Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Daimlers Pläne fürs Klima

Mercedes-Flotte soll spätestens 2039 CO2-neutral sein

- Von Annika Grah

STUTTGART (AFP) - Die Autos von Mercedes sollen bis zum Jahr 2039 dem Klima nicht mehr schaden. „Wir streben eine CO2-neutrale Neuwagen-Flotte in 20 Jahren an“, erklärte der künftige Daimler-Vorstandsc­hef Ola Källenius am Montag in Stuttgart. Als Zwischenzi­el will Mercedes bis 2030 mehr als die Hälfte seiner Autos mit Elektroant­rieb verkaufen. Der Schwede, der kommende Woche als Konzernche­f auf Dieter Zetsche folgt, sagte, 20 Jahre seien „kein langer Zeitraum, wenn man bedenkt, dass fossile Treibstoff­e unsere Industrie dominierte­n, seit Carl Benz und Gottlieb Daimler vor mehr als 130 Jahren das Auto erfunden haben“. Auch möchte der Autobauer die Produktion in seinen europäisch­en Fabriken bis 2022 klimaneutr­al gestalten.

Erst seit wenigen Tagen ist das erste vollelektr­ische Auto von Mercedes, ein SUV namens EQC, im Handel erhältlich.

SINDELFING­EN (dpa) - Bis 2039 will Daimler dafür sorgen, dass die weltweit verkauften Neuwagen CO2-neutral unterwegs sind. Welche Technologi­en allerdings genau zum Einsatz kommen werden, will sich der Autobauer offenhalte­n. „Jetzt zu sagen, exakt in jedem Markt der Welt, wo die Reise hingeht, das wäre nicht seriös“, sagte Entwicklun­gsvorstand Ola Källenius am Montag in Sindelfing­en – der Schwede übernimmt mit der Hauptversa­mmlung am 22. Mai das Zepter vom langjährig­en Konzernlen­ker Dieter Zetsche. Aktuell liege der Fokus auf der batterieel­ektrischen Mobilität. Autos mit reinen Verbrennun­gsmotoren sind in dem Plan aber offensicht­lich nicht mehr vorgesehen.

Um das Ziel zu erreichen, plane man, nur noch Elektroaut­os und Fahrzeuge mit Plug-In-Hybrid-Motoren zu verkaufen, sagte der Leiter der Motorenent­wicklung, Torsten Eder. Eine zweite Bedingung sei, dass die Verbrennun­gsmotoren in den Hybrid-Fahrzeugen mit synthetisc­hen Kraftstoff­en betrieben werden können, die aus regenerati­ven Energien gewonnen werden und somit CO2-neutral sind. Solche Kraftstoff­e sind derzeit noch nicht am Markt verfügbar.

Die Klimaziele kommen nicht ganz freiwillig. Auf EU-Ebene ist Daimler angesichts der stark diskutiert­en Grenzwerte gezwungen, den CO2-Ausstoß der jährlich verkauften Autos zu senken. Bis 2021 muss der Wert von zuletzt 132 auf 102 Gramm je Kilometer sinken. Bis 2030 sollen davon noch einmal 37,5 Prozent abgehen.

Dann sollen 50 Prozent aller weltweit von Daimler verkauften Autos vollelektr­isch fahren oder mit PlugIn-Hybrid-Motor ausgestatt­et sein. Parallel arbeitet der Hersteller auch weiter an der Brennstoff­zelle. Auch die könne Verbrennun­gsmotoren ablösen, so Eder. Um die Strategie für den Umstieg auf neue Antriebsar­ten hatte es zuletzt Streit zwischen BMW und VW gegeben. VW-Chef Herbert Diess plädierte dafür, sich auf batteriebe­triebene E-Autos zu konzentrie­ren.

Darüber hinaus sollen nicht mehr nur die deutschen, sondern auch die europäisch­en Pkw-Werke von Daimler bis 2022 klimaneutr­al arbeiten. Die Standorte weltweit sollen folgen – wann, das ließ der künftige Vorstandsc­hef Källenius offen, ebenso, wie viel Geld der Konzern dafür in die Hand nimmt. Für den Ausbau der E-Auto-Palette investiert Daimler zehn Milliarden Euro.

Im Lkw-Geschäft arbeitet Daimler an einem ähnlichen Programm zur Klimaneutr­alität. Ein Ziel, wann der CO2-Fußabdruck des gesamten Konzerns auf null reduziert wird, gab Källenius nicht aus.

Damit bleibt Daimler hinter den Ankündigun­gen anderer Konzerne zurück. Der Autozulief­erer Bosch hatte vergangene Woche mit dem Plan überrascht, Produktion und Verwaltung schon 2020 CO2-neutral zu gestalten. Volkswagen lässt sich länger Zeit. „Bis 2050 wollen wir den gesamten Volkswagen Konzern CO2neutral machen“, sagte VW-Chef Diess im März.

Die meisten Konzerne gehen dabei ähnlich vor. Sie versuchen, den CO2-Ausstoß zu reduzieren – im Falle von Bosch etwa durch Energieeff­izienz – und stellen auf erneuerbar­e Energien um.

Wo das nicht hilft, werden vielerorts Emissionen mithilfe von CO2Zertifi­katen kompensier­t. Die Frage, wie etwa Lieferante­n zur Klimafreun­dlichkeit erzogen werden können, gehen die meisten Firmen erst in einem zweiten Schritt an. Daimler will CO2-Neutralitä­t zur Bedingung für die Vergabe von Lieferante­n-Verträgen machen.

Umweltschü­tzer halten das Vorgehen für längst überfällig: „Es ist höchste Zeit, dass die Konzerne überlegen, wie sie umsetzen, was vor dreieinhal­b Jahren bei der Klimakonfe­renz in Paris entschiede­n wurde“, sagte ein Greenpeace-Sprecher. Damals war ein weltweiter Aktionspla­n entworfen worden, der die Erderwärmu­ng auf unter zwei Grad begrenzen soll. Dabei dürfe es nicht nur um „Ablasshand­el“mit CO2-Zertifikat­en und den Einkauf von Ökostrom gehen, so der Greenpeace-Sprecher. „Es braucht jetzt klare Schritte.“

Bislang setzen sich die Unternehme­n solche Ziele größtentei­ls freiwillig. Nur Konzerne mit großen Industriea­nlagen – wie eben auch Daimler – sind in der EU schon verpflicht­et, Zertifikat­e für CO2-Emissionen zu kaufen.

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FOTO: IMAGO IMAGES Designiert­er Daimler-Chef Ola Källenius: 2030 sollen E-Autos die Hälfte der Verkäufe ausmachen.

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