Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Uns fehlt noch die Abgezocktheit“
Fußball: Stephan Baierl, Trainer beim Regionalligisten FC Memmingen, zieht Bilanz
MEMMINGEN - Vor einem Jahr hat Stephan Baierl (42) den Fußball-Regionalligisten FC Memmingen übernommen und ihn in fast aussichtsloser Situation zum Klassenerhalt geführt. Aktuell spielt der Traditionsverein eine sorgenlose Runde – und Baierl ist von den Nutzern des Internet-Portals FUPA.net zum Trainer des Jahres in der Regionalliga Bayern gewählt worden. Im Interview zieht der frühere Ulmer Bilanz, spricht über Ziele, die Dritte Liga und die persönliche Zukunft.
Wie haben Sie den Jahreswechsel verbracht, ganz ohne Fußball?
Ja, ohne Fußball. Mit der Familie waren wir ein paar Tage beim Skifahren. Silvester haben wir zu Hause mit Freunden gefeiert.
Der FC Memmingen steht auf dem fünften Tabellenplatz. 35 Punkte bedeuten, dass noch wenige Zähler zum Klassenerhalt fehlen. Sind Sie zufrieden mit der Ausbeute?
Grundsätzlich schon. Was mich aber nervt, dass wir bei den beiden Niederlagen vor der Winterpause nicht mehr unsere Leistungsfähigkeit gezeigt haben. Trotzdem sind wir in einer komfortablen Situation. Aus den restlichen zwölf Spielen wollen wir noch das Maximale herausholen.
Was läuft aus Ihrer Sicht in dieser Saison gut?
Dass die Mannschaft Vorgaben umsetzt und wir es weitgehend schaffen, meine Philosophie, Fußball zu spielen, durchzubringen. Auf der anderen Seite stehen die vielen Gegentore, daran werden wir arbeiten.
Was muss sich sportlich verbessern?
Wir haben eine sehr junge Mannschaft, teilweise ungestüm. Mit mehr Erfahrung könnten wir manches besser lösen. Aber junge Spieler machen Fehler, das muss man ihnen zugestehen. Die einfache Lösung wäre oft die bessere, aber die Abgezocktheit haben wir noch nicht.
Der FC Memmingen wird eine Bewerbung für die Dritte Liga abgeben. Wie sehen Sie das?
Ich habe es befürwortet, weil Spieler und Verantwortliche eine Perspektive brauchen. Bei der Entscheidung waren wir allerdings noch in Schlagdistanz zur Spitze. Wenn was passiert, wollen wir gerüstet sein. Klar ist, wenn wir uns nicht weiterentwickeln wollen, bräuchte man den ganzen Aufwand nicht betreiben.
Wäre die Dritte Liga in Memmingen machbar?
Mit den aktuellen Strukturen nicht, das ist klar. Die baulichen Dinge im Stadion sind das geringste Problem. Du brauchst professionell beschäftigte Spieler und Verantwortliche, andere Trainingsmöglichkeiten – und eine Mannschaft um die Mannschaft, ein Nachwuchsleistungszentrum, eine hauptamtliche Geschäftsstelle.
Zunächst steht eine RegionalligaReform an. Es könnte bei der Verringerung der fünf Staffeln darauf hinauslaufen, dass Bayern künftig mit den Vereinen aus dem Nordosten eine gemeinsame Regionalliga bildet. Wie stehen Sie dazu?
Dass eine Reform hermuss, ist klar. Fünf Staffeln sind auf Dauer nicht möglich. Persönlich fand ich sportlich eine dreigleisige Regionalliga mit drei Aufsteigern in die Dritte Liga gut.
In der Winterpause hat sich der FCM mit dem Griechen Georgios Manolakis vom SSV Ulm 1846 und dem Japaner Natsuhiko Watanabe vom VfR Aalen verstärkt.
Beide Spieler gefallen mir von ihrer Anlage, sie sind schnell und wendig. Manolakis kenne ich, seinen Weg habe ich ein Jahr verfolgt und ihn ein paar Mal gesehen. Er ist ein talentierter junger und entwicklungsfähiger Spieler. Watanabe kannte ich noch nicht, aber seinen Berater. Der Junge braucht einen Verein, in dem er die Möglichkeit hat, zu spielen.
Es gibt sozusagen noch einen weiteren Zugang: Sebastian Schmeiser kehrt nach seinem Auslandssemester in Dänemark zurück.
Sebastian ist ein schlauer Kopf und weiß, dass er sich in körperlich guten Zustand bringen muss. Ich freue mich, dass er als zentrale Figur hinten wieder zur Verfügung steht.
Am 24. Januar steht das erste Training an. Was ist in der Wintervorbereitung geplant?
Seit vergangener Woche arbeiten die Spieler individuell nach Trainingsplan. Ich erwarte von jedem, dass er fit einsteigt. Das Hauptaugenmerk liegt darauf, dass wir ähnlich fit wie im Sommer werden. Fitness ist die Basis von allem. Außerdem gilt es, Abläufe zu optimieren.
Der Rückstand zu den Spitzenteams FC Bayern München II und VfB Eichstätt beträgt neun Punkte. Was ist in der restlichen Saison tatsächlich für den FCM noch drin?
Wir wollen so weit wie möglich oben stehen. Es ist nicht unser Anspruch, irgendwie die fünf fehlenden Punkte zum sicheren Klassenerhalt zu holen und uns dann zurückzulehnen.
Der FCM will Ihren Vertrag noch im Januar verlängern. Wie ist der Stand?
Ich weiß, was ich an Memmingen habe. Ich bin mit offenen Armen aufgenommen worden und es gefällt mir sehr gut. Derzeit muss ich private Dinge abklären, ob ich den Aufwand weiter betreiben kann. Mitte Januar habe ich darüber hoffentlich mehr Klarheit.