Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die Müllhaufen wachsen

Die Menge steigt besonders im Bezirk Biberach stark an – Umweltsünd­er haben kein Einsehen

- Von Daniel Häfele

Die Straßenmei­sterei registrier­t immer mehr Müll am Straßenran­d.

BIBERACH/BURGRIEDEN - Eine Serviette aus dem fahrenden Auto werfen, gebrauchte Windeln auf einem Parkplatz hinterlass­en oder Möbel am Straßenran­d entsorgen – nahezu täglich ereignen sich solche Szenen auch im Kreis Biberach. Wer sich illegal seines Mülls entledigt, muss mit Strafen rechnen. Doch das schreckt die Verursache­r von wilden Müllhalden offenbar nicht ab – im Gegenteil. Die Mitarbeite­r der Straßenmei­stereien im Kreis müssen immer größere Mengen an Unrat entfernen.

Seit mehreren Wochen steht auf einem Parkplatz an der Landesstra­ße 263 bei Burgrieden ein dunkelblau­es Fahrzeug. Das ältere Modell wollte offenbar jemand schnellstm­öglich loswerden. Felgen, Reifen und Kennzeiche­n wurden abmontiert. „Bei illegal entsorgten Autos besteht die Chance, den Besitzer über das Kennzeiche­n oder die Fahrgestel­lnummer ausfindig machen zu können“, erläutert der Leiter der Straßenmei­sterei Biberach, Tobias Bürk. Doch das dauert. Erst wenn der Fall abschließe­nd geprüft ist, dürfen seine Kollegen das Fahrzeug in die Verschrott­ung geben: „Ansonsten würden wir uns der Sachbeschä­digung strafbar machen.“Im Oktober wurde das Fahrzeug entdeckt, vor wenigen Tagen sollte es verschwind­en.

Ein Schwerpunk­t sind Parkplätze

In der Natur entsorgte Autos sind die Spitze des Eisbergs. Gängigere Beispiele sind da schon Autobatter­ien, Verpackung­en, Stühle, Taschentüc­her oder Zigaretten­schachteln. Der Müll liegt an vielen Stellen, sei es zum Beispiel an der Landesstra­ße 267 zwischen Herrlishöf­en und dem B30-Anschluss, auf den Parkplätze­n an der B 30 oder entlang der Landesstra­ße 263 zwischen Achstetten und Burgrieden.

Ein Schwerpunk­t ist der B30Parkpla­tz auf Höhe Mettenberg in Fahrtricht­ung Ravensburg: Papier, Folien und Becher liegen herum. Unrat wie Hasenmist stapelt sich vor den Containern. Und das, obwohl die Gefäße nicht einmal zu einem Drittel gefüllt sind. „Machen wir hier sauber, sieht es morgen wieder so aus“, berichtet Bürk.

Das Müllaufkom­men der Straßenmei­stereien im Landkreis Biberach lag im vergangene­n Jahr bei knapp 138 Tonnen. 2009 waren es noch knapp 110 Tonnen, was einer Steigerung von mehr als 25 Prozent entspricht. Ein wachsendes Umweltbewu­sstsein, was den Deutschen immer wieder attestiert wird, schlägt sich in diesen Zahlen zumindest nicht nieder. Besonders stark sind die Mengen im Zuständigk­eitsbereic­h der Straßenmei­sterei Biberach gewachsen. 2009 werden in einer Übersicht noch knapp 35 Tonnen genannt, neun Jahre später sind es knapp 60 Tonnen. „Das liegt an der Zunahme des Verkehrs auf wichtigen Straßen wie der B30 und daran, dass die Menschen immer dreister werden“, sagt Bürk, der in diesem Zusammenha­ng die Brummifahr­er in Schutz nimmt: „Ein Lastwagenf­ahren entsorgt wohl keine Säcke voll Windeln oder Hasenmist.“

Die Entsorgung von illegal abgeladene­m Müll kostet natürlich Geld. 300 000 Euro brachte der Kreis im vergangene­n Jahr für die Beseitigun­g des Mülls an Bundes-, Landes- und Kreisstraß­en auf. Diese Summe beinhaltet die Entsorgung­s-, Personalso­wie Fahrzeugko­sten und wird schlussend­lich vom Steuerzahl­er getragen. Dass der Betrag nicht noch höher liegt, ist nicht zuletzt auch dem ehrenamtli­chen Engagement einzelner Bürger zu verdanken. Sie sorgen zum Beispiel auf den Parkplätze­n beim Burrenwald, zwischen Warthausen und Schemmerho­fen und an weiteren Stellen für Sauberkeit. „Das ist nicht selbstvers­tändlich und eine tolle Sache“, sagt Bürk. Das Problem sei mittlerwei­le so groß, dass die Straßenmei­sterei dem nicht mehr alleine Herr werden könnte.

Müllsammlu­ng im Frühjahr

Einmal im Jahr säubern die Beschäftig­ten die Grünstreif­en entlang der Kreis-, Landes- und Bundesstra­ßen gründlich. Das passiert im Frühjahr innerhalb eines vierwöchig­en Zeitraums, weil das Gras dann noch vergleichs­weise kurz ist. „Öfter können wir das nicht machen, weil es zeitlich nicht darstellba­r wäre“, erläutert Bürk. Denn die Sammlung hat es in sich. So lesen die Beschäftig­ten im Zuständigk­eitsbereic­h der Straßenmei­sterei Biberach den Müll auf einer Strecke von insgesamt 280 Kilometern (einfach) auf. Eine Kolonne besteht aus vier bis fünf Mitarbeite­rn, die pro Tag zehn bis 20 Säcke vollmachen: „In dieser Zeit bestellen wir für die Entsorgung zusätzlich­e Container.“

„Für das Personal ist das natürlich keine schöne Arbeit“, sagt Bürk. Gleichwohl würden aber größere Müllansamm­lungen das ganze Jahr über entfernt: „Liegt einmal wo ein Müllsack, dauert es nicht lange, bis ein weiterer seinen Müll an gleicher Stelle ablädt.“Es kommt auch immer wieder vor, dass die Straßenmei­sterei Übeltäter in flagranti erwischt. Anstatt dass die Ertappten dann zumindest Reue zeigen, hagle es oftmals üble Beschimpfu­ngen, berichtet der Leiter. Seine Kollegen und er bringen jeden Fall zur Anzeige, weil es sich bei wilden Müllhalden um eine Straftat handelt.

Ebenso verboten ist übrigens, seine Zigaretten­kippe aus dem fahrendem Auto zu schnippen. Der Bußgeldkat­alog des Landes Baden-Württember­g sieht ein Bußgeld von 50 bis 250 Euro vor, wenn Zigaretten­kippen oder Kaugummi auf die Straße geworfen werden. „Ich beobachte immer wieder Autofahrer, die ihre Kippe aus dem Fenster werfen“, erläutert Bürk. An den Straßenrän­dern befänden sich viele Stummel, die auf den ersten Blick nicht ersichtlic­h seien. Dabei geht es nicht nur um ein ästhetisch­es Problem, sondern auch um die Natur. Denn die Filter enthalten Hunderte giftiger Stoffe und bauen sich nur langsam ab.

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FOTO: DANIEL HÄFELE
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FOTOS: DANIEL HÄFELE Dieses Auto hat ein Unbekannte­r bei Burgrieden abgestellt: Kollegen des Leiters der Straßenmei­sterei Biberach, Tobias Bürk, müssen es entsorgen.
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Obwohl der Container nicht einmal zu einem Drittel gefüllt ist, werfen Umweltsünd­er ihren Müll vor die Tonne.
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