Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Neuer Mietspiegel für Ulm und Neu-Ulm
Er soll Streits verhindern und die Kosten für Mieter durchschaubar machen
ULM - Zahle ich zu viel? Verlange ich zu wenig? Der qualifizierte Mietspiegel der Städte Ulm und Neu-Ulm hilft Mietern und Vermietern. Sie können darin nachlesen, wie hoch die ortsübliche Vergleichsmiete in der Doppelstadt ist – und ausrechnen, ob eine Erhöhung rechtlich erlaubt ist oder eben nicht. Nun soll ein neuer qualifizierter Mietspiegel nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt werden. Ausgewertet werden die in beiden Städten realen Mieten, wie sie in den letzten vier Jahren vereinbart oder geändert worden sind. Zu diesem Zweck bekommen 10 000 Haushalte im März und April Post. Die Aktion beginne in voraussichtlich zwei bis drei Wochen, kündigt Martina Banschbach vom Team Wohnen der Stadt Ulm an. Derzeit laufen letzte Vorbereitungen. „Wenn es keinen qualifizierten Mietspiegel gibt, ist das Verfahren für Vermieter komplizierter und für Mieter nicht so transparent“, sagt sie.
Ein Mietspiegel soll nicht nur die Prüfung der Miethöhe ermöglichen, sondern auch helfen, Streits und Gerichtsverfahren zu vermeiden. Qualifiziert ist er, wenn er nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Kommune oder den Interessenvertretern von Vermietern und Mietern anerkannt wurde. Auch die regelmäßige Fortschreibung und Neuanfertigung ist gesetzlich festgelegt.
Der erste qualifizierte Mietspiegel der beiden Städte wurde 2015 erstellt. Damals besuchten 40 Interviewer zufällig ausgewählte Bürger zuhause. Diesmal werden die Zahlen anders erhoben. „Viele Leute haben ein Problem damit, einen Fremden in die Wohnung zu lassen“, begründet Banschbach. Um auch Jüngere zur Teilnahme zu bewegen, kann der postalisch verschickte Fragebogen auch online ausgefüllt werden. Die wieder nach dem Zufallssystem ausgewählten Haushalte bekommen einen individualisierten FreischaltCode.
Die Bürger sollen ausschließlich wohnungsbezogene Fragen beantworten, etwa zur Größe, zum Alter und zu den Kosten. „Selbstverständlich achten wir sehr streng auf alle datenschutzrechtlichen Vorgaben“, verspricht Ulms Baubürgermeister Tim von Winning.
Transparenz auf dem Mietmarkt
2017 wurde der Mietspiegel von 2015 fortgeschrieben. Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt, dass er alle vier Jahre neu erstellt werden muss – jetzt ist es so weit. Der aktuelle qualifizierte Mietspiegel gilt noch bis 12. November. Die Verantwortlichen der Städte Ulm und Neu-Ulm hoffen auf eine möglichst hohe Beteiligung. „Je mehr Befragte sich beteiligen, umso aussagekräftiger sind anschließend die Ergebnisse“, sagt Baubürgermeister von Winning. Auch NeuUlms Oberbürgermeister Gerold Noerenberg betont die Bedeutung der Umfrage: „So kann jeder einzelne mithelfen, für mehr Transparenz im Bereich der Mietpreise in unserer Doppelstadt zu sorgen.“Gerade hinsichtlich der Veränderungen auf dem Mietmarkt sei der Schritt enorm wichtig.
Mindestens 1500 verwertbare Antworten benötigt das ALP Institut für Wohnen und Stadtentwicklung aus Hamburg, um den qualifizierten Mietspiegel zu erstellen. Das Unternehmen übernimmt die Befragungen und die anschließende Analyse. Der Mieterverein und die Haus- und Grundeigentümer-Vereine sind in den Prozess eingebunden, Vertreter haben auch an zwei Workshops teilgenommen.
Die ortsübliche Netto-Vergleichsmiete unterscheidet sich je nach Baualter und Wohnungsgröße. Beim aktuellen qualifizierten Mietspiegel liegt sie zwischen 6,44 und 12,68 Euro pro Quadratmeter – je nachdem, wie groß und neu die Wohnung ist. Um die angemessenen Kosten genauer bestimmen zu können, gibt es ein Zuund Abschlagssystem. Bei barrierefreien Wohnungen oder Einheiten mit Parkettboden, Terrasse oder zweitem Bad sind beispielsweise prozentuale Zuschläge erlaubt. Bei Erdgeschosswohnungen gilt dagegen ein niedrigerer Preis als angemessen.
Eine ähnliche Regelung gibt es bei der Lage: zentral und gut angebunden oder in einem Ortsteil außerhalb der beiden Kernstädte? Das kann einen Unterschied in der Miethöhe rechtfertigen. Ob diese Bestimmungen auch in Zukunft gelten, stehe noch nicht fest, betont Martina Banschbach vom Team Wohnen der Stadt Ulm. „Wir müssen die Erhebung abwarten“, sagt sie.