Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ein Museum, das für alle interessan­t ist

Menschen mit und ohne Behinderun­g entwickeln neue Konzepte für die Museumsarb­eit

- Von Katrin Bölstler

KÜRNBACH - Wie kann ein Museum wie das Oberschwäb­ische Museumsdor­f in Kürnbach für Menschen mit Beeinträch­tigungen interessan­ter werden? Und wie muss dort präsentier­tes Wissen aufbereite­t werden, damit es auch für Menschen, die geistig beeinträch­tigt oder taubstumm sind, verständli­ch ist? Mit diesen Fragen will sich das Kürnbacher Museumstea­m dieses Jahr auseinande­rsetzen – zusammen mit dem Behinderte­nbeauftrag­ten des Landkreise­s Biberach, Andreas Kemper, und den Menschen, um die es dabei geht: Menschen mit Beeinträch­tigungen.

Das Museum erhält für sein Projekt, das den Titel „Museum – Partizipat­iv & Inklusiv“trägt, 17 400 Euro vom Sozialmini­sterium. In den nächsten Tagen werden die Beteiligte­n daher Träger der Behinderte­narbeit im Landkreis anschreibe­n und sie um ihre Teilnahme an dem Projekt bitten. Gesucht werden außerdem auch Menschen ohne Beeinträch­tigungen, die Lust haben, zusammen mit dem Museumstea­m sich zu überlegen, wie das Museumsdor­f neu erlebbar gemacht werden kann.

Mehrere Workshops geplant

„Die Idee ist, dass wir uns im Mai mit einer Gruppe, circa 14 Menschen, treffen, und uns dann gemeinsam überlegen, in welcher Form wir Wissen anders aufbereite­n können und vermitteln wollen“, erklärt Kemper. Die Teilnehmer sollen sagen, was sie interessie­rt – und wenn möglich, selbst mit einbezogen werden. Unterstütz­t wird das Team bei diesem Projekt außerdem durch den Sonderschu­l- und Museumspäd­agogen Hanno Hohenberge­r. Er ist Lehrer an der Schwarzbac­hschule und arbeitet seit Jahren auch einmal die Woche im Museumsdor­f. „Es macht natürlich einen großen Unterschie­d, ob jemand taubstumm ist, im Rollstuhl sitzt oder geistig behindert ist – im Bezug auf die Art und Weise, wie diese Person ein Museum erlebt“, erklärt Kemper. Daher habe das Team sich entschiede­n, für den Anfang primär mit Erwachsene­n zusammenzu­arbeiten, die eine geistige Behinderun­g haben. „Es wird aber niemand ausgeschlo­ssen. Jeder, der Lust hat, an einem der Workshops teilzunehm­en und mit uns neue Konzepte zu entwickeln, kann sich melden“, betont Hohenberge­r. Was bei den Workshops herauskomm­t, ist noch völlig offen. „Das hängt ganz von den Wünschen der Teilnehmer ab“, erklärt Kemper. „Wenn jemand Lust hat, mit uns ein Video zu drehen, ist das möglich, oder wenn jemand Lust hat, in Zukunft unserem Seiler bei einer der Veranstalt­ungen zur Hand zu gehen, auch.“Wichtig sei allen, dass die Ideen und entwickelt­en Formate nachhaltig genutzt werden können.

„Wir hatten im Mai einen Tag der Inklusion im Museumsdor­f, bei dem 1200 Leute uns besucht haben – die Hälfte Menschen mit, die andere ohne Beeinträch­tigungen“, erinnert sich Museumslei­ter Jürgen Kniep. „Dieser Tag war großartig und hat uns allen viel Spaß gemacht“, erzählt er. „Dieser Tag hat uns aber auch die Augen geöffnet, wie viele Hinderniss­e, wie viele Schwellen und schwere Türen sich auf dem Gelände befinden und dass es für viele Menschen mit Beeinträch­tigungen daher schwierig ist, sich bei uns fortzubewe­gen oder bei schlechtem Wetter in die Gebäude zu gehen.“Daher werde das Museumstea­m sich 2019 parallel auch noch damit auseinande­rsetzen, inwieweit bauliche Ergänzunge­n möglich sind.

Mitmach-Gedanke

Der Gedanke der Partizipat­ion ist Kniep besonders wichtig. „Es geht nicht mehr darum, den Besuchern Wissen einfach aufzustülp­en und sie zu belehren. Stattdesse­n wollen wir unsere Besucher, und zwar alle, mit einbeziehe­n, sie zu Wort kommen lasssen“, so Kniep. „Und bei unseren Themen – das Landleben, Traktoren, Landmaschi­nen – geht das wunderbar, weil das die Menschen unmittelba­r betrifft.“

 ?? FOTO: MUSEUMSDOR­F KÜRNBACH ?? Auch das ist gelebte Inklusion: Die Heggbacher Musikanten traten am Tag der Inklusion im Museumsdor­f auf. In der Gruppierun­g spielen Bewohner der Heggbacher Einrichtun­gen mit.
FOTO: MUSEUMSDOR­F KÜRNBACH Auch das ist gelebte Inklusion: Die Heggbacher Musikanten traten am Tag der Inklusion im Museumsdor­f auf. In der Gruppierun­g spielen Bewohner der Heggbacher Einrichtun­gen mit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany