Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Die Lega schwächelt in ihrem norditalienischen Kernland
Die Rechtspartei Lega von Innenminister Matteo Salvini ist nach allen Umfragen die stärkste Partei in Italien; sie kommt auf Zustimmungswerte von rund 32 Prozent. Doch ausgerechnet in ihren einstigen Hochburgen schwächelt die Partei. In mehreren norditalienischen Städten sind die Zustimmungswerte im Vergleich zum Vorjahr um bis zu sieben Prozent gefallen.
Dieser Rückgang betrifft das historische Kernland der Lega. In den Regionen Piemont, Lombardei und Venetien entstand 1989 die Lega Nord als Bewegung, die sich vor allem für die politische und wirtschaftliche Autonomie von Rom starkmachte. Umberto Bossi war der Garant dieser Politik.
Doch mehrere Korruptionsfälle brachten innerhalb der Lega Nord eine neue Politikergarde an die Macht, Allen voran den bärbeißigen Salvini.
Er legte das separatistische Gedankengut ad acta, und den alten Namen gleich mit. Seine neue Lega, ohne den Zusatz Nord, ist heute eine nationale Partei, die sich im Vergleich zu Bossis Lega Nord weit nach rechts außen bewegt hat. Salvini sucht die politische Nähe zu Italiens Neofaschisten und zu radikalen Nationalisten und EU-Gegnern in ganz Europa.
Gegen die EU, für Italiens nationale Identität und Autonomie, gegen Einwanderer und Ausländer: Mit diesen Themen gewinnt Salvini in Italien große Zustimmung. „Die Mehrheit der Italiener steht hinter mir!“, sagt er, wenn er seine politischen Befugnisse als Innenminister übertritt und beispielsweise allein anordnet, Italiens Häfen für Rettungsschiffe von Nichtregierungsorganisationen dichtzumachen. Er versuchte auch der italienischen Marine Vorschriften zu machen – und griff damit in den Aufgabenbereich des Verteidigungsministeriums ein.
Salvinis nationalistische Politik irritiert zunehmend jene einflussreiche wirtschaftliche und gesellschaftliche Elite, die in Norditalien das Sagen hat. Vor allem Unternehmer aus der Region, die das wirtschaftliche Kraftzentrum Italiens ist, reagieren befremdet.
Unternehmer fürchten um Märkte Attilio Fontana, Lega-Präsident der Region Lombardei, ist einer der entschiedensten Befürworter der alten Lega. Er spricht sich inzwischen offen gegen die aktuelle Regierungskoalition mit der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung aus – und für eine Rückkehr zum Bündnis mit der eher rechtsliberal auftretenden Partei Forza Italia von Silvio Berlusconi. „Da sind wir politisch Zuhause“, betont Fontana.
Wie Fontana denken viele Legisten in Norditalien. Den radikal nationalistischen Kurs von Salvini empfinden sie als gefährlich für die europäischen Wirtschaftsbeziehungen norditalienischer Unternehmer. Sie teilen deshalb nicht die Idee des Parteichefs, der EU den Rücken zuzukehren. Ganz im Gegenteil.
Das norditalienische Vicenza ist seit Jahren eine Lega-Hochburg, eine wohlhabende Kleinstadt mit einem Ausländeranteil von über zehn Prozent – das ist mehr als der nationale Durchschnitt. Hier widersprechen Politiker und Unternehmer offen Salvini, wenn es um Europa und um Einwanderer geht. „Ohne Einwanderer müssen unsere Unternehmen ihre Produktion drosseln“, sagt etwa Luciano Vescovi, Präsident des städtischen Unternehmensverbandes. Ob sich Lega-Chef Salvini von der lauter werdenden Kritik an seinem politischen Kurs beeindrucken lässt, ist ungewiss – Anzeichen dafür sind bislang jedenfalls nicht zu erkennen.