Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Blick auf die Historie: „Ohne Gemütsbewegung“
Aufschlussreich waren Doris Härles Ausführungen zur Stellung der Frau im 19. Jahrhundert, die nicht nur vom Wahlrecht ausgeschlossen war, sondern auch vom Recht eigener Erwerbstätigkeit. Sie erinnerte an die Frauenrechtlerin Hedwig Dohm, die bereits 1873 das Frauenwahlrecht als Voraussetzung für die Durchsetzung weiterer Rechte forderte. 1894 schlossen sich 34 Gruppierungen zum „Bund Deutscher Frauenvereine“zusammen, die das Frauenwahlrecht als Fernziel betrachteten. „1902“, so Härle, „durften Frauen an politischen Versammlungen teilnehmen, aber nur in einem Separee – ohne Gemütsbewegung“. Ein Lachen ging durch die Donauhalle in Neufra. Doris Härles Kommentar: „Sie wären alle rausgeflogen“. Ab 1908 durften Frauen Mitglied in politischen Parteien und Organisationen werden. In einer Erklärung zur Wahlrechtsfrage an den Preußischen Landtag Ende wurde 1917 ein „allgemeines, gleiches und direktes Wahlrecht für alle gesetzgebenden Körperschaften“gefordert. Mehr als 1000 Frauen nahmen dazu an einer Kundgebung teil. Am 12. November 1918 schließlich die Erklärung für ein allgemeines Wahlrecht für alle männlichen und weiblichen Personen ab 20 Jahre. An den Wahlen zur Verfassung gebenden deutschen Nationalversammlung, so Doris Härle, nahmen 82,3 Prozent der stimmberechtigten Frauen teil, 300 Frauen kandidierten. 9,6 Prozent der Parlamentsmitglieder waren Frauen. Das Gesetz zur Gleichberechtigung von Mann und Frau trat erst 1958 in Kraft. Erst ab 1969 sei eine verheiratete Frau als geschäftsfähig angesehen worden. „Vorher war sie für die drei Ks zuständig: Kinder, Küche und Kirche. Bei den Bäuerinnen kam noch ein viertes K dazu, die Kühe“, vermerkte die Vorsitzende des Landfrauenverbandes Biberach-Sigmaringen. (wawo)