Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der Anti-Trump bringt sich in Stellung

- Von Frank Herrmann, Washington

Mitt Romney redet Klartext. „Ein Präsident sollte uns einen“, schreibt der Republikan­er, „er sollte uns inspiriere­n, unseren besseren Engeln zu folgen.“In Zeiten, in denen die Nation derart gespalten, gereizt und zornig sei, sei es unverzicht­bar, dass der Präsident mit Charakters­tärke führe. „Und es ist in diesem Bereich, in dem die Defizite des Amtsinhabe­rs besonders krass sind.“

Der Kommentar erschien am Neujahrsta­g in der Washington Post. Seither gilt Romney als potenziell­er Anführer einer Rebellion gegen Donald Trump. Mittlerwei­le ist Romney 71 Jahre alt und vor wenigen Tagen für den Bundesstaa­t Utah in den US-Senat eingezogen. Einst war er Gouverneur von Massachuse­tts, 2012 im Zweikampf mit Barack Obama unterlegen­er Präsidents­chaftsbewe­rber. Nun meldet er sich zurück auf der politische­n Bühne. Die furiose Art, wie er es tut, heizt Gerüchte an, nach denen er 2020 Trump herausford­ern möchte. Was ein ausgesproc­hen rebellisch­er Akt wäre. Einem Präsidente­n, der wiedergewä­hlt werden möchte, fährt die eigene Partei in aller Regel nicht in die Parade. Zumal, so hat es das GallupInst­itut ermittelt, 89 Prozent der Republikan­er Trump an der Spitze befürworte­n.

Solange sich das nicht ändert, würde ein offener Aufstand gegen Trump wohl scheitern. Relevanter ist die Frage, ob sich Romney nach und nach als das profiliert, was John McCain bis zu seinem Tod im vergangene­n August war. Als Stimme des Widerstand­s, der noch nicht Vereinnahm­ten unter den Republikan­ern. Als Anti-Trump.

Eine undankbare Rolle

Die Rolle ist undankbar, denn die Partei hat sich das „America first“des Populisten zu eigen gemacht. Die nach dem Zweiten Weltkrieg lange dominieren­de Fraktion der Freihändle­r, für die Romney beispielha­ft steht, ist geschwächt. Einem Protektion­isten, der von sich sagt, er sei ein Mann der Zölle, könnte er kaum ernsthaft Paroli bieten. Wenn Trump erklärt, Amerika dürfe nicht mehr der Weltpolizi­st sein, ausgenutzt von den Trittbrett­fahrern der westlichen Allianz, dann widersprec­hen nur wenige Konservati­ve.

Auch Romney hat allerdings sein Fähnlein im Laufe seiner Karriere schon zu oft nach dem Wind gehängt, als dass man ihm das nötige Rückgrat zutraut, um gegen Trump zu bestehen. Im Sommer 2016 blieb er noch demonstrat­iv fern, als der republikan­ische Nominierun­gsparteita­g Trump zum Kandidaten fürs Oval Office kürte. Monate später – Trump hatte inzwischen die Wahl gewonnen – war auch Romney bereit, zu Kreuze zu kriechen. Trump zog ihn in die engere Wahl für das Amt des Außenminis­ters. Er lud ihn nach New York ein, man dinierte, hinterher hielt der Gast eine kleine Laudatio. Was auch nichts half, weil der Posten an den Ölmanager Rex Tillerson ging. Trump hatte Romney nur vorgeführt – und zu einem peinlichen Kniefall gezwungen.

Die Episode bestärkt all jene, die in dem Senator aus Utah eher ein Chamäleon als einen Rebellenfü­hrer in spe sehen. „Als er Minister zu werden hoffte“, stichelt der Washington­er Politikwis­senschaftl­er Henry Olsen, „scheint ihn Trumps Charakter nicht groß gestört zu haben.“

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FOTO: AFP Mitt Romney

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