Schwäbische Zeitung (Laupheim)
In der Dürre eine „goldene Ernte“
Dürre in Deutschland, aber schwäbische Getreide-Bauern profitieren vom Wetter – Nur Gras und Mais leiden
Bauern stöhnen, aber die Getreide-Ernte ist vielfach gut ausgefallen.
LAUPHEIM - Geht’s um die Ernte in diesem Jahr, häufen sich die Schlagzeilen über vertrocknete Äcker und schwere Einbußen. Doch in Schwaben kommen Landwirte offenbar mit einem blauen Auge davon – oder fahren ganz im Gegenteil sogar RekordErnten ein. Zumindest beim Getreide. „Die Stimmung unter Landwirten ist gut“, fasst denn auch der Kreisobmann Gerhard Glaser zusammen. Anton Birk aus Untersulmetingen spricht sogar von einer „goldenen Ernte“mit Erscheinungen, wie sie der erfahrene Bauer noch nie hatte.
„So früh wie noch nie“habe man mit der Getreideernte begonnen, erzählt Anton Birk bei einem Besuch auf dem Hof. Das milde Klima ließ die Pflanzen förmlich zur Erntereife hochschießen, dabei habe die Vegetation mit dem späten Frost sogar erst spät begonnen. Das lässt auch den 69-Jährigen noch staunen, der schon manche Kapriole der Natur erlebt hat. Seit Generationen bewirtschaftet die Familie Birk einen Betrieb in Untersulmetingen, der der dörflichen Enge längst entwachsen ist. Heißt: Am alten Standort betreibt die Familie noch Viehzucht, aber errichtete außerhalb der Dorfgrenze noch einen Hofbetrieb für den eigentlichen Haupterwerb im Getreideanbau.
Ein moderner Betrieb
Es ist ein sehr moderner Betrieb mit eigenen Silos, einer automatisierten Trocknungs- und Belüftungsanlage und bei Bedarf mehreren Mähdreschern in Betrieb. Anton Birk hat ihn längst an seine Söhne überschrieben, ist als Senior-Chef aber noch sehr aktiv dabei, und er betont, dass der Birk-Hof besonderes Augenmerk auf einen gesunden Boden legt: Seit 28 Jahren habe der keinen Pflug mehr gesehen, und eine fünfgliedrige Fruchtfolge sorge dafür, dass die Erde auch mit wenig Dünger nicht auslaugt. „Die Regenwürmer sind meine billigsten und fleißigsten Mitarbeiter. Mein Boden ist gesund“.
Unter der strahlenden Sonne dieser Tage steht der Bauer am Rand eines seiner Weizenfelder, das gerade gedroschen wird – eines der letzten dieser Ernte. Anton Birk strahlt mit: wie golden das Stroh doch leuchte. Dazu das Getreide, das gerade tonnenweise im Mähdrescher verschwindet: Es kann so, wie es vom Feld kommt, eingelagert werden. Heißt: Es muss nicht unter größerem Energieeinsatz getrocknet werden wie in den meisten Jahren – ein Plus für den Bauern. So ungewöhnlich früh, wie die Ernte im Juni schon begonnen hat, setzte sie sich zumindest in der Region auch fort: „Wir haben nonstop ohne Unterbrechung geerntet.“Erst die Wintergerste, dann den Raps, dann den Weizen – und kein Regen zwang zu einer Pause. Lange vor der üblichen Zeit ist er fertig.
Aber der Regen des Frühjahrs hat dafür gesorgt, dass auch die Erträge stimmen: „gut durchschnittlich“, meint Anton Birk. Es habe genau zur richtigen Zeit Wasser gegeben. Und die spätere Sonne steigerte die Qualität bis auf „sehr gut“. Das ist wichtig für den Birk-Hof, der ausschließlich Elite-Weizen anbaut – die Königsklasse des Weizenanbaus. Ein Wert verdeutlicht das: Backweizen muss eine sogenannte Fallzahl von 200 aufweisen. Der E-Weizen aus Untersulmetingen hat dieses Jahr Fallzahlen um die 400. So liest Anton Birk vom Schicksal seiner Berufskollegen in weiten Teilen Deutschlands, betroffen ist er von deren aktuellen Nöten nicht. Kunde von den vielerorts eingebrochenen Erträgen bekommt er indirekt: Früher als in früheren Jahren hätten Getreidemühlen bei ihm schon nach Weizen angefragt. Er will abwarten.
Ganz so gut wie bei diesem Landwirt fällt die Ernte aber wohl nicht überall aus, berichtet der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes, Gerhard Glaser. In der Summe sei der Ertrag „nicht so schlecht wie woanders“, aber es gebe doch große Unterschiede. Denn unter den 1700 Landwirten im Kreis Biberach gebe es auch solche mit schlechteren Böden, die doch spürbare Einbußen hinnehmen müssten – wenn auch nicht wie in den „Sandbüchsen Brandenburgs“. Auf nähere Angaben mochte er sich aktuell nicht festlegen: „Wir warten noch die Ergebnisse ab.“
Auf Einbußen stellen sich aber in jedem Fall schon die Grünland-Bauern mit Viehwirtschaft ein: Bei ihnen wird das Futter knapp, erzählt der Kreisobmann. Denn, nachdem die ersten beiden Grünland-Schnitte noch normal gewesen sein, falle der dritte mit fortschreitender Trockenheit schon mager aus. Und den vierten Schnitt normaler Jahre werde es wohl kaum geben: „Das Gras hat das Wachstum eingestellt.“
Es gebe auch noch ein „Sorgenkind“unter den Feldfrüchten dieses Sommers: der Mais. Drei Viertel des Maisanbaus in der Region dient als Futter für Vieh, ein Viertel landet in Biogasanlagen. Für alle Maispflanzen gilt: Sie brauchen jetzt Wasser. Anton Birk, der neben Getreide und der Ölfrucht Raps auch noch Erbsen, Sojabohnen und Körnermais anbaut, zeigt es an einem seiner Felder. Die Pflanze steht so hoch wie sie soll, das Dickicht täuscht aber gesundes Wachstum nur vor. Die Kolben sind noch sehr klein. „Die brauchen jetzt Wasser, damit der Kolben wächst“. Regnet es nicht in den nächsten Tagen, wird es beim Mais auch in dieser Region spürbare Mindererträge geben. Birk: „Wir sind eben nur Handlanger der Schöpfung und der Natur.“