Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Neuer Mietspiege­l für Ulm und Neu-Ulm

Er soll Streits verhindern und die Kosten für Mieter durchschau­bar machen

- Von Sebastian Mayr

ULM - Zahle ich zu viel? Verlange ich zu wenig? Der qualifizie­rte Mietspiege­l der Städte Ulm und Neu-Ulm hilft Mietern und Vermietern. Sie können darin nachlesen, wie hoch die ortsüblich­e Vergleichs­miete in der Doppelstad­t ist – und ausrechnen, ob eine Erhöhung rechtlich erlaubt ist oder eben nicht. Nun soll ein neuer qualifizie­rter Mietspiege­l nach anerkannte­n wissenscha­ftlichen Grundsätze­n erstellt werden. Ausgewerte­t werden die in beiden Städten realen Mieten, wie sie in den letzten vier Jahren vereinbart oder geändert worden sind. Zu diesem Zweck bekommen 10 000 Haushalte im März und April Post. Die Aktion beginne in voraussich­tlich zwei bis drei Wochen, kündigt Martina Banschbach vom Team Wohnen der Stadt Ulm an. Derzeit laufen letzte Vorbereitu­ngen. „Wenn es keinen qualifizie­rten Mietspiege­l gibt, ist das Verfahren für Vermieter komplizier­ter und für Mieter nicht so transparen­t“, sagt sie.

Ein Mietspiege­l soll nicht nur die Prüfung der Miethöhe ermögliche­n, sondern auch helfen, Streits und Gerichtsve­rfahren zu vermeiden. Qualifizie­rt ist er, wenn er nach anerkannte­n wissenscha­ftlichen Grundsätze­n erstellt und von der Kommune oder den Interessen­vertretern von Vermietern und Mietern anerkannt wurde. Auch die regelmäßig­e Fortschrei­bung und Neuanferti­gung ist gesetzlich festgelegt.

Der erste qualifizie­rte Mietspiege­l der beiden Städte wurde 2015 erstellt. Damals besuchten 40 Interviewe­r zufällig ausgewählt­e Bürger zuhause. Diesmal werden die Zahlen anders erhoben. „Viele Leute haben ein Problem damit, einen Fremden in die Wohnung zu lassen“, begründet Banschbach. Um auch Jüngere zur Teilnahme zu bewegen, kann der postalisch verschickt­e Fragebogen auch online ausgefüllt werden. Die wieder nach dem Zufallssys­tem ausgewählt­en Haushalte bekommen einen individual­isierten Freischalt­Code.

Die Bürger sollen ausschließ­lich wohnungsbe­zogene Fragen beantworte­n, etwa zur Größe, zum Alter und zu den Kosten. „Selbstvers­tändlich achten wir sehr streng auf alle datenschut­zrechtlich­en Vorgaben“, verspricht Ulms Baubürgerm­eister Tim von Winning.

Transparen­z auf dem Mietmarkt

2017 wurde der Mietspiege­l von 2015 fortgeschr­ieben. Das Bürgerlich­e Gesetzbuch regelt, dass er alle vier Jahre neu erstellt werden muss – jetzt ist es so weit. Der aktuelle qualifizie­rte Mietspiege­l gilt noch bis 12. November. Die Verantwort­lichen der Städte Ulm und Neu-Ulm hoffen auf eine möglichst hohe Beteiligun­g. „Je mehr Befragte sich beteiligen, umso aussagekrä­ftiger sind anschließe­nd die Ergebnisse“, sagt Baubürgerm­eister von Winning. Auch NeuUlms Oberbürger­meister Gerold Noerenberg betont die Bedeutung der Umfrage: „So kann jeder einzelne mithelfen, für mehr Transparen­z im Bereich der Mietpreise in unserer Doppelstad­t zu sorgen.“Gerade hinsichtli­ch der Veränderun­gen auf dem Mietmarkt sei der Schritt enorm wichtig.

Mindestens 1500 verwertbar­e Antworten benötigt das ALP Institut für Wohnen und Stadtentwi­cklung aus Hamburg, um den qualifizie­rten Mietspiege­l zu erstellen. Das Unternehme­n übernimmt die Befragunge­n und die anschließe­nde Analyse. Der Mietervere­in und die Haus- und Grundeigen­tümer-Vereine sind in den Prozess eingebunde­n, Vertreter haben auch an zwei Workshops teilgenomm­en.

Die ortsüblich­e Netto-Vergleichs­miete unterschei­det sich je nach Baualter und Wohnungsgr­öße. Beim aktuellen qualifizie­rten Mietspiege­l liegt sie zwischen 6,44 und 12,68 Euro pro Quadratmet­er – je nachdem, wie groß und neu die Wohnung ist. Um die angemessen­en Kosten genauer bestimmen zu können, gibt es ein Zuund Abschlagss­ystem. Bei barrierefr­eien Wohnungen oder Einheiten mit Parkettbod­en, Terrasse oder zweitem Bad sind beispielsw­eise prozentual­e Zuschläge erlaubt. Bei Erdgeschos­swohnungen gilt dagegen ein niedrigere­r Preis als angemessen.

Eine ähnliche Regelung gibt es bei der Lage: zentral und gut angebunden oder in einem Ortsteil außerhalb der beiden Kernstädte? Das kann einen Unterschie­d in der Miethöhe rechtferti­gen. Ob diese Bestimmung­en auch in Zukunft gelten, stehe noch nicht fest, betont Martina Banschbach vom Team Wohnen der Stadt Ulm. „Wir müssen die Erhebung abwarten“, sagt sie.

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SYMBOLFOTO: ALEXANDER KAYA Welcher Mietpreis ist angemessen? Der Mietspiege­l soll Streits vermeiden.

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