Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Der Ozean als Müllhalde: Allein im Nordpazifik treiben rund 80 000 Tonnen Plastik
Die größte Müllkippe der Welt ist mit bloßem Auge kaum zu erkennen: Zwischen Hawaii und Kalifornien treibt im Nordpazifik der Great Pacific Garbage Patch – ein Müllstrudel von 1,6 Millionen Quadratkilometern, viermal so groß wie Deutschland. Rund 80 000 Tonnen Plastik schwimmen hier draußen in einem der fünf großen Müllstrudel der Weltmeere. Dass er kaum zu erkennen ist, liegt daran, dass das Plastik, das sich infolge von Strömungen sammelt, größtenteils unter
der Wasseroberfläche schwimmt. Und vieles davon ist fürs menschliche Auge komplett unsichtbar: Allein im Great Pacific Garbage Patch sollen sich 1,8 Billionen Plastikteilchen befinden, die kleiner als fünf Millimeter sind.
Eine nahezu unvorstellbare Zahl – ähnlich den geschätzten zehn Millionen Tonnen Plastik, die jedes Jahr in die Ozeane gelangen. Einer Studie der US-Umweltwissenschaftlerin Jenna Jambeck zufolge stammt mehr als die Hälfte davon aus fünf
Ländern, vor allem aus China, Indonesien und den Philippinen, wo es vielerorts kein vernünftiges Entsorgungsoder Recyclingsystem gibt. Daraus zu schließen, dass Europa und Nordamerika bei dem Problem außen vor sind, wäre jedoch falsch – nicht zuletzt, weil Länder wie Deutschland und die USA ihren Verpackungsmüll im großen Stil nach Asien exportieren.
Etwa 80 Prozent der Kunststoffe, die in den Ozeanen landen, stammt von Land – und gelangt meist über
Flüsse ins Meer. Sie transportieren laut einer Datenauswertung deutscher Umweltforscher bis zu vier Millionen Tonnen Plastik pro Jahr in die Ozeane. 90 Prozent davon entfallen dabei allein auf zehn Flüsse – darunter acht in Asien, an der Spitze der Jangtse, der Indus und der Gelbe Fluss.
Einmal im Meer, bleiben all die Plastiktüten, Fischernetze, Strohhalme, Flaschen und sonstigen Kunststoffe dort für lange Zeit. Denn Plastik wird nicht vollständig abgebaut,
sondern nur langsam von Wind, Wellen und Sonne zersetzt – im Fall einer PET-Flasche dauert das geschätzte 450 Jahre. Doch auch danach ist das Problem noch nicht gelöst, denn als winzige Kunststoffteile, sogenanntes Mikroplastik, schwimmen die Reste ja weiterhin in den Ozeanen. Dort sterben Schätzungen zufolge pro Jahr um die 100 000 Meerestiere und bis zu einer Million Seevögel durch den Plastikmüll. Eine Gefahr ist, dass sich Tiere in den Abfällen verheddern und verenden; eine andere, dass sie Plastikteile mit Nahrung verwechseln, wodurch sie ersticken, tödliche Verstopfungen erleiden oder bei vollem Bauch verhungern. Über die Nahrungskette gelangen winzige Kunststoffteile auch in den menschlichen Organismus. Forscher der Uni Wien haben im Vorjahr erstmals Mikroplastik in menschlichen Stuhlproben nachgewiesen – bei Probanden weltweit. Über die Folgen für die Gesundheit ist bislang noch wenig bekannt.