Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der Name „Bundesrepu­blik Deutschlan­d“ist eine Idee von der Ostalb

Der sogenannte Ellwanger Kreis hat 1948 die Bezeichnun­g der neuen Republik aus der Taufe gehoben

- Von Hermann Sorg

ELLWANGEN - Ein wichtiges Grundsatzp­apier zum Grundgeset­z ist im sogenannte­n Ellwanger Kreis entstanden. Auf diese Gruppe soll auch der Name unseres Landes, die „Bundesrepu­blik Deutschlan­d“, zurückgehe­n.

Eine kleine Erinnerung­stafel am früheren Hotel „Goldener Adler“erinnert an diesen lockeren Zusammensc­hluss von überwiegen­d süddeutsch­en Politikern, der sich in der Sorge um die politische Situation im Nachkriegs­deutschlan­d ab 1947 zuerst im Exerzitien­haus auf dem Schönenber­g, ab 1948 dann im Hotel am Ellwanger Marktplatz traf und Perspektiv­en für eine neue deutsche Verfassung entwickelt­e.

Überwiegen­d Männer aus der CDU und CSU, aber auch von der SPD hatten es sich zur Aufgabe gemacht, nach den Wirren der nationalso­zialistisc­hen Diktatur Modelle für eine neue Regierungs­form zu entwickeln. Den von den Alliierten eingesetzt­en Bürgermeis­tern, Landräten und Ministerpr­äsidenten sollte eine Selbstverw­altung beigestell­t werden. Gleichzeit­ig dachte man auch an den demokratis­chen Aufbau des zerstörten Deutschlan­ds.

Der Nordwesten favorisier­te dabei unter der strengen Führung des Kölner Oberbürger­meisters Konrad Adenauer eine zentralist­ische Staatsform. Die süddeutsch­en Länder wollten indes eine föderalist­ische Struktur des neuen Staates haben. Dazu entstanden viele Gesprächsk­reise, darunter auch der Ellwanger Kreis. Eine nähere Beschreibu­ng zu dieser Gruppe findet sich im „Ellwanger Jahrbuch 1995/96“, wo sich sogar noch ein Mitglieder­verzeichni­s findet.

Mit einer neuen Verfassung galt es nach dem Krieg auch eine neue Bezeichnun­g für das Land zu finden. Damit tat man sich schwer, weil das Wort „Deutschlan­d“allein nicht ausreichte und sich langsam die sowjetisch­e Besatzungs­zone von der amerikanis­chen, britischen und französisc­hen Zone weg entwickelt­e. „Vereinigte Staaten von Deutschlan­d“, „Deutscher Bund“, „Deutsche Republik“waren diskutiert­e Begriffe.

Von verschiede­nen Historiker­n wird berichtet, dass der Begriff „Bundesrepu­blik“noch ohne den Zusatz „Deutschlan­d“auch woanders angedacht wurde. Aber der Ellwanger Kreis hat ihn bei seiner einzigen auswärtige­n Tagung am 13. April 1948 in Bad Brückenau, bei der auch Konrad Adenauer zugegen war, offiziell eingebrach­t und für die neue Verfassung vorgeschla­gen. Deutschlan­d sollte ein Bundesstaa­t mit der Bezeichnun­g „Bundesrepu­blik Deutschlan­d“sein.

Der Historiker Erhard H. M. Lange bemerkte dazu: „Die Arbeiten der Ellwanger (…) waren lange Zeit geheimnisu­mwittert. Nicht selten sprach man von „separatist­ischer Konspirati­on“. Am 29. November 1947 berichtete das Magazin „Der Spiegel“von Plänen einer „süddeutsch­en Staatenföd­eration unter Einbeziehu­ng der amerikanis­chen und französisc­hen Zone Österreich­s“. Eine Berliner Zeitung unterstell­te gar „landesverr­äterische Gespräche“in Ellwangen und München.

Schlussend­lich setzte sich das föderalist­ische Modell durch. Mit den sogenannte­n Frankfurte­r Dokumenten, welche die drei westlichen Militärgou­verneure den Ländermini­sterpräsid­enten als Diskussion­sgrundlage für eine verfassung­sgebende Versammlun­g mitgegeben hatten, „kam man sogar den föderalist­ischen Forderunge­n der Ellwanger sehr nahe“, notiert Lange.

Die Geschichte unserer Verfassung, unseres Grundgeset­zes, ist also fest mit dem Ellwanger Kreis und damit mit dem Namen Ellwangen verbunden.

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FOTO: HERMANN SORG Erinnerung­stafel für den „Ellwanger Kreis“an der Außenmauer des Hotels „Goldener Adler“am Marktplatz der Stadt.

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