Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Schüttelfrost, na und?
Trotz erster Hürde – Deutsche Handballer vor Brasilien-Spiel im Stimmungshoch
BERLIN - Handballer sind per se schon ein anderes Völkchen als ihre Kollegen vom Fußball. In Gesprächen geben sie bereitwillig zu jeglichen Themen auch abseits der Platte Auskunft, gehen nur selten an den wartenden Reportern vorbei und sind auch gewillt, ähnliche Fragen bereitwillig mehrmals zu beantworten.
Doch unter den bodenständigen Hünen und Wurfvirtuosen gibt es dann doch Typen, die noch mal herausstechen. Ein besonders launiger von ihnen – und nicht nur darum bekannt – ist Nationaltorhüter Silvio Heinevetter. Kostprobe gefällig? Ob er denn mit seinen Teamkameraden auch die übrigen Gruppenpartien verfolge, wurde er gefragt. „Es sind schon interessante Spiele dabei, aber wir sind erst bei 50 Prozent, ob wir Handball gucken oder doch Dschungelcamp“, scherzte der Nationaltorhüter. Die Stimmung beim Eröffnungsspiel? „Da war schon ein bisschen Pipi in den Augen.“Wahr und besonders gelungen der Spruch zur Erkrankung von Rückraumspieler Franz Semper, der nach seinem WMDebüt beim lockeren 30:19 gegen Korea das Bett in einem Einzelzimmer des Teamhotels hütete: „Ein bisschen Schüttelfrost und Erkältung hat jeder mal gehabt, für Handballer ist das kein Grund nicht zu spielen, und hinterher auch keine Ausrede, wie in anderen Sportarten.“Schönen Gruß an Bayerns Mats Hummels.
Neben dem Spruch-Feuerwerker amüsierte sich Bundestrainer Christian Prokop, blieb aber sachlicher. „Es ist nicht so schlimm, dass wir uns mehr Gedanken machen müssen“, sagte Prokop. „Wir hoffen, dass er mit Vitaminshakes, Kuren und ein bisschen Ruhe die erste Aufregung verdaut und dann wieder dabei ist.“
Dann, das könnte schon das Spiel gegen Brasilien (Sa., 18.15 Uhr/ZDF) sein. Doch ganz so einfach wie gegen die schmächtigen Koreaner wird es im Duell mit den Südamerikanern nicht. „Da stellt sich eine ganz andere Aufgabe. Die Brasilianer werden versuchen, ihre physische Überlegenheit auszuspielen“, so der Bundestrainer. Vor allem athletisch kommt auf die Nationalspieler Schwerstarbeit zu, die Brasilianer pflegen ein sehr körperbetontes Spiel. „Das ist ein eingeschworenes Team, das seit fünf, sechs Jahren so zusammen spielt“, sagte Prokop. „Aber wir wissen um unsere Stärke und wollen weiter Schwung aufnehmen.“
Dabei setzt das DHB-Team auf die Unterstützung der Fans in Berlin. Kapitän Uwe Gensheimer war angetan von der Auftaktkulisse, stellte aber fest: „Da geht noch mehr.“13 500 Zuschauer in der ausverkauften Arena und über sechs Millionen vor dem Fernseher sorgten für ein Stimmungshoch. „Für mich ist es ein Stück weit überraschend, dass es gleich solche TV-Quoten gab. Das zeigt, dass die Euphorie da ist und Handball funktioniert“, sagte DHBVizepräsident Bob Hanning.
Diese Euphorie soll mit einem weiteren Sieg geschürt werden. Doch die deutsche Mannschaft ist gewarnt. Zehnmal standen sich beide Teams bisher gegenüber, nur einmal verlor die DHB-Auswahl – 2016 bei den Olympischen Spielen. „Ich kann mich noch gut an die Niederlage in Rio erinnern“, sagte Gensheimer. „Dieses Mal wollen wir es auf heimischem Boden besser machen.“