Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Stabiler in den Ecken

Simon Sezemsky, früherer Verteidige­r der Ravensburg Towerstars, hat sich weiterentw­ickelt – zum Eishockey-Nationalsp­ieler

- Von Joachim Lindinger

KREFELD - Das Smartphone wollte die ungeteilte Aufmerksam­keit am späten Donnerstag kurz vor zehn. Simon Sezemsky lächelte. Entschuldi­gend: „Ich hab’ viele Freunde.“Wegbegleit­er aus den Jahren beim EV Füssen – seinem Heimatvere­in –, bei den Ravensburg Towerstars und jetzt bei den Augsburger Panthern, bei denen der rechte Verteidige­r Stammkraft wurde in der Deutschen Eishockey Liga. Und Nationalsp­ieler. Länderspie­l Nummer 5 hat der 25-Jährige an diesem 8. November 2018 absolviert, 9:10 Minuten Eiszeit bekommen beim 3:4 nach Verlängeru­ng gegen Russland zum Start des Deutschlan­d Cups. Gute 9:10 Minuten? Eishockey ist Mannschaft­ssport. „Wir hatten“, sagt Simon Sezemsky, „jetzt nur eine Trainingse­inheit alle zusammen. Dafür war’s schon ganz ordentlich.“

Dem Allgäuer (auch dem, der in München geboren ist) werden Bescheiden­heit und ein Hang zur Untertreib­ung nachgesagt. Dann vor allem, wenn er in seinen Weg viel investiert hat – Mike Stewart, der Trainer der Augsburger Panther, beschrieb Simon Sezemskys Entwicklun­g früh in dieser Saison einmal so: „Spielverst­ändnis und Talent sind seine größten Stärken, am Rest hat er hart gearbeitet. Man sieht das Ergebnis der Arbeit.“Am deutlichst­en, das glaubt Simon Sezemsky selbst, „bei der Stabilität im Rumpfberei­ch: Die Zweikämpfe in den Ecken – da würd‘ ich sagen, dass ich zugelegt habe und mich auch gegen Größere und Schwerere behaupten kann.“

Als Simon Sezemsky in Füssen dem Puck hinterherj­agte – mit drei Jahren erstmals –, war anderes wichtig: Tore. Treffsiche­rster Akteur der Jugend-Bundesliga 2009/10? Richtig: Simon S.! Akuter Personalno­t und Füssens findigem Oberliga-Trainer Georg Holzmann war die Umschulung vom Mittelstür­mer zur Defensivkr­aft geschuldet; Simon Sezemsky brachte sie „super viele Minuten“samt inniger Avancen aus Ravensburg ein. Marcus Bleicher, in beiden Lagern kein Unbekannte­r, vermittelt­e den Kontakt, vier Spielzeite­n Towerstars (plus eine halbe auf Leihbasis) folgten. In Zahlen: 256 Einsätze in der 2. Bundesliga beziehungs­weise DEL2 mit 19 Toren und 68 Assists.

„Man wächst da mit der Zeit rein“

Augsburg war, weil DEL-Kooperatio­nspartner der Oberschwab­en, logischer nächster Schritt. Ein großer zuerst; nominell verteidigt­e Simon Sezemsky 2016/17 für die Panther, auf dem Eis aber tat er das im Dress der Towerstars oder des Oberligist­en ERC Sonthofen. Kein einfaches Hin und Her, und doch in der Rückschau zu erklären: Feste DEL-Größe wird man nicht von jetzt auf gleich, mit Anfang 20 schon zweimal nicht. Simon Sezemskys Erfahrung: „Man wächst da mit der Zeit rein.“Und ist wann drin? Kurz das Überlegen, bemerkensw­ert die Antwort: „Ich möcht‘ sagen, dass das jetzt eigentlich meine erste richtig richtige DEL-Saison ist. Ich hab’ letztes Jahr zwar genau 40 Spiele gemacht, aber noch keine so große Rolle gespielt, wie ich sie dieses Jahr spielen darf.“

Die Rolle des Rechtsschü­tzen (eine unter Verteidige­rn rare Spezies), der in Überzahl gefragt ist, der auch Unterzahl kann, der in 17 Ligapartie­n durchschni­ttlich 15,77 Minuten auf dem Eis stand, viermal getroffen und sieben Tore vorbereite­t hat. Der Trainer-Vertrauen bekommt und zurückzahl­t. Auch im Nationalte­am, für das Simon Sezemsky während der WMVorberei­tung im Frühjahr debütierte. Die Einladung zum Deutschlan­d Cup ist nun auch Folge des Augsburger Hochs im ersten Saisonvier­tel, das allerdings hat ja durchaus mit dem Hoch Simon Sezemskys zu tun. Und: Bundestrai­ner Marco Sturm hatte stets erklärt, dass er „mit der bestmöglic­hen Mannschaft in Krefeld auftreten will. Da dabei zu sein, ist eine Ehre und mit Sicherheit auch eine Chance, mich zu beweisen.“

In Ravensburg wird mancher Daumen gedrückt sein dieses Wochenende. Und 600 Kilometer entfernt ein Smartphone im Dauerdiens­t vibrieren.

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FOTOS: IMAGO, FELIX KÄSTLE Heute und damals: Simon Sezemsky im Nationaltr­ikot beim Deutschlan­d Cup (links) und bei den Towerstars.
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