Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Bei verdächtigen Posts hilft die Polizei
Internetnutzer teilen auch in der Region unbedarft Beiträge mit fragwürdigem Inhalt
KREIS BIBERACH - In sozialen Netzwerken teilen Nutzer nicht nur süße Katzenbilder oder lustige Sprüche, sondern auch Zeugenaufrufe zu vermeintlichen Straftaten. Das kann spätestens dann zum Problem werden, wenn es sich hierbei nicht um polizeiliche Aufrufe handelt. Eine Entwicklung, die auch vor der Region um Biberach nicht haltmacht und die Jugendlichen genauso betrifft wie die Erwachsenen. Das Polizeipräsidium Ulm erklärt, wie sich Nutzer bei dubiosen Beiträgen verhalten sollten.
In der Facebookgruppe „Spotted Biberach“, in der anonym Beiträge veröffentlicht werden können, taucht vor Kurzem ein Post mit folgendem Inhalt auf: Vier junge Männer sollen an einem Abend auf dem Gigelberg in Richtung Friedenskirche grundlos auf einen 27-jährigen eingeschlagen haben. Die Autoren suchen nach Zeugen, verbunden mit der Hoffnung: „Die Übeltäter mit eurer Hilfe zu schnappen.“Dutzende Menschen teilen diesen Hinweis, obwohl nicht nachvollziehbar ist, wer der Urheber dieses Textes ist.
Anzeige ist eingegangen
Bei der Polizei ist hierzu eine Anzeige eingegangen, wie es auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“heißt. „Die Ermittlungen hierzu laufen. Es wurde Anzeige gegen eine noch unbekannte Vierer-Gruppe erstattet“, berichtet die Sprecherin des Polizeipräsidiums Ulm, Claudia Kappeler. Der Verletzte habe nach dem Vorfall selbst einen Arzt aufgesucht. Dass Angehörige auf eigene Faust nach den Tätern suchten, sei nicht ungewöhnlich. Zuvor war in zwei weiteren Beiträgen gar die Rede von Selbstjustiz. „Falls jemand was gesehen hat, meldet euch oder die Täter selber [...] Es wird keine Polizei gerufen, wir klären das privat“, heißt es in einem Post, der inzwischen aus der Gruppe verschwunden ist. Der „Schwäbischen Zeitung“liegt jedoch ein Screenshot vor.
Um einen Einzelfall handelt es sich hierbei nicht. Immer wieder tauchen in lokalen Facebook-Gruppen Beiträge mit Inhalt über vermeintliche Straftaten auf, bei denen unklar ist, wer der Autor ist und ob überhaupt Anzeige erstattet wurde. Gerüchte können sich dadurch schnell verbreiten und lassen sich kaum mehr einfangen. Wer sich die Mühe macht, Facebook solche Beiträge zu melden, erhält oftmals eine automatisierte Antwort mit dem Hinweis, die Inhalte würden nicht gegen die Gemeinschaftsstandards des Unternehmens verstoßen.
Auf mehr Unterstützung können Nutzer bei der Polizei hoffen. „Bei verdächtigen Posts sollten sich die User an uns wenden“, teilt Kappeler mit. Am besten sollten Nutzer entweder den Link oder ein Screenshot des Beitrags angeben, damit die Polizei die erforderlichen Schritte einleiten könne. Die Beamten prüften die Hinweise dahingehend, ob eine Straftat vorliegt. Sollte dies der Fall sein, nimmt die Polizei die Ermittlungen auf, um den Sachverhalt aufklären zu können. Das Teilen von Aufrufen an sich sei nicht strafbar, erläutert Kappeler. „Es sei denn, dass der User strafbaren Inhalt hinzufügt.“
Doch inwiefern durchforstet die Polizei Gruppen oder Foren nach privaten Zeugenaufrufen und Gerüchten? „Das ist uns nicht möglich, da es eine Vielzahl von Foren, Gruppen beziehungsweise insbesondere lokalen Gruppen gibt, die mitunter auch privat sind und auf die wir keinen Zugriff haben“, so die Sprecherin. Anders verhält es sich mit der Facebook-Seite des Polizeipräsidiums Ulm. Sollten dort Gerüchte gepostet
„Mein Eindruck ist, dass die Jugendlichen mittlerweile ein bisschen sensibilisierter sind.“Hermann Schnirring vom Kreismedienzentrum zum Umgang von Jugendlichen mit sozialen Netzwerken.
oder besprochen werden, würden diese „so gut es geht“klargestellt werden: „Werden wir direkt angesprochen, stellen wir die Situation ebenfalls klar.“
Fake News oder Verschwörungstheorien im Netz sind ein Thema, mit dem sich auch das Kreismedienzentrum seit Jahren intensiv auseinandersetzt. „Mein Eindruck ist, dass die Jugendlichen mittlerweile ein bisschen sensibilisierter sind“, berichtet Hermann Schnirring, der betont, keine pauschalen Antworten geben zu können. Trotz kleiner Fortschritte wünsche er sich, dass die Aufklärung über den Umgang mit sozialen Netzwerken fester Bestandteil des Unterrichts werde, weil junge Menschen Unterstützung bräuchten.
Er rät, bei Beiträgen mit zweifelhaftem Inhalt die Quelle zu prüfen und eine Rückwärtssuche bei Fotos zu machen: „Und natürlich seinen gesunden Menschenverstand einzuschalten.“Das gelte auch für die Erwachsenen: „Soziale Netzwerke werden ganz bewusst eingesetzt, um Wähler zu beeinflussen.“Zudem entwickelt sich Facebook immer mehr zur Plattform für die Älteren, Jugendliche sind dort immer weniger vertreten. „Für Jugendliche, mit denen wir zu tun haben, sind die Hauptkanäle mittlerweile Instagram, Whatsapp oder Snapchat“, erläutert Schnirring. Doch auch hier seien Aufklärung und ein sensibler Umgang wichtig.