Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Festmahl beim Gänseflüsterer in der Wolfegger Post
Jetzt sind sie also bald da, die Tage des Nachhausekommens: Das Jahr 2018 fällt ein bisschen ab von der Seele, und in Anbetracht einer weihnachtlichen Mahlzeit und eines himmlischen Getränks wird es den Menschen warm ums Herz, wenn sie all das im Beisein von Familie und Freunden genießen. Wer zu Hause unglücklicherweise nicht mehr über eine gute Mutter verfügt, die das Essen der Kindheit zu den Feiertagen zelebriert, sich aber doch nach ein wenig Nostalgie sehnt, nach einer gehörigen Prise guter alter Zeit, findet im Gasthof Post in Wolfegg die ideale Bühne für eine Extraportion Sentimentalität.
Die verschiedenen Gasträume – einige in dunkler Eiche – sind sozusagen die Wartezimmer zu dieser Zeitreise. Die herzliche Bedienung ist die Reiseleiterin mit einer Speisekarte in den Händen, die mit schwäbischer Hausmannskost und klassischer Wirtshausküche genau diesen ganz speziellen wohligen Schauer der Heimeligkeit erzeugt, der gerade zu Weihnachten so gefragt ist.
Den Auftakt gibt ein Leberknödel von bemerkenswerter Größe, der in einer schmackhaften Fleischbrühe schwimmt, in Begleitung von knackenden Backerbsen. Ein wenig Schnittlauch grünt auf der Suppe, die nicht nur den Körper wärmt, sondern auch den Geist an einem kalten Wintertag. Und dann kommt der Höhepunkt, der diese Bezeichnung auch wirklich verdient: Eine Portion von der ofenfrischen Gans, die alles hat, was ein perfekter Weihnachtsvogel braucht. Das beginnt bei der aufsehenerregend knusprigen Haut, intensiv gewürzt, die auch Menschen am Nachbartisch beim Reinbeißen aufhorchen lässt. Das dunkle und feinfaserige Fleisch ist absolut mürbe und zart. Die Kunst, während des Bratvorgangs die Gans von der fettigen Schwere zu befreien, ist in diesem Fall mustergültig gelungen: keine Spur von Tranigkeit. Die Kartoffelknödel empfehlen sich als idealer Schwamm, um die sündhaftintensive Soße aufzunehmen. Die Tunke besitzt eine pralle Kümmelnote, das Blaukraut verbindet süßliche Aromen mit dem erdigen Grundton des Rotkohls. Ganz nach dem Motto, alles vom Tier zu verwerten, liegt der Gans eine Art Fleischküchle aus Innereien des Geflügels bei, was den Küchenchef erst recht als echten Gänseflüsterer ausweist. Am Nebentisch staunt gerade ein älterer Herr über einen servierten Holzbottich, der angeblich eine nur kleine Portion Kässpätzle enthält, die ihn sichtlich überfordert – aber nichtsdestotrotz hoch erfreut.
Eine gewisse kulinarische Fantasie offenbart sich dann beim Dessert dieses festlichen Menüs, in dem eine mächtige Kugel hausgemachtes Kürbiskerneis die Hauptrolle spielt: Die Süßspeise ist von einem matten Grün, das aus einem würzigen Zwetschgenkompott herausragt. Knusprig akzentuiert wird der Nachtisch von kandierten Kürbiskernen, die schon per se etwas Weihnachtliches haben.
Womit wir wieder beim Thema wären, dass es zu Hause bei der Mama zwar immer noch am besten schmeckt – es aber gut ist zu wissen, dass es mit dem Gasthof Post eine würdige Alternative gibt. Nicht nur zur Weihnachtszeit.