Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Warum Autofahrer in der Frauenstra­ße nicht mehr in die Falle tappen

Tempo-30-Zone ist Vergangenh­eit, doch an der erlaubten Höchstgesc­hwindigkei­t hat sich nichts geändert – Trotzdem sind Gegner zufrieden

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ULM (sz) - Am Montag haben die Mitarbeite­r des Ulmer Baubetrieb­shofs Verkehrssc­hilder aufgestell­t – wieder einmal. Die Stadt hat neue Tempolimit­s eingeführt, um den Verkehrslä­rm zu senken – wieder einmal. Volker Typke sieht das entspannt. Dabei kämpft der Ingenieur aus Illerriede­n seit Jahren gegen die Stadt und ihre Versuche, die Geschwindi­gkeit im Zentrum einzuschrä­nken. Auch mit den Tempo-30-Schildern in der Frauenstra­ße hat Typke seinen Frieden geschlosse­n. Wie kommt das?

Typke ist Sprecher der Bürgerinit­iative „Gegen Tempo 30 – für Tempo 50“, in der sich Pendler zusammenge­schlossen haben. Der Illerriede­ner und seine fünf Mitstreite­r gehen gegen Geschwindi­gkeitsbegr­enzungen vor, die sie für nicht gerechtfer­tigt halten. Im Mai hat der Petitionsa­usschuss des Landtags die Sicht der Bürgerinit­iative bestätigt: Eine Tempo-30-Zone ist in der Frauenstra­ße nicht zulässig. Seit Anfang August stehen dort runde statt eckiger Schilder: Aus der Tempo-30-Zone ist eine Straße geworden, auf der ein Tempolimit von 30 Stundenkil­ometern gilt. Die Stadt beruft sich auf eine städtebaul­iche Entwicklun­g, die dort vorgesehen ist. Die Frauenstra­ße soll nicht mehr Teil des Hauptverke­hrsnetzes sein, sondern als Einzelhand­elsstandor­t aufgewerte­t werden. Eine Niederlage für die Bürgerinit­iative also? Volker Typke sieht das anders.

Kritikpunk­t der Gegner war nicht nur das aus ihrer Sicht unnötige Ausbremsen des Berufsverk­ehrs. Die bisherige Regelung sei eine Falle gewesen: Wer auf der Frauenstra­ße unterwegs ist, hat grundsätzl­ich Vorfahrt – es gilt kein rechts vor links. Auf der Straße gibt es Ampeln, Schutzstre­ifen für Radfahrer und separate Busspuren. Wer sich nicht auskenne, komme nie auf die Idee, in einer Tempo-30Zone unterwegs zu sein, kritisiert die Bürgerinit­iative. Dass die Stadt dort regelmäßig mit Blitzern die Geschwindi­gkeit kontrollie­rte, sei unfaires Abkassiere­n.

Nun weisen nicht mehr bloß acht Schilder am Anfang der Zone auf die Geschwindi­gkeitsbegr­enzung hin. Es gibt jetzt 26 Verkehrsze­ichen in regelmäßig­en Abständen. Was aus Sicht von Baubürgerm­eister Tim von Winning eine bedauerlic­he „Aufforstun­g im Schilderwa­ld“ist, nennt GegnerSpre­cher Typke „nicht optimal, aber fair“.

Jahrelang war Tempo 50 in der Frauenstra­ße, die eine der wichtigste­n Verkehrsad­ern im Ulmer Zentrum ist, erlaubt. 2015 wurden die eckigen Schilder errichtet, die auf die Tempo-30-Zone hinweisen. Das Ziel: weniger Lärm und weniger Unfälle. Nur eins davon wurde erfüllt. „Die Unfallzahl­en waren davor und danach etwa gleich hoch“, sagt ein Sprecher der Polizei.

Die Bürgerinit­iative hat versucht, das neue Tempolimit mit einer weiteren Petition zu stoppen. Eine schriftlic­he Antwort des zuständige­n Ausschusse­s liegt zwar noch nicht vor, doch der Sprecher der Initiative hat das Signal erhalten: Diesmal wird der Versuch keinen Erfolg haben. „Ich bin mir nicht schlüssig, ob ich noch Lust habe, Zeit hineinzust­ecken“, sagt Volker Typke. Mehr Gerechtigk­eit und Transparen­z für die Autofahrer – das genügt dem Ingenieur. Dass er auf seiner Pendelstre­cke von Illerriede­n nach Ulm nun definitiv einen weiteren Abschnitt mit Tempo 30 hinnehmen muss, akzeptiert Typke. „50 ist besser, aber so ist es auch okay“, sagt er. An der jetzigen Regelung gebe es rechtlich wohl nichts zu rütteln. Den Ärger der vergangene­n Jahre vergisst Volker Typke aber nicht: „Es ist erschrecke­nd, wie oft man der Stadt Ulm ihre Grenzen aufzeigen muss, bis sie nach geltendem Recht agiert.“

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FOTO: SEBASTIAN MAYR Tempo 30 in der Frauenstra­ße Ulm.

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