Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Verhandler
Von seinen Mitgliedern wurde er am Rande der Länder-Tarifrunde fast so frenetisch gefeiert wie ein Popstar, für Arbeitgeber ist er ein harter Brocken: VerdiBundeschef Frank Bsirske. Der Tarifabschluss für die Angestellten der Länder war sein letzter Coup. Nach insgesamt 30 Jahren Gewerkschaftsarbeit tut er das, was er anderen immer ersparen wollte – er geht nicht mit 63 Jahren, sondern im September mit 67 in Rente.
Bsirske wurde am 10. Februar 1952 im niedersächsischen Helmstedt an der Grenze zu Sachsen-Anhalt als Kind einer Arbeiterfamilie geboren. Nach seinem Studium der Politikwissenschaft stieg er in der VerdiVorgängergewerkschaft ÖTV auf. Bsirske ist Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen. Er ist nicht nur Verdi-Chef, sondern sitzt als Arbeitnehmervertreter auch in Aufsichtsräten von Großunternehmen.
Mit fünf Bundesinnenministern handelte Bsirske die Angestelltengehälter bei Bund und Kommunen aus. Auf Länderseite stellte ihn der CDU-Politiker und Finanzminister Hartmut Möllring aus seinem Heimatland Niedersachsen als Verhandlungschef der Länder-Arbeitgebervereinigung TdL vor die wohl schwerste Herausforderung seines Berufslebens. Möllring habe es 2006 darauf angelegt, Verdi „das Kreuz zu brechen“, erinnert sich Bsirske. Erst nach 14 Wochen Erzwingungsstreik kam es zum Kompromiss. Als großen politischen Erfolg seiner rund 20jährigen Amtszeit sieht Bsirske den Mindestlohn in Deutschland, das EU-weit den größten Niedriglohnsektor besitzt. Im Herbst braucht Verdi einen Nachfolger, Bsirske tritt beim Bundeskongress seiner Gewerkschaft Ende September in Leipzig nicht wieder an.
Ein ungelöstes Problem: Ungeachtet der gewachsenen Streiklust und trotz besserer Lohnabschlüsse leidet Verdi seit vielen Jahren unter Mitgliederschwund. Der demografische Wandel trifft auch die Gewerkschaften. Das „Handelsblatt“kürte sie spitz zu Deutschlands größten Rentnerklubs. Bald ist Bsirske einer von ihnen. (AFP)