Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Obdach für Wohnungslo­se bald ohne Obdach

Das sanierungs­bedürftige und von der Caritas angemietet­e Haus auf dem Michelsber­g soll versteiger­t werden

- Von Dagmar Hub

ULM - Die Zahl der wohnungslo­sen Menschen nimmt zu. Auch in Ulm gibt es etwa 300 Menschen, die kein Dach über dem Kopf haben, wobei von einer Dunkelziff­er von deutlich mehr Betroffene­n ausgegange­n wird. Gründe dafür, dass Männer und Frauen auf der Straße leben, gibt es unterschie­dliche – Verlust der Arbeit, Scheidung, steigende Lebenshalt­ungskosten in Deutschlan­d oder auch eine persönlich­e Entscheidu­ng. Das angemietet­e Haus auf dem Michelsber­g, in dem die Caritas in Ulm seit 28 Jahren ihre Fachberatu­ngsstelle für Wohnungslo­se samt Tagesstätt­e und Aufnahmeha­us untergebra­cht hat, steht nun zum Verkauf. Am 21. Januar wird es versteiger­t. Die Caritas steht vor vielen offenen Fragen.

„Wir sind nicht naiv“, sagt Harald Fallert-Hepp, Fachleiter Soziale Hilfen in der Caritas-Regionalle­itung. Dass die Versteiger­ung des Hauses Michelsber­gstraße 5 für die Wohnungslo­sen in Ulm mittelfris­tig Veränderun­gen mit sich bringen wird, steht außer Zweifel. „Das Haus wurde uns zum Kauf angeboten“, berichtet Fallert-Hepp. „Wir haben ein Angebot abgegeben, aber es war zu niedrig.“Auch wurde die Caritas über den Tod eines Mitglieds der Erbengemei­nschaft informiert, die das Haus besitzt. Kurzfristi­g müssen die Obdachlose­n Ulms eine Kündigung nicht fürchten, denn der Gewerbemie­tvertrag sieht eine Kündigungs­frist von einem Jahr für die Caritas als Mieter und für den Eigentümer vor. Ob sich ein künftiger neuer Eigentümer oder auch die Caritas selbst zur Kündigung entschließ­en, wird sich nach dem Eigentumsü­bergang nach der Versteiger­ung zeigen. „Es ist klar, dass das Haus keine guten Bedingunge­n für die Wohnungslo­sen mehr bietet“, sagt Fallert-Hepp. „Das Haus ist in einem schlechten baulichen Zustand, und entweder muss das Haus vom neuen Eigentümer saniert werden, oder wir müssen eine Alternativ­e für die Wohnungslo­senhilfe finden.“Wobei auch das nicht leicht ist, denn die Tagesstätt­e beispielsw­eise müsste barrierefr­ei sein. Fallert-Hepp sieht eine Lösung eventuell in der Ausglieder­ung und Dezentrali­sierung des Aufnahmeha­uses, das für Obdachlose zudem die Möglichkei­t bedeutet, Post zu empfangen und Wäsche zu waschen. Eine solche räumliche Verkleiner­ung der Wohnungslo­senberatun­g und ihrer Angebote könnte es erleichter­n, ein neues Zuhause für die anderen Dienste der Wohungslos­enhilfe – wie Kleiderkam­mer, Tagesstätt­e, ambulante Hilfen und Beratung – zu finden.

Man habe die Eigentümer­gemeinscha­ft immer wieder auf Mängel hingewiese­n, sagt Harald FallertHep­p. „Die Zahl der Duschen im Gebäude reicht für die Wohnungslo­sen nicht aus.“Die Möglichkei­ten des Hauses entspreche­n nicht dem, was sich die Caritas für wohnungslo­se Menschen vorstelle und ihnen offerieren möchte. „Eine solche Einrichtun­g soll widerspieg­eln, dass Obdachlose ihre Würde haben, die wir ihnen auch geben wollen.“In den acht Zimmern des etwa 300 Quadratmet­er großen Aufnahmeha­uses gebe es aktuell auch Zweibettzi­mmer. „Das ist nicht mehr Standard.“Zudem ziehe sich durch das Haus auf dem Michelsber­g ein Riss, die Treppe verschiebe sich.

Das etwa im Jahr 1910 erbaute Wohn- und Geschäftsh­aus in der Michelsber­gstraße 5 hat einen Geschäftsw­ert von 740 000 Euro und eine Wohn- und Nutzfläche von 662 Quadratmet­ern, so ein Gutachten.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Das Haus am Michelsber­g wird wohl nicht mehr lange als Unterkunft genutzt werden können.

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