Manipulationen zu vertuschen.