Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Jede Sperrung bringt einen Baufortschritt
Südbahn-Elektrifizierung: Sperrungen begleiten einen riesigen Baubetrieb
Südbahn-Elektrifizierung: Was wann und wo geschieht.
LAUPHEIM - Einmal noch in diesem Jahr müssen sich Bahnfahrer aus dem Raum Laupheim für ein paar Monate auf Schienenersatzverkehr einstellen, wenn sie nach Ulm wollen. Auch Biberacher müssen umsteigen, wenn es südwärts gen Aulendorf gehen soll. Aber das war’s dann für diese Abschnitte bei der Südbahn-Elektrifizierung. Ab 2020 wird am südlichen Ende Richtung Bodensee gebaut. 2021 soll Eröffnung sein, plant man bei der DB Netz AG.
Dieses Projekt, das über vier Jahre in vier Abschnitten stattfindet, ist so groß, dass nur wenige Beteiligte den vollen Überblick haben. Einer ist Andreas Blätzinger. Er ist einer der Leiter und kann Details aus dem Kopf herunterbeten. Er weiß, wann und wo es auf den 126 Kilometern zwischen Ulm und Lindau Behinderungen geben wird – und wann auch das kurze Stück zwischen LaupheimWest und -Stadtbahnhof fertig ist.
Zentrale im Donautal
Das Gewerbegebiet Donautal sieht so menschenleer aus, wie Gewerbegebiete eben sind. Mittendrin aber steht ein Gebäude, das sich regen Andrangs erfreut: Der TÜV Süd nimmt Führerscheinprüfungen ab. Für Bahnfahrer dürfte die oberste Etage interessant sein: Dort befindet sich das Hirn des größten Bahn-Bauprojekts seit Jahrzehnten in der Region, die Zentrale der Südbahn-Elektrifizierung. Das Baubüro hat am Eingang sogar ein eigenes Schild bekommen. Den Konferenzraum dominiert eine vier Meter lange Planzeichnung an der Wand: Das ist die Südbahn mit den Bauabschnitten. Dort wird fündig, wer in Gänze wissen möchte, wann und wo zwischen Ulm und Lindau Strecken gesperrt werden (siehe auch den Beitrag unten).
Die Initiative kam von der SZ, aber man gibt sich viel Mühe auf Seiten der Bahn, einmal das Projekt der Elektrifizierung und ihrer Auswirkungen auf der gesamten Strecke darzustellen. Andreas Blätzinger, der den Bau im Nordabschnitt leitet, wird flankiert von zwei Kollegen aus der Kommunikationsabteilung. Da ist Jürgen Friedmann, der als Referent für Öffentlichkeitsarbeit schon Bahn-Bauprojekte im ganzen Südwesten Deutschlands begleitet hat und sich als „glühender Bahner“bezeichnet, dem die übliche Kritik an Bahnversäumnissen im Allgemeinen und speziell auf der Südbahn „richtig wehtut“. Bestens vorbereitet ist seine Kollegin Julia Weber, die von Ulm aus Öffentlichkeitsarbeit betreibt. Sie stellt das Projekt in einer Powerpoint-Präsentation dar, beginnend beim königlichen Dekret von 1846.
Spannender wird’s in der Gegenwart. Der Ausbau der Südbahn ist seit vielen Jahren eine dringende Forderung der anliegenden Landkreise, die im Interessenverband Südbahn dafür kämpfen, die wirtschaftlich starke Region südlich von Ulm endlich adäquat mit Deutschland zu verknüpfen. Der Wunsch soll erfüllt werden. Wenn die 4000 Strommasten gesetzt und 253 Kilometer Bahngleis angepasst sind, sollen elektrische Züge mit bis zu 160 Stundenkilometern durchs Ländle rauschen – und dabei Städte wie Ravensburg, Biberach oder Laupheim umsteigefrei mit Stuttgart verbinden. Die große Vision ist die Möglichkeit, die Landeshauptstadt in weniger als einer Stunde zu erreichen – und dem ländlichen Schwaben neue Möglichkeiten zu eröffnen. Die Kosten seien nicht einfach zu beziffern, heißt es bei der Bahn. Sie werden vorsichtig auf über 300 Millionen Euro geschätzt.
Das große Projekt besteht aus Abschnitten mit regelmäßigen Sperrungen, von denen die Kundschaft während der insgesamt vierjährigen Bauzeit wechselweise betroffen ist. Aktuell trifft es Bahnreisende aus Biberach besonders. Gen Süden gibt es noch bis in den Juli hinein bis Aulendorf nur Schienenersatzverkehr per Bus, und in Richtung Laupheim wickelt die Bahn auf einem verbliebenen Gleis einen abgespeckten Fahrplan ab. Ab 2020 dann gilt im Norden der gewohnte Fahrplan. 2021 wird es spannend: Irgendwann in der zweiten Hälfte kommen erstmals Elektrozüge aufs Gleis, und Jürgen Friedmann verspricht: „Wir haben einen Termin: 19. Dezember ist Eröffnung. Den halten wir. Die Bahn steht für Pünktlichkeit.“