Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Partypass wird digital
Jugendstiftung Baden-Württemberg stellt App vor – Eltern sollen mehr Verantwortung übernehmen
BIBERACH/SIGMARINGEN - Den Partypass gibt es jetzt auch digital. Das Ziel: Jugendliche, die noch keine 18 Jahre alt sind, an Veranstaltungen teilnehmen zu lassen, auch wenn diese am Abend stattfinden. Die Jugendstiftung Baden-Württemberg hat gemeinsam mit den Landkreisen Sigmaringen, Biberach, Konstanz und Zollernalb die neue Partypass-App im Sigmaringer Landratsamt vorgestellt. Eingeladen waren Vertreter von Behörden, Veranstaltern, Polizei und Sicherheitsdiensten.
„Die App ist bewusst einfach gehalten“, erklärt Sandra Guggemos von der Jugendstiftung. Die Jugendlichen registrieren sich mit Foto und ihren Daten, loggen sich am Veranstaltungsort mithilfe eines QR-Codes ein – und beim Verlassen der Party wieder aus. Wer sich zu spät – also nach 24 Uhr – ausloggt, dessen Daten werden direkt per E-Mail an die zuständige Gemeindeverwaltung weitergeleitet. Die informiert dann die Erziehungsberechtigten des Jugendlichen. Die Briefe an die Eltern seien wichtig, um diese mit in die Verantwortung zu nehmen, erklärt Dietmar Unterricker von der Sigmaringer Kinder- und Jugendagentur ju-max. Einige Gemeinden würden diesen Effekt sogar verstärken, indem sie Gebühren verlangen. Nach dem gleichen Prinzip funktionierte der Partypass auch bisher. Nur mussten die Jugendlichen den Pass bisher als Datei aus dem Internet herunterladen, ausdrucken und von Hand ausfüllen.
Entwicklung kostet 40 000 Euro
Die Jugendstiftung Baden-Württemberg hat sich die Digitalisierung des Passes zum Ziel gesetzt und arbeitet schon seit 2012 mit verschiedenen Software-Entwicklern zusammen. Jetzt ist die App fertig und die Jugendstiftung hat auf ihre Entwicklung sogar ein Patent abgeschlossen. Aber nicht etwa, um mit der App Geld zu verdienen. Im Gegenteil, sagt Wolfgang Antes von der Jugendstiftung Baden-Württemberg: „Wir wollen vermeiden, dass die App kommerzialisiert wird. Nicht zuletzt wegen des Datenschutzes“, versichert er. Rund 40 000 Euro habe die Entwicklung der App gekostet, sagt Antes. Die Kosten teilt sich die Jugendstiftung mit dem Landeskriminalamt (LKA). Das LKA nutzt die App für Warnhinweise und Sicherheitstipps.
Veranstalter zahlen ab 2019
Jugendliche können die App kostenlos nutzen. Auch für die Veranstalter ist die App erst mal gratis. „Als kleiner Einstiegsanreiz“, erklärt Sandra Guggemos. Ab dem kommenden Jahr wird den Veranstaltern, die den digitalen Partypass nutzen, pro minderjährigem Gast ein Centbetrag in Rechnung gestellt. Mit dem Geld, das die Jugendstiftung so einnimmt, sollen die laufenden Kosten der App gedeckt werden.
Besonders die Vertreter der Sicherheitsdienste, die zur Informationsveranstaltung ins Sigmaringer Landratsamt gekommen waren, sparten nicht mit kritischen Fragen. Was passiere, wenn der Akku leer sei oder das Handynetz überlastet? Oder, was in ländlichen Gegenden gar nicht so unwahrscheinlich sei, das Handy keinen Empfang habe? Auch was die Sicherheit der App betrifft, äußerten Teilnehmer Bedenken. „Die Jugendlichen werden Möglichkeiten suchen, das System auszutricksen“, waren sich viele der Teilnehmer einig. Technisch könne sicherlich mit der Zeit noch etwas aufgerüstet werden, gab Wolfgang Antes daraufhin zu. „Und eine hundertprozentige Sicherheit gibt es wahrscheinlich nie.“Aber die App solle in erster Linie ja auch kein Kontrollinstrument sein, wandte Stefan Gebauer vom Kreisjugendreferat Konstanz ein. „Im Gegenteil: Wir wollen die Feste für die Jugendlichen öffnen, sie mitnehmen, nicht ausgrenzen.“Dafür brauche es Lösungen wie diese App, die für alle Beteiligten – also Veranstalter, Jugendliche und Sicherheitspersonal – einfach zu handhaben sei. „Sonst sind künftig wieder alle Veranstaltungen Ü 18 und unsere Jugendlichen müssen sich zum Feiern unter der Brücke treffen.“