Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Die Müllhaufen wachsen
Die Menge steigt besonders im Bezirk Biberach stark an – Umweltsünder haben kein Einsehen
Die Straßenmeisterei registriert immer mehr Müll am Straßenrand.
BIBERACH/BURGRIEDEN - Eine Serviette aus dem fahrenden Auto werfen, gebrauchte Windeln auf einem Parkplatz hinterlassen oder Möbel am Straßenrand entsorgen – nahezu täglich ereignen sich solche Szenen auch im Kreis Biberach. Wer sich illegal seines Mülls entledigt, muss mit Strafen rechnen. Doch das schreckt die Verursacher von wilden Müllhalden offenbar nicht ab – im Gegenteil. Die Mitarbeiter der Straßenmeistereien im Kreis müssen immer größere Mengen an Unrat entfernen.
Seit mehreren Wochen steht auf einem Parkplatz an der Landesstraße 263 bei Burgrieden ein dunkelblaues Fahrzeug. Das ältere Modell wollte offenbar jemand schnellstmöglich loswerden. Felgen, Reifen und Kennzeichen wurden abmontiert. „Bei illegal entsorgten Autos besteht die Chance, den Besitzer über das Kennzeichen oder die Fahrgestellnummer ausfindig machen zu können“, erläutert der Leiter der Straßenmeisterei Biberach, Tobias Bürk. Doch das dauert. Erst wenn der Fall abschließend geprüft ist, dürfen seine Kollegen das Fahrzeug in die Verschrottung geben: „Ansonsten würden wir uns der Sachbeschädigung strafbar machen.“Im Oktober wurde das Fahrzeug entdeckt, vor wenigen Tagen sollte es verschwinden.
Ein Schwerpunkt sind Parkplätze
In der Natur entsorgte Autos sind die Spitze des Eisbergs. Gängigere Beispiele sind da schon Autobatterien, Verpackungen, Stühle, Taschentücher oder Zigarettenschachteln. Der Müll liegt an vielen Stellen, sei es zum Beispiel an der Landesstraße 267 zwischen Herrlishöfen und dem B30-Anschluss, auf den Parkplätzen an der B 30 oder entlang der Landesstraße 263 zwischen Achstetten und Burgrieden.
Ein Schwerpunkt ist der B30Parkplatz auf Höhe Mettenberg in Fahrtrichtung Ravensburg: Papier, Folien und Becher liegen herum. Unrat wie Hasenmist stapelt sich vor den Containern. Und das, obwohl die Gefäße nicht einmal zu einem Drittel gefüllt sind. „Machen wir hier sauber, sieht es morgen wieder so aus“, berichtet Bürk.
Das Müllaufkommen der Straßenmeistereien im Landkreis Biberach lag im vergangenen Jahr bei knapp 138 Tonnen. 2009 waren es noch knapp 110 Tonnen, was einer Steigerung von mehr als 25 Prozent entspricht. Ein wachsendes Umweltbewusstsein, was den Deutschen immer wieder attestiert wird, schlägt sich in diesen Zahlen zumindest nicht nieder. Besonders stark sind die Mengen im Zuständigkeitsbereich der Straßenmeisterei Biberach gewachsen. 2009 werden in einer Übersicht noch knapp 35 Tonnen genannt, neun Jahre später sind es knapp 60 Tonnen. „Das liegt an der Zunahme des Verkehrs auf wichtigen Straßen wie der B30 und daran, dass die Menschen immer dreister werden“, sagt Bürk, der in diesem Zusammenhang die Brummifahrer in Schutz nimmt: „Ein Lastwagenfahren entsorgt wohl keine Säcke voll Windeln oder Hasenmist.“
Die Entsorgung von illegal abgeladenem Müll kostet natürlich Geld. 300 000 Euro brachte der Kreis im vergangenen Jahr für die Beseitigung des Mülls an Bundes-, Landes- und Kreisstraßen auf. Diese Summe beinhaltet die Entsorgungs-, Personalsowie Fahrzeugkosten und wird schlussendlich vom Steuerzahler getragen. Dass der Betrag nicht noch höher liegt, ist nicht zuletzt auch dem ehrenamtlichen Engagement einzelner Bürger zu verdanken. Sie sorgen zum Beispiel auf den Parkplätzen beim Burrenwald, zwischen Warthausen und Schemmerhofen und an weiteren Stellen für Sauberkeit. „Das ist nicht selbstverständlich und eine tolle Sache“, sagt Bürk. Das Problem sei mittlerweile so groß, dass die Straßenmeisterei dem nicht mehr alleine Herr werden könnte.
Müllsammlung im Frühjahr
Einmal im Jahr säubern die Beschäftigten die Grünstreifen entlang der Kreis-, Landes- und Bundesstraßen gründlich. Das passiert im Frühjahr innerhalb eines vierwöchigen Zeitraums, weil das Gras dann noch vergleichsweise kurz ist. „Öfter können wir das nicht machen, weil es zeitlich nicht darstellbar wäre“, erläutert Bürk. Denn die Sammlung hat es in sich. So lesen die Beschäftigten im Zuständigkeitsbereich der Straßenmeisterei Biberach den Müll auf einer Strecke von insgesamt 280 Kilometern (einfach) auf. Eine Kolonne besteht aus vier bis fünf Mitarbeitern, die pro Tag zehn bis 20 Säcke vollmachen: „In dieser Zeit bestellen wir für die Entsorgung zusätzliche Container.“
„Für das Personal ist das natürlich keine schöne Arbeit“, sagt Bürk. Gleichwohl würden aber größere Müllansammlungen das ganze Jahr über entfernt: „Liegt einmal wo ein Müllsack, dauert es nicht lange, bis ein weiterer seinen Müll an gleicher Stelle ablädt.“Es kommt auch immer wieder vor, dass die Straßenmeisterei Übeltäter in flagranti erwischt. Anstatt dass die Ertappten dann zumindest Reue zeigen, hagle es oftmals üble Beschimpfungen, berichtet der Leiter. Seine Kollegen und er bringen jeden Fall zur Anzeige, weil es sich bei wilden Müllhalden um eine Straftat handelt.
Ebenso verboten ist übrigens, seine Zigarettenkippe aus dem fahrendem Auto zu schnippen. Der Bußgeldkatalog des Landes Baden-Württemberg sieht ein Bußgeld von 50 bis 250 Euro vor, wenn Zigarettenkippen oder Kaugummi auf die Straße geworfen werden. „Ich beobachte immer wieder Autofahrer, die ihre Kippe aus dem Fenster werfen“, erläutert Bürk. An den Straßenrändern befänden sich viele Stummel, die auf den ersten Blick nicht ersichtlich seien. Dabei geht es nicht nur um ein ästhetisches Problem, sondern auch um die Natur. Denn die Filter enthalten Hunderte giftiger Stoffe und bauen sich nur langsam ab.