Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Wenn Europa nur wollen würde

- Von Claudia Kling

Angela Merkel und Alexis Tsipras in Harmonie verbunden: Vor fünf Jahren, als die Bundeskanz­lerin zum letzten Mal Athen besuchte, wäre diese Vorstellun­g undenkbar gewesen. Da war sie die meistgehas­ste ausländisc­he Politikeri­n in Griechenla­nd, und Tsipras stand auf der anderen Seite der Absperrung, um gegen sie zu demonstrie­ren. Doch aus dem linken Populisten ist längst ein Realpoliti­ker geworden – und das verbindet ihn mit Merkel. Um Griechenla­nd in der Eurozone zu halten, hat der linke Tsipras das umgesetzt, was Brüssel und der Internatio­nale Währungsfo­nds von ihm verlangt haben. Harte Sparmaßnah­men, die viele Griechen zwar in den Ruin getrieben, aber das Land aus der Rolle des Bittstelle­rs herausgeho­lt haben. Ein Erfolg mit Schattense­iten, aber er zeigt doch, wozu die Europäisch­e Union in der Lage ist, wenn sie es denn will.

In der Flüchtling­spolitik will die EU offenbar nichts – auch das macht Merkels Besuch bei Tsipras deutlich. Ihre gemeinsame Klage über die mangelnde Solidaritä­t in Europa hilft jenen Flüchtling­en, die in überfüllte­n Lagern auf den Ägäis-Inseln festsitzen, nicht weiter. Brüssel nimmt es seit Jahren hin, dass sich EU-Mitgliedsl­änder der Zusammenar­beit verweigern – ohne die Daumenschr­auben anzusetzen. Ein Armutszeug­nis für eine Gemeinscha­ft, die sich auch als Wertegemei­nschaft versteht.

c.kling@schwaebisc­he.de

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