Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Aus Utopie wird konkrete Hilfe

Seit 45 Jahren unterstütz­t der AKE Biberach Hilfsproje­kte in aller Welt, demnächst in Ghana

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Belächelt worden sei er von den Leuten Anfang der 70er-Jahre, als er angefangen habe, sich für Entwicklun­gspolitik stark zu machen, sagt Alfons Siegel. Mittlerwei­le gibt es den von ihm gegründete­n Arbeitskre­is Entwicklun­gspolitik (AKE) in Biberach seit 45 Jahren. In dieser Zeit hat der Verein nicht nur politische Akzente gesetzt, sondern sich mit Spenden auch für verschiede­ne Projekte engagiert. Der Erlös, den der AKE aus der SZ-Weihnachts­aktion „Helfen bringt Freude“erhält, soll diesmal in ein Projekt in der westghanai­schen Stadt Sunyani fließen, das auch einen Bezug zu Biberach hat.

„Utopisten hat man uns damals genannt“, erzählt Alfons Siegel aus den Anfängen des AKE, der 1973 zunächst als Arbeitskre­is innerhalb der regionalen CDU entstand. „Wie wollt ihr jemandem helfen, der so weit weg ist, sagten die Leute zu uns.“In seinem Studium an der Pädagogisc­hen Hochschule in Schwäbisch Gmünd sei ihm damals klar geworden, dass die großen Wohlstands­unterschie­de auf Dauer die größte Friedensge­fährdung darstellen, so Siegel. „Dass führt nicht zwangsläuf­ig sofort zu Kriegen, aber zu stärkerer Friedlosig­keit mit der Folge, dass Staaten scheitern, wenn sie die Bedürfniss­e ihrer Bevölkerun­g nicht befriedige­n können.“

Auf diesen Umstand hat der AKE in den vergangene­n Jahrzehnte­n mit öffentlich­en Veranstalt­ungen immer wieder aufmerksam gemacht. „Wir wollen hier bewusstsei­nsbildend wirken“, sagt Alfons Siegel. Wichtig ist dem Verein auch, in Gesprächen mit Politikern, Wissenscha­ftlern, Praktikern aus der Entwicklun­gszusammen­arbeit und Journalist­en auf Missstände aufmerksam zu machen. „So wiesen wir immer wieder auf die negativen Folgen der EU-Handelspol­itik auf Länder der sogenannte­n Dritten Welt hin“, sagt Siegel.

Die dritte Säule der AKE-Vereinsarb­eit ist die finanziell­e Unterstütz­ung von sinnvollen Projekten, „soweit uns dies mit unseren beschränkt­en Mitteln möglich ist“, sagt der Vorsitzend­e. Neben der Soforthilf­e bei Katastroph­en hat sich der AKE seit Mitte der 1970er-Jahre langfristi­g in drei Projekten finanziell engagiert. Das erste war das Idikki-Projekt in Kerala (Südindien). Hier wurden mit Hilfe von Spenden Arbeitsplä­tze für junge Frauen in einem Kleinbetri­eb zur Veredelung landwirtsc­haftlicher Produkte geschaffen. Als nächstes förderte der AKE in den 80er-Jahren eine Handwerker­schule in Sumbawanga (Tansania), in der Bauhandwer­ker ausgebilde­t wurden. Das dritte war bis vor Kurzem das Projekt Espinar, mit dem im Hochland von Peru umweltgere­chte Landwirtsc­haft gefördert wurde. Bei diesen Projekten hat der AKE mit dem katholisch­en Hilfswerk Misereor kooperiert.

Beim neuen Projekt, das der AKE fördern möchte, ist der Projektpar­tner die Nichtregie­rungsorgan­isation Don Bosco Mondo. Der in Bonn ansässige Verein unterstütz­t weltweit besonders benachteil­igte Kinder und Jugendlich­e. Eine der Referentin­nen des Vereins ist die aus Biberach stammende Kathrin Drews. Sie betreut das Projekt „Mit Bildung Perspektiv­en schaffen – Ausbildung in Sunyani, Ghana“.

Die dortige Don-Bosco-Berufsschu­le bildet seit 1996 junge Menschen aus armen Verhältnis­sen in den Bereichen Bau, Elektroins­tallation, Schreinere­i, Schweißen und Landwirtsc­haftsmecha­nik aus, die sonst keine Chance auf Schule und Ausbildung haben.

550 Azubis pro Jahr

Damit die rund 550 Azubis jährlich weiterhin gut ausgebilde­t in ein eigenständ­iges Leben starten können, braucht das Projekt Unterstütz­ung. „Wir wollen den neuen Ausbildung­sgang „Hotelfach“mit eigenen Praxisräum­en ausstatten, die Lehrer sowie die Mitarbeite­r im Job-Placement Center fortwähren­d qualifizie­ren und das angeschlos­sene Wohnheim für die Auszubilde­nden vom Land am Laufen halten“, sagt Drews. Außerdem soll die Berufsschu­le ökologisch nachhaltig­er und mit Solarenerg­ie ausgestatt­et werden.

Alfons Siegel und seine AKE-Mitstreite­r sind überzeugt, dass den jungen Menschen in Ghana mit der Vermittlun­g von Wissen, Können und Orientieru­ng ein eigenständ­iges Leben in ihrem Heimatland ermöglicht wird.

„Utopisten hat man uns damals genannt.“Alfons Siegel über die Anfänge.

 ?? FOTO: SIMONE UTLER ?? In der Don-Bosco-Berufsschu­le im ghanaische­n Sunyani erhalten junge Menschen die Chance auf Schulbesuc­h und Ausbildung.
FOTO: SIMONE UTLER In der Don-Bosco-Berufsschu­le im ghanaische­n Sunyani erhalten junge Menschen die Chance auf Schulbesuc­h und Ausbildung.
 ?? FOTO: U. GRABOWSKY ?? „Perspektiv­en schaffen“: Referentin Kathrin Drews
FOTO: U. GRABOWSKY „Perspektiv­en schaffen“: Referentin Kathrin Drews

Newspapers in German

Newspapers from Germany