Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ermittlungen gegen Weidel eingeleitet
Innenminister spricht von „neuem Kapitel in der bundesdeutschen Geschichte“
KONSTANZ (AFP) - Die Staatsanwaltschaft Konstanz hat wegen der dubiosen Spenden aus der Schweiz Ermittlungen gegen die AfD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Alice Weidel, eingeleitet. Es bestehe der Anfangsverdacht des Verstoßes gegen das Parteiengesetz, teilte die Staatsanwaltschaft am Dienstag mit. Im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 hatte ein Schweizer Unternehmen Überweisungen an den AfD-Kreisverband Bodensee getätigt. Dort hat Weidel ihren Wahlkreis.
BERLIN - Lange hat es gedauert, doch jetzt soll Deutschland noch vor Weihnachten ein Zuwanderungsgesetz erhalten. Bundesinnenminister Horst Seehofer sprach im Bundestag von einem neuen Kapitel in der bundesdeutschen Geschichte.
In Zukunft soll Einwanderung auch für Nicht-EU-Ausländer möglich sein, sofern sie einen Arbeitsvertrag und eine anerkannte Qualifikation vorweisen können. Das sieht der Referentenentwurf für das Fachkräfteeinwanderungsgesetz vor. Der 19. Dezember ist für den Kabinettsbeschluss angepeilt.
1,2 Millionen offene Stellen gibt es in Deutschland. In vielen Regionen Deutschlands klagt die Wirtschaft über den Fachkräftemangel und fordert eine Lockerung der Einwanderungsregeln für qualifizierte Beschäftigte aus Nicht-EU-Staaten.
Die bisher vorgeschriebene Prüfung, ob nicht vielleicht ein Deutscher oder ein EUBürger für die Stelle infrage käme, soll nun wegfallen – ebenso die Beschränkung auf sogenannte Engpassberufe, die von der Bundesagentur für Arbeit ermittelt werden.
Neu ist auch, dass Fachkräfte künftig für sechs Monate einreisen dürfen, um sich hier eine Stelle zu suchen. Zudem soll eine „begrenzte Möglichkeit" geschaffen werden, sich „unter bestimmten Voraussetzungen“seine im Ausland erworbene Berufsausbildung erst nach der Einreise in Deutschland anerkennen zu lassen.
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch ist erst einmal skeptisch gegenüber dem Referentenentwurf. Der sei vor allem „an den Interessen der Wirtschaft orientiert“. Doch auch die FDP ist enttäuscht. „Der Gesetzentwurf bleibt weit hinter unseren Erwartungen zurück. Mit ihrem halbherzigen Bekenntnis zur Fachkräfteeinwanderung schafft es die Große Koalition nicht, den lang ersehnten großen Wurf zu machen“, sagt Fraktionsvize Stephan Thomae. So würden gute Ansätze wie der generelle Wegfall der Vorrangprüfung und Engpassbetrachtung durch mangelhafte Ausgestaltung bei der Aufenthaltsgestattung zur Arbeitsplatzsuche zunichtegemacht.“
Beim Fachkräfteeinwanderungsgesetz war im Vorfeld besonders der Umgang mit gut integrierten Kräften, deren Abschiebung nur ausgesetzt ist, umstritten. Für eine Bleibeperspektive dieser Menschen hatte sich die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annegret Widman-Mauz (CDU), eingesetzt. Dass jetzt eine Bleibeperspektive für Geduldete erreicht wird, sieht man in ihrem Amt als „Schritt in die richtige Richtung“.
Der Referentenentwurf sieht eine neue „Beschäftigungsduldung“von zwei Jahren vor. Voraussetzung: Die Betroffenen sind seit einem Jahr geduldet, seit eineinhalb Jahren mit mindestens 35 Wochenstunden sozialversicherungspflichtig beschäftigt, sprechen gut genug Deutsch und können ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten. Die Integrationsbeauftragte der Firma Vaude, Lisa Fiedler, meint: „In der Presse wird benannt, dass eine Beschäftigungsduldung für Geflüchtete gilt, die seit einem Jahr geduldet sind. Das ist aus unserer Sicht keine praktikable Regelung, da viele unserer Mitarbeiter noch in laufenden Asylverfahren sind, die sich über Jahre erstrecken. Erst nach Abschluss des Asylverfahrens kommen sie in eine Duldung. Das würde ein weiteres Jahr Planungsunsicherheit für uns als Arbeitgeber bedeuten.“
Vaude gehört zur baden-württembergischen Unternehmerinitiative „Bleiberecht durch Arbeit“. Die hatte gefordert, dass Aufenthaltsund Arbeitserlaubnis für Flüchtlinge zunächst auf zwei Jahre befristet werden. Im Erfolgsfall soll nach zwei Jahren die Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis um weitere drei Jahre verlängert werden.
Die Wirtschaft hofft jetzt auf eine schnelle Umsetzung des Gesetzes, „da uns und vielen anderen Unternehmen aus ganz Deutschland der Verlust der Arbeitskräfte droht“, so Lisa Fiedler.
Bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes sollte keinem Geflüchteten in Arbeit und nach Abschluss eines Ausbildungsvertrags die Arbeitserlaubnis entzogen werden beziehungsweise die Abschiebung eingeleitet werden, wünscht sich Fiedler.
„Ein guter Beitrag für eine Politik der Humanität, Begrenzung und Steuerung“Horst Seehofer, Innenminister
Alexander Dobrindt hat den geplanten Migrationspakt der Vereinten Nationen verteidigt. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz sei dazu da, legale Migration zu ermöglichen, der Migrationspakt helfe, illegale Migration zu reduzieren. „Wir profitieren, wenn andere Ländern ihre Standards in Richtung unserer Standards entwickeln“, sagt der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Er warnte, man dürfe die Kommunikationshoheit über den Migrationspakt „nicht radikalen Kräften überlassen.“Das ist insofern bemerkenswert, weil nicht nur die AfD, sondern auch der CDU-Politiker Jens Spahn das Thema für seinen Wahlkampf entdeckt hat und auf dem CDU-Parteitag eine Abstimmung fordert. Auch der CSU-Politiker Peter Ramsauer warnt: „Durch das gesamte Dokument zieht sich eine Haltung, Migration als etwas Normales und gar Wünschenswertes anzusehen. Das öffnet dem Flüchtlingsstrom nach Europa und nach Deutschland Tür und Tor.“Alexander Dobrindt dagegen teilt die Meinung von Entwicklungsminister Gerd Müller. Müller hat in der „Rheinischen Post“gewarnt: „Derzeit wird zum Teil sehr bewusst Panik erzeugt.“Richtig sei, dass der UN-Migrationspakt kein rechtlich bindendes Dokument, sondern eine Absichtserklärung zu der Frage sei, wie man illegale Migration verhindern und legale Migration besser ordnen kann. „Alle, die jetzt den Menschen weismachen wollen, Deutschland müsste Hoheitsrechte aufgeben und hätten keinerlei Kontrolle mehr über die eigene Migrationspolitik, die sagen schlicht die Unwahrheit.“Nach Dobrindts Ansicht hat es das Auswärtige Amt versäumt, den Pakt der Öffentlichkeit vorzustellen und zu erklären, das hole man jetzt im Bundestag mit einer Debatte in der nächsten Woche nach.
(sal)