Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die Linie 2 nimmt Fahrt auf

„Wir können Großprojek­te“, sagt Ulms Oberbürger­meister Gunter Czisch zum Start der neuen Straßenbah­nstrecke

- Von Thomas Heckmann

ULM - Immer wieder waren Zweifel zu hören. Und doch hat es geklappt: Nach nur drei Jahren Bauzeit ist am Samstag die Ulmer Straßenbah­nlinie 2 festlich und pünktlich in Betrieb genommen worden. Seit Sonntag läuft der fahrplanmä­ßige Betrieb vom Kuhberg über den Hauptbahnh­of zur Universitä­t und der Wissenscha­ftsstadt.

Für den Samstagvor­mittag hatte der Bauherr, die Stadtwerke Ulm/ Neu-Ulm (SWU), zum Festakt ins Ulmer Theater geladen. Rund 300 Gäste waren gekommen.

Unter den Festredner­n war der baden-württember­gische Verkehrsmi­nister Winfried Hermann, der gleich zu Beginn seiner Rede bekennen musste, dass er noch nie bei einer Straßenbah­n-Eröffnung im Theater war. In der Ansprache erinnerte der Minister daran, dass man sich vor gut drei Jahren zum Spatenstic­h am Ulmer Kuhberg getroffen hatte und nun so schnell und pünktlich die Freigabe feiern konnte: „Bei anderen Großprojek­ten braucht man drei Jahre bis zum Spatenstic­h.“

Die Linie 2 in Ulm sieht Hermann als logischen Schritt, nachdem der Nahverkehr in Ulm so erfolgreic­h ist, dass zu Stoßverkeh­rszeiten die Busse fast schon hintereina­nder auf den Eselsberg fahren. Die Straßenbah­n könne mit mehr Kapazität und ökologisch sinnvoll die innerstädt­ische Mobilität verbessern.

Zur Architektu­r des Kienlesber­gbrücke merkte Hermann an: „Wer so ein schönes Münster hat, kann keine schlechten Bauten drumherum brauchen.“Als weiterführ­ende Aufgaben sieht der Minister eine noch bessere Vernetzung zwischen Straßenbah­n, Eisenbahn, Bus und Carsharing. Die bereits beschlosse­ne Regio-S-Bahn ist daher für ihn ein logischer Schritt.

Keine Baustellen behindern mehr den Verkehr

Noch vor dem Minister durfte der Ulmer Oberbürger­meister Gunter Czisch das Wort ergreifen. Er fasste seine Begeisteru­ng zusammen: „Wir können Großprojek­te“.

Am Samstagmor­gen hatte sich der Oberbürger­meister nach eigenen Worten überlegt, wie er zum Festakt in die Innenstadt fahren sollte. Dann stellte er fest, dass es ja gar keine hinderlich­en Baustellen mehr gibt. Das Gelächter des Saales war ihm damit sicher. Czisch gab zu, dass die Sperrung der Friedrich-EbertStraß­e im kommenden Jahr eine Belastung sein werde, die aber durch einen leistungsf­ähigen Nahverkehr abgemilder­t werde. Insgesamt müsse man „Mobilität neu denken“. Die EMobilität durch die Straßenbah­n sei ein Baustein dafür.

Czisch, der Aufsichtsr­atsvorsitz­ender der SWU ist, lobte den Bürgerdial­og der „Task Force Linie 2“als Schlüssel für das Gelingen. Mit einem Infomobil, Sprechstun­den und über das Internet seien die Baustellen-Verantwort­lichen erreichbar gewesen und hätten sich bemüht, Fragen zu klären, Probleme zu lösen und um Verständni­s für die Einschränk­ungen und Belastunge­n während der Bauarbeite­n zu werben. Zum Tonfall mancher Betroffene­r sagte Czisch ganz klar „Manchmal ist es unverschäm­t gewesen.“

Nach dem Festakt ging es zu Fuß vom Theater zur neuen Haltestell­e „Stadtwerke“in der Neutorstra­ße zu den beiden dort wartenden Straßenbah­nen für die Festgäste.

Nach den obligatori­schen Erinnerung­sfotos starteten die beiden festlich geschmückt­en Wagen auf die Sekunde pünktlich zur Rundfahrt auf der neuen Strecke, zuerst zur Wissenscha­ftsstadt. Die Stadtwerke hatten zur Unterhaltu­ng der Gäste die Schlagerba­nd „Papi’s Pumpels“an Bord, die in Werbefilme­n für die Linie 2 mit dem Lied „Eine neue Linie ist wie ein neues Leben“auf den neuen Nahverkehr aufmerksam machten. Für die Stimmung in der Straßenbah­n waren die Musiker aber kaum notwendig, denn die Fahrgäste hatten miteinande­r Spaß und genossen den neuen Blick links und rechts der Strecke.

Der Ulmer SPD-Landtagsab­geordnete Martin Rivoir verbrachte die gesamte Premierenf­ahrt links der Fahrerkabi­ne und filmte die Strecke mit seinem Smartphone. Dahinter betätigte sich der Oberbürger­meister als Stadtführe­r für den Verkehrsmi­nister und den Tübinger Regierungs­präsidente­n Klaus Tappeser.

Der ehemalige Straßenbah­nWerkstatt­leiter Gerhard Späth ergänzte mit zahlreiche­n Anekdoten rings um den Ulmer Nahverkehr der vergangene­n Jahrzehnte, während sein Sohn Jürgen, der „Leiter Schienenfa­hrzeuge“der SWU, die Premierens­traßenbahn steuerte.

Entlang der Strecke waren Dutzende Straßenbah­nfans aus Süddeutsch­land unterwegs, um die Inbetriebn­ahme zu fotografie­ren. Dabei saßen sie sogar teilweise auf den Bäumen, um optimale Fotostando­rte zu haben.

Den ganzen Nachmittag über waren die Straßenbah­nen voll, die Sitzplätze­n reichten nie aus. Der Andrang der Interessie­rten schien nicht nachzulass­en, was der SWU-Marketingl­eiter Marc Fuchs mit einem „Großartig“zusammenfa­sste.

In den nächsten Monaten werden nun noch Restarbeit­en entlang der Linie 2 durchgefüh­rt. So fehlt eine dreistelli­ge Anzahl Bäume, ebenso muss noch der eine oder andere Parkplatz angelegt werden. Weiter müssen Grasfläche­n noch eingesät werden.

 ?? FOTO: ALEXANDER KAYA ?? Die neue Straßenbah­nlinie 2 zwischen Eselsberg und Science Park II eröffneten am Samstag der Tübinger Regierungs­präsident Klaus Tappeser, Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) und der Ulmer Oberbürger­meister Gunter Czisch (von links) im Führerstan­d einer der neuen Straßenbah­nen.
FOTO: ALEXANDER KAYA Die neue Straßenbah­nlinie 2 zwischen Eselsberg und Science Park II eröffneten am Samstag der Tübinger Regierungs­präsident Klaus Tappeser, Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) und der Ulmer Oberbürger­meister Gunter Czisch (von links) im Führerstan­d einer der neuen Straßenbah­nen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany