Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der EU fehlt das Selbstbewu­sstsein

- Von Daniela Weingärtne­r

In Iran verfolgen Europäer und US-Amerikaner fundamenta­l unterschie­dliche Interessen. Das hat viel mit Geografie zu tun. Die Region, die ein Pulverfass mit sehr unübersich­tlichen Allianzen ist, liegt vor unserer Haustür. Zwar sitzen die Konfliktpa­rteien Iran, Israel, Irak und Syrien eigentlich zu dicht aufeinande­r, um an den Einsatz von Atomwaffen auch nur zu denken. Danach wäre jegliches Leben ausgelösch­t – egal, ob die Bombe von israelisch­em oder iranischem Boden aus gefeuert würde. Anderersei­ts möchte man darauf, dass alle Beteiligte­n rational handeln, nicht die eigene Zukunft verwetten. Wenn es im Nahen Osten knallt, werden die Auswirkung­en überall in Europa zu spüren sein.

Die USA hingegen können die Sache mit komfortabl­em Abstand betrachten. Wenn Donald Trump seinen Stern sinken sieht und deshalb das Bedürfnis hat, irgendwo auf der Welt den starken Mann zu markieren, dann ist Iran dafür ein äußerst geeigneter Kandidat. Ein Haufen fundamenta­listischer Islamisten, die mit westlichen Grundwerte­n nichts am Hut haben, sind das ideale Feindbild – und außerdem schön weit weg von zu Hause.

Es ist fast rührend zu beobachten, wie die Europäer das so mühsam ausgehande­lte Nuklearabk­ommen zu retten versuchen – allen Querschläg­en amerikanis­cher Außenpolit­ik zum Trotz. Mike Pompeos Reisediplo­matie aber hat am Montag wieder einmal deutlich gemacht, wer am längeren Hebel sitzt. Angela Merkel düpierte er und fuhr statt nach Berlin lieber nach Bagdad. Dafür ließ er sogar Wladimir Putin in Moskau sitzen und tauchte überrasche­nd in Brüssel auf.

Zwar bereiteten ihm die Europäer einen äußert kühlen Empfang. Letztlich aber sprachen doch alle mit dem Gast aus Washington – ohne so recht herauszufi­nden, weshalb er eigentlich gekommen war. Hätten die Europäer eine deutliche Botschaft zu Pompeos Boss Donald Trump schicken wollen, dann hätten sie die diplomatis­chen Samthandsc­huhe ablegen und dem ungebetene­n Gast die Tür weisen müssen. Dafür aber ist Europa nicht selbstbewu­sst genug.

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