Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Bahnübergang sorgt für Frust und Ärger
Sanierung verschiebt sich noch mindestens bis zum 5. November – Anwohner sauer
SCHEMMERBERG - Hubert Glocker sagt: „Mein Adrenalinspiegel ist auf einem Höhepunkt.“Eine Sache, die ihn besonders ärgert: Er sehe die Arbeiter am Bahnübergang in Schemmerberg meist mit den Händen in den Hosentaschen. „Sieben Leute mit Händ’ im Sack ist halt noch nicht g’schaffd“, schimpft er. Der Geschäftsführer der Elektrotechnikfirma im Schemmerberger Gewerbegebiet ist leidgeprüft, seitdem der Bahnübergang im Ort gesperrt und dadurch die einzige Anbindung zum Hauptort dicht ist. Jetzt verschiebt sich die Sperrung nochmals, laut Bahn bis Montag, 5. November. Vor allem für die Unternehmen in Schemmerberg hat das zum Teil drastische Konsequenzen.
„Mir schmeißt die Sperrung meinen Arbeitsablauf total durcheinander“, erzählt Glocker und deutet auf seine Regale, in denen eigentlich Kabeltrommeln stehen sollten. Doch an manchen Stellen klafft ein Loch, auch weil Zulieferer zum Teil nicht rechtzeitig durchkamen. Für eine Raupe wollte Glocker einen Klemmkasten ausliefern, doch die benötigten Spezialstecker wurden nicht rechtzeitig geliefert. Vier Monate habe die Lieferzeit betragen, am letzten Tag habe der Paketdienst gesagt, den etwa zehn Kilometer langen Umweg schaffe er heute nicht mehr. „Unsere Kunden haben aber kein Verständnis, wenn ihr Fahrzeug nicht rechtzeitig ausgeliefert werden kann, weil ein Teil davon fehlt.“
Anwohner und Kunden verärgert
Viele seien verärgert: Kunden, Schemmerberger, andere Unternehmen, alles „Brüder im Leid“, wie Glocker sagt. Aber „die von der Bahn“kümmerten sich nicht darum. „Dass die Arbeiten notwendig sind, ist mir klar“, sagt er. Nur die Zeitdauer sei nicht mehr verhältnismäßig. „Meine Frau und ich arbeiten dann zum Teil bis nachts um zwei, um alles fertig zu bekommen.“
Bereits Anfang des Jahres war bekannt geworden, dass der Bahnübergang aufwendiger saniert werden muss: Der Zeitraum hatte sich mehrmals verschoben, zunächst weil sich der Untergrund bei den Zufahrtsstraßen schlechter entpuppt hatte als erwartet. Dann kollidierte der Zeitraum mit der Straßensanierung in Schemmerhofen und musste um eine weitere Woche nach hinten geschoben werden. Jetzt kam erneut die Meldung der Deutschen Bahn. „Auch wenn der Übergang optisch fertig aussieht, kann er leider noch nicht in Betrieb genommen werden“, teilt eine Bahnsprecherin schriftlich auf SZNachfrage mit. „Es müssen noch Zäune und Geländer an den Schranken und Umlaufsperren für die Fußgänger angebracht werden sowie sicherheitsrelevante Hinweisschilder. Auch fehlt noch die komplette Straßenmarkierung.“Ohne die dürfe ein Bahnübergang aus Sicherheitsgründen nicht in Betrieb gehen. Die Schrankenanlage sei bereits in den vergangenen Tagen durch Techniker und Prüfer abgenommen worden.
Bauleiter Karl Brändle von der ausführenden Firma Geiger und Schüle überblickt von seinem Bürocontainer aus den Bahnübergang. Er sagt: „Mir ist klar, dass die Leute sauer sind.“Aber die Kritik könne er nicht ganz nachvollziehen. „Wir haben geschafft wie die Brunnenputzer.“In der Regel seien etwa zwölf Arbeiter meist rund um die Uhr auf der Baustelle. Allerdings finden die Arbeiten nicht nur am Bahnübergang, sondern auch entlang des Bahndamms statt, zum Teil unterirdisch. „Einen Großteil davon sehen die Leute gar nicht“, sagt Brändle.
Die Arbeiten aber hätten sich gelohnt. So wurde eine neue Steuerung installiert, die Schrankenanlage erneuert, der Untergrund verbessert. In der Vergangenheit war es immer wieder zu Störungen gekommen. Mal ließen sich die Schranken nicht mehr öffnen, Autofahrer steckten mehr als eine halbe Stunde fest. Ein anderes Mal, so berichten Anwohner, sei der Zug an den geöffneten Bahnübergang herangefahren, habe angehalten und der Zugführer habe die Schranken selbst per Knopfdruck schließen müssen. Diese Schikanen sollen jetzt der Vergangenheit angehören. Und der Bauleiter betont: „Wir sind im Zeitplan.“Aus rechtlichen Gründen aber dürfe die Öffnung erst erfolgen, wenn das Eisenbahn-Bundesamt die Freigabe erteilt habe.
„Das Bundesamt ist am weitesten weg, da kann man am leichtesten darauf schimpfen“, sagt Glocker genervt nach dem Gespräch mit der Bauaufsicht und dem Bauleiter. Die Bahn hat in den vergangenen Jahren bereits mehrmals den Untergrund saniert. „Die hätten wissen können, was sie erwartet.“
Warnung vor Elektrifizierung
Sein Nachbar Philipp Bochtler von der gleichnamigen Firma für Medientechnik pflichtet ihm bei. „Jetzt stehen nur noch Schilder im Weg“, sagt er. „Froh“sei er, dass die Anlage saniert werde, aber er könne nicht nachvollziehen, dass sich der Umbau so lange hinziehe. Aber das sei wohl inzwischen üblich auf Baustellen. Einen positiven Effekt aber habe die Schließung dennoch: Um morgens zur Arbeit zu gelangen, von der einen Ortsseite auf die andere, nehme er meist das Fahrrad.
Fahrradfahrer und Fußgänger können weiterhin passieren. Doch die nächste Hiobsbotschaft ist bereits im Anmarsch: Schließlich ist die Technik auf der Strecke noch nicht auf die kommende Elektrifizierung ausgelegt. Bauleiter Brändle warnt bereits: „Die Leute in Schemmerberg müssen sich in den nächsten Jahren wohl noch auf einiges einstellen.“