Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Herrlich politisch unkorrekt
Froschkutteln in Riedlingen mit Wein, Gesang und guten Vorträgen in „frauenfreier Zone“
RIEDLINGEN - „Rutschet runter, rutschet runter, rutschet ra, ra, ra...“– wenn dieses Lied der Weiber von der Stadt vor dem Riedlinger Rathaus zu hören ist, dann heißt das in erster Linie eines für die Männer im Rathaus: Drei Stunden Froschkutteln in frauenfreier Zone mit Wein und Narrenliedern sind wieder vorbei. Und mit Vorträgen, die sich die Stadtpolitik, Narrenkollegen und – ganz traditionell – auch Neufra vorknöpften. Wie immer war es witzig, spritzig und dermaßen politisch unkorrekt, dass es eine Freude für alle Teilnehmer war. Eben „das höchste Fest im Jahreslauf“, so Zunftmeister Thomas Maichel.
Es ist schon eine besondere Tradition, die jedes Jahr über 350 Männer zum Froschkutteln treibt. Eng an eng sitzen sie an langen Tischen. Weinflaschen stehen auf dem Tisch, Löffel und Wecken liegen bereit für das spätere Kuttelnmahl. Der Ehrentisch gut besetzt mit dem Ministerpräsidenten Winfried „Kretsche“Kretschmann und weiteren Promis aus Politik und anderen öffentlichen Ämtern. Aber ansonsten gilt – in der Kuttelnhalle sind alle gleich. Jeder an seinem Platz, den er seit Jahren verteidigt, meist mit den gleichen Sitzkollegen wie seit Jahr und Tag.
Mit jedem Schluck Wein, mit jedem Lied und jedem Vortrag steigt die Stimmung. Nach dem Gole-Lied zu Ehren des Fasnetsherrschers schreitet Lothar Sauter ans Pult und eröffnet ganz traditionell den Reigen der Vorträge. Sauter knöpft sich in fein formulierten Reimen dieses Jahr den Gemeinderat und auch das Geschehen um den Schwanen vor. „Als Bürger dieser Donaustadt, die faktisch kein Theater hat, kannst trotzdem eines besuchen, ohne eine Kart’ zu buchen. Du setzt dich einfach frank und frei, in eine Stadtratssitzung ’nei. Denn dort erlebst du immer meh’, Theater und auch Kabarett.“
Er schildert auf witzige Weise seine Erlebnisse einer Ratssitzung, mit Räten, die zu spät kommen, die sich nicht an Themen halten, die Tagesordnung ignorieren. „Ein Chaos aber doch ganz schee, denn das hat was von Kabarett“, reimt Sauter. Geht aufs Stadthallenareal, auf „Vizeschultes Leitz“und weitere Entwicklungen ein und fordert eine Halle für den Gole. „Denn eines ist schon heute klar. Nach Neufra gehen wir nicht nächstes Jahr.“
Aber auch das Sanierungsprojekt des Schwanen hat es Sauter angetan, wo die Stadt das neu sanierte Gebäude und den Neubau von einer Investorengruppe auf zwölf Jahre angemietet habe. „Alles ist hier ganz legal, doch fehlt mir etwas die Moral“, wenn gleichzeitig Friedhofsgebühren erhöht und Bürger zur Kasse gebeten werden. „Dann könnt ich spucken wie ein Lama, denn dann wird Kabarett zum Drama.“
Ein eher persönliches Drama schilderte Zunftmeister Thomas Maichel über Missgeschicke der „Familie Bau“. Kurz und präzise reimte Maichel eine missglückte Steckdosenverlegeaktion. Auch ein zweites Geschichtlein hatte er beizutragen, ein Urlaubsgeschichtlein von Familie Bau. Nach einer Radpanne wusch Sohnemann seine Hände in einem Brunnen in der Hofmitte – nur dass dies kein normaler Brunnen, sondern ein Schnapsbrunnen war – mit Durchlauf und Umwälzpumpe. „Durch Kettenfett und Bremsenöl läuft dieser Schnaps jetzt nab wie Öl“, gab Maichel noch sein Fasnetsfett dazu.
Ebenfalls ein Missgeschick aus Zunftkreisen schmückte Harry Reiner reimend aus. Das geschah nach dem WM-Spiel gegen Schweden, als Deutschland gewann. „Da träumt’ ma noch vom Weltpokal, beim Sieg übers Ikea-Wandregal“, reimte Reiner. Die Heimfahrt nach der Feier endete im Gebüsch, weil sich die sorgende Frau ihn just in dem Moment anrief, als er mit dem Rad heimfuhr. Die Suche nach dem Handy endete ...
„Hello again, ich sag einfach hello again ...“– wenn Klaus Gegier, alias Gogo, als letzter Reder ans Pult tritt, geht der Gesang des Saales ihm schon voraus. Und Gegier enttäuschte einmal mehr nicht mit seinem Vortrag, der sich zunächst damit befasste, dass in Riedlingen Straßen nicht erleuchtet seien. „Hell sind wir auf keinen Fall, fast schon ein schwarzes Loch im All“, ätzte Gegier. Aber auch Role Uhl und die Grünen bekamen ihr Fett ab. „Wegen jeder blöden Pappel, gehen die Ökocowboys aus dem Sattel“und „Der Uhl soll d’Seidenstraß bereisen, mit Rasensamen um sich schmeißen. Um von Chinas höchsten Dünen, die Wüste Gobi zu begrünen“.
Aber natürlich kam auch Neufra in seiner Rede nicht zu kurz – in Anwesenheit von Neufras Zunftmeister Uli Hennes, der dies wie immer erwartete. Gegier spöttelte über den angeblichen Vorfall in Neufra, als einem Schiri in Neufra in den Schuh gepinkelt worden sein soll. „In Neufra ist man aber schon, in einer ganz anderen Dimension. Weil dort der Sprachschatz nicht mehr reicht, hat man ihm in Schuh neigseicht.“