Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ein Museum, das für alle interessant ist
Menschen mit und ohne Behinderung entwickeln neue Konzepte für die Museumsarbeit
KÜRNBACH - Wie kann ein Museum wie das Oberschwäbische Museumsdorf in Kürnbach für Menschen mit Beeinträchtigungen interessanter werden? Und wie muss dort präsentiertes Wissen aufbereitet werden, damit es auch für Menschen, die geistig beeinträchtigt oder taubstumm sind, verständlich ist? Mit diesen Fragen will sich das Kürnbacher Museumsteam dieses Jahr auseinandersetzen – zusammen mit dem Behindertenbeauftragten des Landkreises Biberach, Andreas Kemper, und den Menschen, um die es dabei geht: Menschen mit Beeinträchtigungen.
Das Museum erhält für sein Projekt, das den Titel „Museum – Partizipativ & Inklusiv“trägt, 17 400 Euro vom Sozialministerium. In den nächsten Tagen werden die Beteiligten daher Träger der Behindertenarbeit im Landkreis anschreiben und sie um ihre Teilnahme an dem Projekt bitten. Gesucht werden außerdem auch Menschen ohne Beeinträchtigungen, die Lust haben, zusammen mit dem Museumsteam sich zu überlegen, wie das Museumsdorf neu erlebbar gemacht werden kann.
Mehrere Workshops geplant
„Die Idee ist, dass wir uns im Mai mit einer Gruppe, circa 14 Menschen, treffen, und uns dann gemeinsam überlegen, in welcher Form wir Wissen anders aufbereiten können und vermitteln wollen“, erklärt Kemper. Die Teilnehmer sollen sagen, was sie interessiert – und wenn möglich, selbst mit einbezogen werden. Unterstützt wird das Team bei diesem Projekt außerdem durch den Sonderschul- und Museumspädagogen Hanno Hohenberger. Er ist Lehrer an der Schwarzbachschule und arbeitet seit Jahren auch einmal die Woche im Museumsdorf. „Es macht natürlich einen großen Unterschied, ob jemand taubstumm ist, im Rollstuhl sitzt oder geistig behindert ist – im Bezug auf die Art und Weise, wie diese Person ein Museum erlebt“, erklärt Kemper. Daher habe das Team sich entschieden, für den Anfang primär mit Erwachsenen zusammenzuarbeiten, die eine geistige Behinderung haben. „Es wird aber niemand ausgeschlossen. Jeder, der Lust hat, an einem der Workshops teilzunehmen und mit uns neue Konzepte zu entwickeln, kann sich melden“, betont Hohenberger. Was bei den Workshops herauskommt, ist noch völlig offen. „Das hängt ganz von den Wünschen der Teilnehmer ab“, erklärt Kemper. „Wenn jemand Lust hat, mit uns ein Video zu drehen, ist das möglich, oder wenn jemand Lust hat, in Zukunft unserem Seiler bei einer der Veranstaltungen zur Hand zu gehen, auch.“Wichtig sei allen, dass die Ideen und entwickelten Formate nachhaltig genutzt werden können.
„Wir hatten im Mai einen Tag der Inklusion im Museumsdorf, bei dem 1200 Leute uns besucht haben – die Hälfte Menschen mit, die andere ohne Beeinträchtigungen“, erinnert sich Museumsleiter Jürgen Kniep. „Dieser Tag war großartig und hat uns allen viel Spaß gemacht“, erzählt er. „Dieser Tag hat uns aber auch die Augen geöffnet, wie viele Hindernisse, wie viele Schwellen und schwere Türen sich auf dem Gelände befinden und dass es für viele Menschen mit Beeinträchtigungen daher schwierig ist, sich bei uns fortzubewegen oder bei schlechtem Wetter in die Gebäude zu gehen.“Daher werde das Museumsteam sich 2019 parallel auch noch damit auseinandersetzen, inwieweit bauliche Ergänzungen möglich sind.
Mitmach-Gedanke
Der Gedanke der Partizipation ist Kniep besonders wichtig. „Es geht nicht mehr darum, den Besuchern Wissen einfach aufzustülpen und sie zu belehren. Stattdessen wollen wir unsere Besucher, und zwar alle, mit einbeziehen, sie zu Wort kommen lasssen“, so Kniep. „Und bei unseren Themen – das Landleben, Traktoren, Landmaschinen – geht das wunderbar, weil das die Menschen unmittelbar betrifft.“