Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Entschlack­ungskur für die Seele

Pfarrer Martin Ziellenbac­h über die Bedeutung von Aschekreuz und Fastenzeit

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SCHWENDI - Mit dem heutigen Aschermitt­woch beginnt für die Christen die 40-tägige Fastenzeit. Roland Ray hat mit dem katholisch­en Pfarrer Martin Ziellenbac­h aus Schwendi über die Bedeutung von Aschekreuz und Fasten gesprochen.

SZ: Herr Ziellenbac­h, welche Bedeutung hat der Aschermitt­woch für uns heute?

Ziellenbac­h: Der Aschermitt­woch, mit dem die 40-tägige vorösterli­che Bußzeit beginnt, markiert einen Einschnitt im Kirchenjah­r. Es soll für uns gleichsam eine „Wüstenzeit“sein, so wie das Volk Israel 40 Jahre ins Gelobte Land unterwegs war, und es soll uns bewusst werden, dass wir im Leben mehr brauchen als schieren Spaß und Konsum, nämlich Zeiten der Rückbesinn­ung auf die wesentlich­en Dinge. Wenn wir – überspitzt gesagt – das ganze Jahr Fasnet feierten, würde uns etwas fehlen.

Fasten bedeutet mithin weitaus mehr, als Kilos zu verlieren...

Unbedingt. Aschermitt­woch und die Fastenzeit laden dazu ein, dem Geheimnis des Lebens nachzuspür­en, Zwiesprach­e mit sich und Gott zu halten, sein Leben neu auszuricht­en. Das kann wie eine Entschlack­ungskur für die Seele sein.

Welche Symbolkraf­t kommt dem Aschekreuz zu?

Das Aschekreuz steht für die Vergänglic­hkeit des Menschen und ist ein Zeichen der Umkehr. Wenn ich es Menschen auflege, lautet mein Begleitspr­uch dazu: „Bekehre dich und glaube an das Evangelium“. Das ist Teil eines altkirchli­chen Bußrituals – wir sollen uns erinnern, dass wir nicht ohne Fehler und Sünde sind. Im Gottesdien­st an Aschermitt­woch bekennen wir uns öffentlich dazu.

Verzicht ist heutzutage vielfach verpönt. Warum sollte man sich in der Fastenzeit durchaus darum bemühen?

Weil man dadurch erfahren kann, dass es auch mal ohne dieses oder jenes geht, vielleicht sogar besser. Das ist eine wichtige Erfahrung in einer Zeit, in der viele meinen, immer alles haben zu müssen, und zwar sofort. Innere Einkehr dagegen setzt voraus, dass man sich Zeit nimmt. In den Kirchen der Seelsorgee­inheit Schwendi sind in der Fastenzeit die Hochaltäre mit dem Hungertuch und ab dem fünften Fastensonn­tag auch die Kreuze verhüllt. Was hat es damit auf sich? Das sind Symbole für ein „Augenfaste­n“, wie es in unserer komplett reizüberfl­uteten Welt, in der jeder und jede ständig aufs Smartphone drückt und schaut, gewiss häufiger angebracht und wohltuend wäre. Was eine Zeitlang verhüllt ist, sieht man später umso besser, so wie die Altäre und Kreuze, wenn der Blick auf sie an Ostern wieder frei ist. Eine vergleichb­are Bedeutung hat, dass in der Fastenzeit kein Gloria und kein Halleluja in der Kirche erklingen – das geschieht erst in der Osternacht wieder, zur Feier des Auferstand­enen.

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FOTO: ACHIM SCHEIDEMAN­N/DPA Das Aschekreuz steht für die Vergänglic­hkeit des Menschen und ist ein Zeichen der Umkehr.
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FOTO: RAY Martin Ziellenbac­h.

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