Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Auf den Spuren jüdischer Gemeinden
Zwölf Städte und Gemeinden in den Landkreisen Schwäbisch Hall, Hohenlohe und Main-Tauber vernetzen ihre jüdische Geschichte mit einem Kulturweg
BRAUNSBACH (epd) - Rund 250 Kilometer ist der Rundkurs lang, auf dem Geschichtsinteressierte die Spuren jüdischer Gemeinden in Hohenlohe und im Taubertal entdecken können. Unter Federführung von Braunsbach tragen zwölf Kommunen den „Jüdischen Kulturweg Hohenlohe – Tauber“. Manche von ihnen erinnern in mehreren Teilorten an ihre jüdischen Mitbürger. Andere liegen mit den Überbleibseln ihrer jüdischen Geschichte zwar auch an der Strecke, sind jedoch nicht Mitträger des Kulturwegs.
Gestartet sei das Projekt mit neun Kommunen, die alle im europäischen LEADER-Programm („Liaison Entre Actions de Développement de l'Économie Rurale“– französisch für: Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft) sind, erläutert Elisabeth Quirbach aus Braunsbach, die das Projekt initiiert hat. Dann haben sich dem Arbeitskreis drei weitere angeschlossen, obwohl sie keine Fördermittel aus dem Programm erhalten können. Über 40.000 Euro wurden in das Projekt schon investiert, wovon etwa die Hälfte aus Fördermitteln kam.
Jetzt gibt es Schilder, die auf die Zeugnisse der jüdischen Gemeinden im Nordosten Baden-Württembergs verweisen, eine Homepage mit Plan für die Route und eine Informationsbroschüre. In Braunsbach im Rabbinatsmuseum startet beispielsweise in Kürze die Ausstellung „Lust und Liebe - Partnerschaft, Sexualität, Ehe und Scheidung im Judentum. Künftig seien aber auch gemeinsame Angebote geplant.
Synagogen, Schulen, Bäder
Bis 1942 gab es ein reges jüdisches Leben an vielen Orten in den heutigen Landkreisen Schwäbisch Hall, Hohenlohe und Main-Tauber. Es gab Synagogen und Schulen, rituelle Bäder, auch Rabbinatsgebäude und Friedhöfe. In den 1930er- und 1940erJahren verschwanden die Menschen aus den jüdischen Gemeinden, mussten fliehen, untertauchen oder wurden verschleppt und ermordet. Gebäude wurden von Nationalsozialisten geschändet oder zerstört, wie die Crailsheimer Synagoge. Etliche Gebäude wurden zwangsweise verkauft und von den neuen Besitzern zweckentfremdet genutzt. Manche wurden auch teils noch Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen.
Heute werden die Friedhöfe wieder gepflegt, in noch erhaltenen Synagogen sind Begegnungsräume oder Museen eingerichtet. An Verschwundenes erinnern an vielen Orten Gedenktafeln. Ein Ziel des Kulturwegs ist, „die Erinnerung an die Vergangenheit und die Verflechtung der christlichen mit der jüdischen Bevölkerung in der Region darzustellen“, schreiben die zwölf beteiligten Kommunen auf ihrer gemeinsamen Homepage.
An authentischen Stellen werde auf Menschen und ihre Schicksale hingewiesen, um sie vor dem Vergessen zu bewahren. Das sei auch von Bedeutung für viele Nachfahren ehemaliger jüdischer Mitbürger, die heute aus aller Welt kämen, um in der Region ihre Wurzeln zu suchen.
Thomas Schultes, Leiter des LEADER Regionalmanagements Hohenlohe-Tauber, kann sich gut vorstellen, dass dieses Projekt sich in Deutschland und international vernetzt. Es gab schon Anfragen dazu aus Südbaden und aus Bayern und auch aus dem Ausland, berichten Quirbach und Schultes.
Der Vorsatz, sich an die Vergangenheit zu erinnern und an die Verflechtung der christlichen mit der jüdischen Bevölkerung, könne zum gegenseitigen Verständnis beitragen, sagt Schultes. Zusatzeffekte des Kulturweges seien, dass das kulturhistorische Erbe erhalten und gepflegt werde, und dass das mit Informationen gut aufbereitete Angebot Touristen in die Region ziehe.
Weil das Projekt auf diese Weise mehrere Ziele vereint, unterstützt auch das Ministerium für ländlichen Raum Baden-Württemberg den Kulturweg und der Europäische Landwirtschaftsfonds.