Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Das Ziel ist natürlich: 50 Prozent“
Frauenbüro-Leiterin Diana Bayer möchte die Sichtweisen der Frauen im neuen Gemeinderat stärken
ULM - Die Ulmer Frauenbüro-Leiterin Diana Bayer erklärt im Gespräch mit Sebastian Mayr, was den Arbeitskreis „Mehr Frauen in den Gemeinderat“so wichtig macht und was Stadträtinnen anders machen als Stadträte.
Frau Bayer, Sie wollen erreichen, dass mehr Frauen in den Ulmer Gemeinderat gewählt werden. Doch weibliche Kandidaten machen auf den Listen gerade einmal ein Drittel aus. Sind Sie zufrieden?
Die Listen sind ein wichtiger Schlüssel, um das Ziel zu erreichen. Es geht darum, die Listen paritätisch nach dem Reißverschlussprinzip zu besetzen. Wichtig ist, dass Frauen auf vorderen Positionen stehen. Nicht alle haben es geschafft, aber die Tendenz ist da. Eine Bilanz lässt sich erst nach der Wahl ziehen.
Was können Frauen in der Politik bewirken, was Männer nicht können?
Es geht nicht nur darum, viel Erfahrung in Vorständen und Gremien zu haben. Ich sage: Wer in Ulm engagiert und aktiv ist, weiß, in welchen Bereichen der Schuh drückt. Frauen haben oft eine andere Biografie, andere Lebensrealitäten und einen anderen Blick auf die Stadt. Deswegen ist es extrem wichtig, die Sichtweisen der Frauen dabei zu haben.
Zum Beispiel?
Es gab bei der Sportdebatte einen überparteilichen Vorstoß der Frauen im Gemeinderat. Da ging es darum, dass nicht nur Prestigeprojekte oder große Vereine gefördert werden, sondern dass man auch schauen muss, wer was anbietet und was wie genutzt wird. Frauen nutzen Sportangebote anders als Männer. Wenn man sich das bewusst macht, profitieren viele von den Sportangeboten. Immerhin geht es hier ja um öffentliche Gelder.
Konnten Sie Frauen überzeugen, erstmals zu kandidieren?
An den Veranstaltungen haben einige Frauen teilgenommen, die jetzt neu auf den Listen stehen. Aber es waren auch aktuelle und frühere Stadträtinnen dabei.
Frauen engagieren sich in vielen Bereichen. Haben sie zu oft Bedenken, öffentliche Ämter anzutreten? Der Grund ist ein anderer. Wenn ich mich im Elternbeirat der Kita einsetze, dann ist das unmittelbarer. Da kann ich für meine Kinder gleich was rausholen. Wir wollten vermitteln, dass es bei der Stadtpolitik nicht viel anders ist. Und das haben wir ja nicht erst für diese Wahl gemacht. Den Arbeitskreis „Mehr Frauen in den Gemeinderat“gibt es seit 2005.
Und die Arbeit geht noch weiter? Wir stehen in Ulm eigentlich schon ganz gut da. Aber wir wissen auch, dass wir das Thema jedes Mal wieder in die Köpfe bringen müssen. Wir werden es vor der nächsten Kommunalwahl wieder aufgreifen. Ist es denn in allen Parteien in den Köpfen angekommen?
Da muss man nur auf die Listen schauen. Bei einigen ist noch Luft nach oben. Immerhin haben sechs der 13 Listen eine Frau auf Platz eins. Und es ist klar: Das alte Argument, wir finden keine Frauen für die Kandidatenlisten, das zieht nicht.
Der Frauenanteil im Ulmer Gemeinderat ist deutlich höher als im Bundestag. Was wollen Sie erreichen?
Das Ziel ist natürlich: 50 Prozent. Aber die Wählerinnen und Wähler entscheiden. Wir sind jetzt bei 43 Prozent und waren nach der letzten Wahl sogar bei 47 Prozent – aber dann sind ja zwei Stadträtinnen weggezogen und deswegen ausgeschieden und zwei Männer sind für sie nachgerückt.
Sind Sie zuversichtlich, dass das klappt?
Die Listen sind auf jeden Fall bunter geworden. Ich hoffe und glaube, dass es uns in Ulm gelungen ist, die Bürgerschaft für das Thema „Frauen wählen“zu sensibilisieren.