Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Gesetz zu Lohngleichheit wird größtenteils ignoriert
Forscher fordern strengere Auflagen und spürbare Sanktionen, um Gehaltslücke zu schließen
DÜSSELDORF/BERLIN (epd) - Das Mitte 2017 in Kraft getretene Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen entfaltet laut einer Studie bislang kaum Wirkung. Wie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung am Freitag in Düsseldorf mitteilte, zeigt das Gesetz bisher „keine spürbaren Effekte“. So sei nur eine Minderheit der Unternehmen und Beschäftigte in Sachen Lohngerechtigkeit aktiv geworden. Zur Umsetzung des Gesetzes seien deshalb strengere Auflagen und spürbare Sanktionen nötig, hieß es.
Nach dem Entgelttransparenzgesetz ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, Männern und Frauen für vergleichbare Arbeit den gleichen Lohn zu bezahlen. In Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten gilt zusätzlich ein „individueller Auskunftsanspruch“, der in einem zweiten Schritt Anfang 2018 in Kraft getreten ist.
Demnach können Beschäftigte verlangen, dass ihnen der Arbeitgeber das durchschnittliche Gehalt ihrer männlichen und weiblichen Kollegen nennt, die eine ähnliche Arbeit leisten. Dadurch sollen bestehende Ungerechtigkeiten offengelegt und beseitigt werden. Für Unternehmen mit über 500 Mitarbeitern gelten weitere Vorgaben: Sie sollen regelmäßig überprüfen, wie es um die Entgeltgleichheit im Unternehmen steht. Für die Studie wurden Betriebsräte von Firmen mit mindestens 20 Beschäftigten befragt, was sich aus ihrer Sicht in den ersten zehn Monaten nach der Einführung des Gesetzes getan hatte. Offenbar fühle „sich nur ein kleiner Teil der Betriebe von der Aufforderung angesprochen, im Betrieb für Entgeltgleichheit zu sorgen“, erklärten die Forscher. Am höchsten sei der Anteil in mittelgroßen Betrieben mit 201 bis 500 Beschäftigten. Zudem seien Firmen, in denen Betriebsräte nach eigenem Bekunden ein „sehr gutes Verhältnis zur Geschäftsleitung“haben, bei der Umsetzung des Gesetzes führend.
Geringes Auskunftsinteresse
Auch bei den Beschäftigten ist das Interesse gering, den Lohn vergleichbarer Kollegen zu erfragen. Nur in 13 Prozent der mittelgroßen Betriebe habe sich mindestens eine Person ein bis vier Monate nach Inkrafttreten des Auskunftsanspruchs an den Betriebsrat gewandt, um ihr Gehalt überprüfen zu lassen, hieß es. Bei den großen Unternehmen sein es 23 Prozent, die von ihrem Auskunftsrecht Gebrauch gemacht hätten.
Das Forscherteam rät dazu, das Entgelttransparenzgesetz verbindlicher auszugestalten. Dazu gehöre, die Prüfung der betrieblichen Gehaltsstrukturen verpflichtend zu machen und gegen Verstöße vorzugehen.