Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Eine Weltreise nach Noten
Der Mandolinen-Virtuose Avi Avital und das Württembergische Kammerorchester zu Gast in Weingarten
WEINGARTEN - Gut gestimmt und schwungvoll präsentierte sich das Württembergische Kammerorchester Heilbronn (WKO) unter Case Scaglione mit dem charismatischen Solisten Avi Avital im Kultur- und Kongresszentrum Weingarten.
Mit einer eigenen Bearbeitung von georgischen Volksliedern, einem für ihn komponierten Konzert, einem Tanz von de Falla und einer sich fulminant steigernden Zugabe zeigte der israelische Mandolinist Avi Avital die vielseitigen Möglichkeiten seines Instruments. Der 36 Jahre alte Dirigent Scaglione, Amerikaner mit italienischen Wurzeln, überzeugte mit großer Energie in gleichwohl sparsamer Körpersprache.
Als großes Kammermusikensemble eröffneten die Heilbronner den Abend ohne Dirigent mit Bachs drittem Brandenburgischen Konzert – beweglich, leicht in der Tongebung, mit brausender Dynamik und schöner Phrasierung. Im Zusammenspiel mit Avi Avital in drei charaktervollen Solowerken zeigte sich das WKO ebenso engagiert und inspiriert. Der zierliche Musiker mit dem schwarzen Lockenkopf, der so verwachsen ist mit seinem Instrument, rückt die Mandoline dank Echo-Klassikpreis, Grammy-Nominierung und Exklusivvertrag mit der Deutschen Grammophon etwas mehr in den Blick. Neugierig und entdeckungsfreudig erweitert er das schmale Originalrepertoire mit eigenen Bearbeitungen und für ihn geschaffenen Werken. So erlebte man in den „Sechs Miniaturen nach georgischen Volksliedern“von Sulkhan Tsintsadze den abwechslungsreichen Reigen von tief melancholischen Melodien und wirbelnden Rhythmen. Im für die Mandoline typischen Tremolieren – das Instrument ist wie eine Geige gestimmt, mit je zwei Saitenpaaren, die mit einem Plektrum angeschlagen werden – gestaltet Avital wunderbar gesangliche Melodien.
Voller Energie
Farbenreich, vielschichtig spürt auch der israelische Komponist Avner Dorman in seinem 2006 entstandenen Mandolinenkonzert den verschiedenen Ausdrucksnuancen des Instruments nach, lässt es klagen, tanzen, jubilieren. Er bindet auch die Stimmführer der Streichergruppen in den Dialog mit dem Solisten ein, die orientalische Melodik und die intensiven Klagegesänge entführen in ferne Welten.
Nach der Pause konnte man die Musikalität und den Klangsinn von Case Scaglione auf sich wirken lassen: Seine Körpersprache ist klar, elegant, sparsam, manchmal nimmt er sich ganz zurück, die Verbindung zum Orchester wirkt energiereich, ohne dass große Gestik nötig wäre. Weil das WKO das Thema „Verwandlung“für die kommende Saison gewählt hat, passte auch seine Interpretation einer Sinfonie von Karl Ditters von Dittersdorf nach Ovids „Metamorphosen“. Wie jetzt die „Vier Weltalter der Antike“– Gold, Silber, Bronze, Eisen – in dieser lichterfüllten Musik des Zeitgenossen von Haydn und Mozart gespiegelt sind, könnte man weiter untersuchen. Das WKO, Scaglione und Avital aber setzten ihre musikalische Reise mit einem temperamentvollen Satz aus Manuel de Fallas „La vida breve“fort: spanische Sonne zum Herbstbeginn!