Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der letzte Ritter von Augsburg

Vor 500 Jahren starb Kaiser Maximilian I. – Augsburg beehrte er 17-mal, um Wien machte er einen Bogen, in Innsbruck ließ er sich ein Denkmal errichten

- Von Joachim Heinz

AUGSBURG (KNA) - Die erste Bekanntsch­aft mit dem Tod hatte er als Dreijährig­er. Im reifen Mannesalte­r führte er seinen eigenen Sarg stets mit sich. Dazwischen lagen fast sechs bewegte Jahrzehnte zwischen Prunk und Macht, Größenwahn und Geldnot, Kampf und Kunst. Vor 500 Jahren, im Herbst 1518, begab sich Maximilian I., Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, auf seine letzte Reise. Der kränkelnde Monarch saß – bereits ganz gelb im Gesicht – in einer Sänfte statt wie gewohnt auf dem Pferd.

Am 10. Dezember erreichte der Tross des Kaisers Burg im oberösterr­eichischen Wels. Hier bereitete sich Maximilian, wie der Historiker Winfried Schulze schreibt, „gewissenha­ft“auf sein nahes Ende vor. Nach Empfang der Letzten Ölung am 11. Januar 1519 „verbat er sich, noch weiter mit seinen Titeln angesproch­en zu werden“. Tags darauf tat der Habsburger seinen letzten Atemzug. Sein Leichnam, so hatte er verfügt, wurde gegeißelt. Die Haare schnitt man ab, die Zähne riss man heraus. „Er wollte diese Erde als einfacher Mann, als sündiger Mensch verlassen.“

Ein letztes Mal erwies sich Maximilian als Meister der Inszenieru­ng. „Wer sich im Leben kein Gedächtnis macht, der hat auch nach dem Tode kein Gedächtnis und desselben Menschen wird mit dem Glockenton vergessen“, lautete eine Devise des Herrschers. Seine Ahnenreihe führte Maximilian auf Noah und den trojanisch­en Helden Hektor zurück. Er zählte die Humanisten Willibald Pirckheime­r und Konrad Peutinger zu seinen Beratern, förderte Musiker wie Heinrich Isaac oder Ludwig Senfl und arbeitete mit dem Kunstgenie Albrecht Dürer zusammen.

Auf der Höhe der Zeit

Der „letzte Ritter“besaß ein Faible für den Turnierkam­pf – aber mindestens in gleicher Weise für die neuesten Trends; angefangen vom Buchdruck und der angeblich auf sein Geheiß entwickelt­en gotischen Fraktursch­rift bis hin zu moderner Militärtec­hnik wie Kanonen und die nach ihm benannten Harnische. Mit Frankreich­s König Karl VIII. lieferte er sich nicht nur Gefechte auf dem Feld, sondern auch mediale Propaganda­schlachten. Seine kurze Ehe mit Maria, der einzigen Erbin Burgunds, legte einen Grundstein für den weiteren Aufstieg der Habsburger – und für die innige Feindschaf­t mit Frankreich, das ebenfalls Ansprüche auf die burgundisc­hen Territorie­n von der Nordsee bis in den Alpenraum erhob.

Herrschaft kostete Geld, viel Geld – weshalb Maximilian immer öfter bei den finanzkräf­tigen Kaufmannsf­amilien der Fugger und Welser in Augsburg vorbeischa­ute. Seine 17 Aufenthalt­e in der Reichsstad­t summierten sich auf insgesamt zwei Jahre und 211 Tage. Franz I., ein Nachfolger Karls VIII., nannte den Kaiser deshalb „Bürgermeis­ter von Augsburg“. Der so Geschmähte schmiedete weiter Bündnisse und Allianzen, versuchte, das Reich zu einen, den Vormarsch der Osmanen aufzuhalte­n und seine Herrschaft­sansprüche in Italien durchzuset­zen.

Kaiserprok­lamation in Trient

Zum römisch-deutschen König wurde er 1486 gewählt, zum „Erwählten Römischen Kaiser“proklamier­te er sich 1508 in Trient; der Weg nach Rom für eine Krönung durch den Papst blieb ihm angesichts der vielen Konflikte versperrt. Später dann, 1511, verfolgte er den Plan, zum Kaiserauch den Papsttitel anzunehmen – an Sendungsbe­wusstsein mangelte es dem „Beschützer der Christenhe­it“wohl nicht. Zeugnis davon legt auch ein monumental­es Grabdenkma­l in der Innsbrucke­r Hofkirche ab. Begonnen wurde es 1502; die Fertigstel­lung zog sich bis 1584 hin. Zur letzten Ruhe gebettet wurde Maximilian allerdings in der Georgs-Kathedrale in Wiener Neustadt. Zum 50 Kilometer nördlich gelegenen Wien hatte er eine eher problemati­sche Beziehung. In der Hofburg überlebte er, von Hunger gezeichnet, 1462 die Belagerung durch seinen Onkel Albrecht VI. Da war der künftige Kaiser gerade drei Jahre alt.

Die von ihm selbst geknüpften familiären Bande wurden dagegen zu seinem wichtigste­n Erbe. Seine Heiratspol­itik sicherte den Zugriff auf Spanien sowie Ungarn und Böhmen. Damit trug Maximilian dazu bei, dass die Kaiserwürd­e des Heiligen Römischen Reiches bis zu dessen Ende 1806 fast ununterbro­chen in den Händen der Habsburger blieb.

Newspapers in German

Newspapers from Germany