Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Neubauten statt Wald und Wiesen
Der BUND kritisiert den regionalen Flächenverbrauch - Universität agiert nicht nachhaltig
ULM/NEU-ULM - Der BUND Naturschutz schlägt Alarm: Allen Lippenbekenntnissen der Politiker zum Trotz, würden weiterhin ungeniert Flächen versiegelt. Mit drastischen Auswirkungen: Wie Jutta Andreas, die stellvertretende Kreisvorsitzende des Ulmer Ortsverbandes, bei der Jahrespressekonferenz am Freitag sagte, drohe die Realisierung der Bebauung der Ulmer „Kohlplatte“das Mikroklima nachhaltig zu schädigen.
Wie eine von Ulmer Gemeinderat beauftragte Stadtklimaanalyse ergeben habe, werde dem an den Stadtteil Söflingen angrenzenden Gebiet die höchste Wertigkeit zugeschrieben. Denn hier sei das wichtigste Kaltluftentstehungsgebiet und damit in seiner bioklimatischen Bedeutung unverzichtbar.
Sollte das insgesamt 31 Hektar große Gebiet versiegelt werden, drohten Ulm „noch mehr heiße Nächte“als diesen Sommer, wie es Ulrich Müller, der Regionalvorsitzende ausdrückte. Um ein „Klima wie in Spanien“aufzuhalten, müsse Ulm auf die Bebauung verzichten.
Die Hoffnung, dass Ulm diesen Schritt wagt, ist allerdings bei den Naturschützern gering. Als zu bedeutend gilt das geplante Wohngebiet westlich des Kurt-SchumacherRings.
Nachdenklichkeit beim Baubürgermeister
Doch Martin Denoix, der Vorsitzende des Ulmer Kreisverbandes, habe bei Baubürgermeister Tim von Winning eine „gewisse Nachdenklichkeit“festgestellt, als dieses Gutachten vorgestellt wurde. Und so keimt beim BUND die Hoffnung, dass zumindest vor Planungsbeginn ein Strömungsgutachten erstellt wird, mit dessen Hilfe sichergestellt wird, dass die kalte Luft weiterhin in die Ulmer Innenstadt einströmen kann.
Überhaupt fordert der BUND von den Stadtverwaltungen mehr Härte: „Manchmal muss man die Menschen zu ihrem Glück zwingen.“So sollte etwa auch die „Verschotterung“von Gärten mit Steinen verboten werden, weil so Insekten Rückzugsgebiete verlören.
Der Bund führte weitere Beispiele für einen angeblich verantwortungslosen Flächenverbrauch auf. Der flächenmäßig wohl größte Fraß droht in der Region im Zuge eines geplanten „interkommunalen Gewerbegebiets“zwischen Merklingen und Nellingen am neuen Bahnhof. „Die 50 Hektar sprengen alle Dimensionen“, beklagt Christian Killius, der Kreisvorsitzende Alb-Donau. Maßlos übertrieben sei auch die Zahl von angeblich 4000 neuen Arbeitsplätzen.
Auch die Universität Ulm mache sich in Sachen Flächenverbrauch schuldig. Cora Carmesin, die Sprecherin der Hochschulgruppe, beklagte höchst bedenkliche Pläne der Verwaltung: So solle im Zuge des jüngst vorgestellten Masterplans ein alter Wald oberhalb des Botanischen Gartens für Neubauten geopfert werden. Dabei habe der Wald einen besonderen Wert als grünes Alleinstellungsmerkmal der Uni.
Aus Sicht der Hochschulgruppe gebe es Alternativen zur Rodung des Forsts. Anstatt in die Fläche zu gehen, solle die Uni Bauwerke in die Tiefe und Höhe bauen. An der Staudinger Straße gebe es Holzbaracken aus der Gründerzeit, die ersetzt werden könnten.
„Natürlich ist uns bewusst, dass das wesentlich teurer wird“, sagt Carmesin. Doch in Zeiten des Artensterbens und Klimawandels könne eine Uni nicht einfach Wald für Neubauten abholzen.
Der BUND will im Januar eine Podiumsdiskussion mit Uni-Verwaltung, Baubürgermeister und BUNDVertretern organisieren, um so vielleicht ein Umdenken zu erreichen. Wie das Thema Waldrodung von Amtsstuben umschrieben wird, zeigt der veröffentlichte Bericht zum Masterplan Wissenschaftsstadt.
Eine weichere flexible Handhabung in Sachen Frei- und Naturräume sei insbesondere an den äußeren Rändern zugunsten von Entwicklungsoptionen erforderlich. Auf Deutsch: Wald soll weg für Neubauten.