Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Könige des Kauderwelsch
Klartext zu reden im politischen Alltagsgeschäft, erweist sich mitunter als ein bisschen problematisch. Kevin Kühnert beispielsweise, der drollige Juso-Vorsitzende, der wenigstens BMW, vielleicht aber auch noch die Deutsche Bank und Bayer verstaatlichen möchte, kann ein Liedchen – wir nehmen an die Internationale – davon singen. Nicht nur die Genossen, nein, auch die wenigen noch verbliebenen Wähler der einst stolzen SPD haben auf Anhieb verstanden und abgelehnt, was Kevin unter moderner Wirtschaftspolitik versteht. Dumm gelaufen.
Weitaus cleverer stellen sich da die Vertreter einer anderen, noch unbedeutenderen Splitterpartei an: Die Liberalen von der FDP – wer denn auch sonst? – haben das Näschen nicht nur wie stets im Wind, sondern auch ganz weit vorn. Behaupten zumindest die Kommunikationswissenschaftler der Universität Hohenheim, die die Programme der Parteien zur Europawahl mühsam auf Verständlichkeit hin analysiert haben. Ihr überaus erfreulicher Befund: „Das Programm der FDP ist nur wenig verständlicher als eine politikwissenschaftliche Doktorarbeit.“ Eingängige Sätze wie „Ebenso soll die Europäische Agentur für Sprunginnovationen, wo notwendig, vertikale Inkubatoren als Mittler zwischen kleinen und mittleren und großen Unternehmen einsetzen“reichen locker für den Spitzenplatz unter den Kauderwelsch-Akrobaten. „Wir wollen Europa so verändern“, sagt FDP-Spitzenkandidatin Nicola Beer, „dass es wieder leuchtet.“Ist doch kein Problem, gerade weil dem Wähler nach der Programmlektüre kein Licht aufgegangen ist. (diu)