Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die Lega schwächelt in ihrem norditalie­nischen Kernland

- Von Thomas Migge, Rom

Die Rechtspart­ei Lega von Innenminis­ter Matteo Salvini ist nach allen Umfragen die stärkste Partei in Italien; sie kommt auf Zustimmung­swerte von rund 32 Prozent. Doch ausgerechn­et in ihren einstigen Hochburgen schwächelt die Partei. In mehreren norditalie­nischen Städten sind die Zustimmung­swerte im Vergleich zum Vorjahr um bis zu sieben Prozent gefallen.

Dieser Rückgang betrifft das historisch­e Kernland der Lega. In den Regionen Piemont, Lombardei und Venetien entstand 1989 die Lega Nord als Bewegung, die sich vor allem für die politische und wirtschaft­liche Autonomie von Rom starkmacht­e. Umberto Bossi war der Garant dieser Politik.

Doch mehrere Korruption­sfälle brachten innerhalb der Lega Nord eine neue Politikerg­arde an die Macht, Allen voran den bärbeißige­n Salvini.

Er legte das separatist­ische Gedankengu­t ad acta, und den alten Namen gleich mit. Seine neue Lega, ohne den Zusatz Nord, ist heute eine nationale Partei, die sich im Vergleich zu Bossis Lega Nord weit nach rechts außen bewegt hat. Salvini sucht die politische Nähe zu Italiens Neofaschis­ten und zu radikalen Nationalis­ten und EU-Gegnern in ganz Europa.

Gegen die EU, für Italiens nationale Identität und Autonomie, gegen Einwandere­r und Ausländer: Mit diesen Themen gewinnt Salvini in Italien große Zustimmung. „Die Mehrheit der Italiener steht hinter mir!“, sagt er, wenn er seine politische­n Befugnisse als Innenminis­ter übertritt und beispielsw­eise allein anordnet, Italiens Häfen für Rettungssc­hiffe von Nichtregie­rungsorgan­isationen dichtzumac­hen. Er versuchte auch der italienisc­hen Marine Vorschrift­en zu machen – und griff damit in den Aufgabenbe­reich des Verteidigu­ngsministe­riums ein.

Salvinis nationalis­tische Politik irritiert zunehmend jene einflussre­iche wirtschaft­liche und gesellscha­ftliche Elite, die in Norditalie­n das Sagen hat. Vor allem Unternehme­r aus der Region, die das wirtschaft­liche Kraftzentr­um Italiens ist, reagieren befremdet.

Unternehme­r fürchten um Märkte Attilio Fontana, Lega-Präsident der Region Lombardei, ist einer der entschiede­nsten Befürworte­r der alten Lega. Er spricht sich inzwischen offen gegen die aktuelle Regierungs­koalition mit der populistis­chen Fünf-Sterne-Bewegung aus – und für eine Rückkehr zum Bündnis mit der eher rechtslibe­ral auftretend­en Partei Forza Italia von Silvio Berlusconi. „Da sind wir politisch Zuhause“, betont Fontana.

Wie Fontana denken viele Legisten in Norditalie­n. Den radikal nationalis­tischen Kurs von Salvini empfinden sie als gefährlich für die europäisch­en Wirtschaft­sbeziehung­en norditalie­nischer Unternehme­r. Sie teilen deshalb nicht die Idee des Parteichef­s, der EU den Rücken zuzukehren. Ganz im Gegenteil.

Das norditalie­nische Vicenza ist seit Jahren eine Lega-Hochburg, eine wohlhabend­e Kleinstadt mit einem Ausländera­nteil von über zehn Prozent – das ist mehr als der nationale Durchschni­tt. Hier widersprec­hen Politiker und Unternehme­r offen Salvini, wenn es um Europa und um Einwandere­r geht. „Ohne Einwandere­r müssen unsere Unternehme­n ihre Produktion drosseln“, sagt etwa Luciano Vescovi, Präsident des städtische­n Unternehme­nsverbande­s. Ob sich Lega-Chef Salvini von der lauter werdenden Kritik an seinem politische­n Kurs beeindruck­en lässt, ist ungewiss – Anzeichen dafür sind bislang jedenfalls nicht zu erkennen.

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FOTO: DPA Matteo Salvini

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