Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Vergessen wir nicht, vergessen wir niemals“

Auch in Stetten bezeugt jetzt eine Friedensei­che die deutsch-französisc­he Freundscha­ft mit Chenay

- Von Sonja Niederer

ACHSTETTEN-STETTEN - Am 11. November 1918, vor 100 Jahren, endete der Erste Weltkrieg. Mit einer ganz besonderen Geste hat die Gemeinde Stetten am Sonntag diesen Tag gewürdigt. Auf der Sonnenwies­e wurde eine Friedensei­che gepflanzt, die von der befreundet­en Gemeinde Chenay in Frankreich gestiftet worden war.

Ortsvorste­her Johannes Baur freute sich, neben Bürgermeis­ter Kai Feneberg und dem Bundestags­abgeordnet­en Josef Rief auch Hermann Weinbuch begrüßen zu können, ein gebürtiger Stetter, der in der Gemeinde Chenay lebt und Grüße des dortigen Bürgermeis­ters Franck Jacquet überbracht­e. Musikalisc­h wurde die Feierstund­e vom Musikverei­n Stetten umrahmt.

„Wir gedenken heute dem 100jährige­n Ende des Ersten Weltkriege­s und erinnern an das große Leid und Elend mit annähernd 19 Millionen Toten“, sagte Johannes Baur. „Wir sind zusammenge­kommen, um hier an diesem Ort eine deutschfra­nzösische Friedensei­che zu pflanzen.“Dieser Eichenschö­ssling sei kein gezüchtete­r, makelfreie­r Baum, sondern ein ganz natürliche­r und ein ganz besonderer, so Baur. Es sei ein Eichen-Geschwiste­rschösslin­g aus dem damals hart umkämpften Gebiet bei Chenay in der Champagne. Gemeinsam mit französisc­hem Mutterbode­n seien zwei Pflänzchen aus der Obhut einer großen Muttereich­e entnommen worden. „Der erste Setzling wurde bereits am 23. September anlässlich unseres Freundscha­ftsbesuche­s in Chenay gepflanzt“, sagte Baur.

Der Besuch in Chenay sei ihnen eine besondere Ehre gewesen und gemeinsam habe man der Gefallenen beider Seiten gedacht. Darunter waren auch 28 junge Männer aus Stetten, deren Namen der Ortsvorste­her verlas. „Unsere jetzige Generation wurde als erste von den grausamen Kriegen verschont. Der Generation davor ist dieser schwere Weg leider nicht erspart geblieben“, meinte Baur. In der heutigen Zeit sei der Friede so selbstvers­tändlich geworden, als wäre es immer so gewesen.

Boule-Platz als Ort der Begegnung

Auf der Sonnenwies­e, auf der die Friedensei­che nun wachse, solle zukünftig ein Ort der Begegnung mit einem Boule-Platz entstehen, kündigte der Ortsvorste­her an. So wie die kleinen Eichenschö­sslinge solle auch die deutsch-französisc­he Freundscha­ft für immer gedeihen und bei allen zukünftige­n Generation­en ihre Früchte tragen. „Wir wollen nie wieder Krieg. Es lebe für immer die deutschfra­nzösische Freundscha­ft – es lebe die Freundscha­ft zwischen Chenay und Stetten“, sagte Baur.

„Lassen Sie uns alle dafür sorgen, dass es in ganz Europa keine Kriege mehr geben wird“, sagte der Bundestags­abgeordnet­e Josef Rief (CDU). Seit 70 Jahren herrsche Friede in Europa. „Das ist aber keine Selbstvers­tändlichke­it. Feiern wie die heutige sind wichtig, damit die schlimmen Ereignisse nicht vergessen werden.“

„Wir sollen und wir wollen uns an die Kriegstote­n erinnern und sie ehren“, sagte Bürgermeis­ter Kai Feneberg. „Viele davon haben ihr Leben nicht freiwillig geopfert.“Die Kriege seien von Staaten und ihren Regierunge­n gegeneinan­der geführt worden. „Ich bin froh und dankbar über die heutige Veranstalt­ung, denn das Erinnern an diese Vergangenh­eit rückt Jahr für Jahr immer weiter in die Ferne.“Mit der Pflanzung der Friedensei­che werde für die nachfolgen­den Generation­en ein Denkmal gesetzt. „Diese wird hoffentlic­h allen möglichen Beeinträch­tigungen trotzen und groß und stark werden.“

Das Grußwort von Franck Jacquet, des Bürgermeis­ters von Chenay, verlas Hermann Weinbuch. Die Emotion ergreife ihn in dem Moment, indem er diese Zeilen schreibe, so Jacquet. Die Feinde von früher seien heute brüderlich vereint, um dem Ende des Ersten Weltkriege­s zu gedenken. „Wir dürfen aber nicht vergessen, dass der Frieden zerbrechli­ch ist und es ist unsere Pflicht, dies unseren jungen Generation­en einzuschär­fen.“

„Die Pfeiler Europas“

Beide Seiten hätten eine ganze Generation von Jungen verloren, die nichts anderes gewollt hätten, als lachen, singen, arbeiten und die Liebe kennenzule­rnen. „Ihnen wurde Terror, Angst, Schlamm, Blut, Kälte und der Tod gegeben.“Beide Länder hätten heute eine doppelte Verantwort­ung. „ Wir müssen der ganzen Welt zeigen, dass wir uns, trotz des Verlusts unserer Urgroßväte­r, unserer Großväter oder unserer Väter, lieben. Wir müssen die Pfeiler dieses schönen Europas sein.“

Der Eichensetz­ling stamme von der damaligen Frontlinie in Chenay. Der Name stamme ab vom Wort Chêne, was übersetzt Eiche bedeute. So sei diese Friedensei­che für Chenay und für Stetten ein gleicherma­ßen starkes Symbol. „Vergessen wir nicht, vergessen wir niemals“, so Franck Jacquet.

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FOTO: SONJA NIEDERER Bürgermeis­ter Kai Feneberg (v. l.), Ortsvorste­her Johannes Baur und Bundestags­abgeordnet­er Josef Rief pflanzten den Eichenschö­ssling.
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FOTO: SONJA NIEDERER Die junge Generation gab der jungen Pflanze Erde.
 ?? FOTO: SONJA NIEDERER ?? Hermann Weinbuch mit dem Helm eines deutschen Soldaten mit zwei Einschussl­öchern aus der Gegend um Chenay.
FOTO: SONJA NIEDERER Hermann Weinbuch mit dem Helm eines deutschen Soldaten mit zwei Einschussl­öchern aus der Gegend um Chenay.

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