Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Pater, Seelsorger und Querdenker

Alfred Tönnis aus Oggelsbeur­en feierte 60. Geburtstag – Projekte in Syrien geplant

- Von Andreas Spengler

OGGELSBEUR­EN - Alfred Tönnis sagt, er feiere nicht seinen Geburtstag, sondern seinen zweiten Lebensabsc­hnitt. Seine schwere Krebserkra­nkung hat er besiegt – am Donnerstag wurde der frühere Pfarrer von Mittelbibe­rach und Schemmerho­fen 60 Jahre alt. Konkrete Pläne für seine nächsten Lebensabsc­hnitte hat der bekannte Pater aus Oggelsbeur­en bereits. Die könnten ihn schon bald in eine Krisenregi­on führen.

Eine Zeitlang zweifelte Tönnis an seinem Glauben. Als seine tief fromme Adoptivmut­ter an Krebs starb, war Alfred 18 Jahre alt. „An einen barmherzig­en Gott zu glauben und zu sehen, wie die Mutter so grausam stirbt, war eine Diskrepanz, die ich kaum verkraften konnte“, erzählt Tönnis. Doch er schöpfte neue Kraft und besann sich wieder auf seinen Glauben. „Ich habe zum Beispiel in einer Predigt gehört, dass man auch mal an seinem Glauben zweifeln darf.“

Eine Schnupperw­oche in einem Kloster in Neuss weckte sein Interesse am Ordenslebe­n und Tönnis wurde

„Ich habe in einer Predigt gehört, dass man auch mal an seinem Glauben zweifeln darf.“Pfarrer Alfred Tönnies

Priester. Für Aufsehen in der Region sorgte er, als er drei Jahre lang mit einem „Kloster auf Rädern“durch Deutschlan­d fuhr und dabei auch in Biberach Halt machte. 1995 wurde ihm die Stelle als Pfarrer für Mittelbibe­rach und Stafflange­n angeboten und Tönnis sagte zu. Zehn Jahre lang blieb er in Mittelbibe­rach, danach weitere elf Jahre in Schemmerho­fen, bis er vor fünf Jahren selbst an Krebs erkrankte. „Die Ärzte hatten mich bereits aufgegeben“, sagt Tönnis heute. Damals habe er sich gefragt: „Soll das jetzt alles zu Ende sein?“Nach einer geglückten Operation aber fasste er Lebensmut und wollte fortan ausschließ­lich als Seelsorger tätig sein.

2014 wurde die „Stiftung Heimat geben“in Oggelsbeur­en ins Leben gerufen, und als Initiator verschafft­e sich Tönnis schon bald ein Ansehen, das ihn deutschlan­dweit bekannt machte. In Oggelsbeur­en brachte der Pater das scheinbare Kunststück fertig, zeitweise bis zu 75 Asylsuchen­de aufzunehme­n, ohne dass es zu Spannungen im Ort kam.

Für seine teils unkonventi­onellen Pläne hat Tönnis nicht immer Zustimmung erhalten. Als Querdenker wollte er ein Traumazent­rum einrichten, fand dafür aber keine politische Unterstütz­ung. Tönnis sagt von sich selbst, er sei „kein Gutmensch“, sondern ein „ganz nüchterner Typ“. In der aktuellen Flüchtling­spolitik spricht er sich für schnellere Abschiebun­gen von Menschen aus, die kriminell geworden sind. „Sonst fördern wir nur das Misstrauen gegenüber Flüchtling­en.“Gleichzeit­ig aber müssten integratio­nswillige Menschen auch eine echte Chance erhalten. „Wenn die Menschen bereits einige Jahre in Deutschlan­d arbeiten, aber nicht wissen, ob sie bleiben dürfen, dann ist das einfach grausam.“

Seinen Geburtstag will Pater Alfred mit Menschen verbringen, die ihm wichtig sind. Nach der Moderation einer Radiosendu­ng macht er sich mittags auf zu einer psychisch kranken Patientin in Bad Schussenri­ed, will später einen Flüchtling im Untersuchu­ngsgefängn­is in Ravensburg besuchen und abends mit den Bewohnern der Flüchtling­sunterkunf­t in Oggelsbeur­en feiern. Am Samstag, 16. März, steht dann ein Festgottes­dienst mit geladenen Gästen in der Pfarrkirch­e in Oggelsbeur­en auf dem Programm.

Zukunft in Syrien geplant

Wenn die Festlichke­iten abgeschlos­sen sind, blickt Tönnis weiter nach vorne. Ende 2020 laufen die Verträge mit den Gemeinden im Kreis Biberach aus, die Flüchtling­e in Oggelsbeur­en untergebra­cht haben. Tönnis träumt bereits von einem neuen Projekt. Er will für längere Zeit nach Syrien gehen und ein Krankenhau­s mit einer Schule und einem Kloster mit aufbauen. Wenn Pater Alfred Tönnis davon erzählt, strahlt die Lebensfreu­de aus ihm. Er habe schwere Zeiten im Leben durchgesta­nden, meint er dann und fügt hinzu: „Aber ich denke, Gott will mich noch nicht im Himmel haben, weil ich dort wohl zu viel Unruhe stiften würde.“

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FOTO: PRIVAT Immer wieder ist PaterAlfre­d Tönnis im Libanon und in Syrien unterwegs, um den Geflüchtet­en auch vor Ort zu helfen.

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