Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Der Anti-Trump bringt sich in Stellung
Mitt Romney redet Klartext. „Ein Präsident sollte uns einen“, schreibt der Republikaner, „er sollte uns inspirieren, unseren besseren Engeln zu folgen.“In Zeiten, in denen die Nation derart gespalten, gereizt und zornig sei, sei es unverzichtbar, dass der Präsident mit Charakterstärke führe. „Und es ist in diesem Bereich, in dem die Defizite des Amtsinhabers besonders krass sind.“
Der Kommentar erschien am Neujahrstag in der Washington Post. Seither gilt Romney als potenzieller Anführer einer Rebellion gegen Donald Trump. Mittlerweile ist Romney 71 Jahre alt und vor wenigen Tagen für den Bundesstaat Utah in den US-Senat eingezogen. Einst war er Gouverneur von Massachusetts, 2012 im Zweikampf mit Barack Obama unterlegener Präsidentschaftsbewerber. Nun meldet er sich zurück auf der politischen Bühne. Die furiose Art, wie er es tut, heizt Gerüchte an, nach denen er 2020 Trump herausfordern möchte. Was ein ausgesprochen rebellischer Akt wäre. Einem Präsidenten, der wiedergewählt werden möchte, fährt die eigene Partei in aller Regel nicht in die Parade. Zumal, so hat es das GallupInstitut ermittelt, 89 Prozent der Republikaner Trump an der Spitze befürworten.
Solange sich das nicht ändert, würde ein offener Aufstand gegen Trump wohl scheitern. Relevanter ist die Frage, ob sich Romney nach und nach als das profiliert, was John McCain bis zu seinem Tod im vergangenen August war. Als Stimme des Widerstands, der noch nicht Vereinnahmten unter den Republikanern. Als Anti-Trump.
Eine undankbare Rolle
Die Rolle ist undankbar, denn die Partei hat sich das „America first“des Populisten zu eigen gemacht. Die nach dem Zweiten Weltkrieg lange dominierende Fraktion der Freihändler, für die Romney beispielhaft steht, ist geschwächt. Einem Protektionisten, der von sich sagt, er sei ein Mann der Zölle, könnte er kaum ernsthaft Paroli bieten. Wenn Trump erklärt, Amerika dürfe nicht mehr der Weltpolizist sein, ausgenutzt von den Trittbrettfahrern der westlichen Allianz, dann widersprechen nur wenige Konservative.
Auch Romney hat allerdings sein Fähnlein im Laufe seiner Karriere schon zu oft nach dem Wind gehängt, als dass man ihm das nötige Rückgrat zutraut, um gegen Trump zu bestehen. Im Sommer 2016 blieb er noch demonstrativ fern, als der republikanische Nominierungsparteitag Trump zum Kandidaten fürs Oval Office kürte. Monate später – Trump hatte inzwischen die Wahl gewonnen – war auch Romney bereit, zu Kreuze zu kriechen. Trump zog ihn in die engere Wahl für das Amt des Außenministers. Er lud ihn nach New York ein, man dinierte, hinterher hielt der Gast eine kleine Laudatio. Was auch nichts half, weil der Posten an den Ölmanager Rex Tillerson ging. Trump hatte Romney nur vorgeführt – und zu einem peinlichen Kniefall gezwungen.
Die Episode bestärkt all jene, die in dem Senator aus Utah eher ein Chamäleon als einen Rebellenführer in spe sehen. „Als er Minister zu werden hoffte“, stichelt der Washingtoner Politikwissenschaftler Henry Olsen, „scheint ihn Trumps Charakter nicht groß gestört zu haben.“