Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Mehr Schutz für bedrohte Politiker
Nach dem Mord an Walter Lübcke ist ein Streit um die Verantwortung der AfD entbrannt
LEIPZIG (dpa) - Nach dem Fall Lübcke und mehreren Morddrohungen gegen Kommunalpolitiker werden Forderungen nach einer härteren Strafverfolgung laut. Das Vorgehen gegen solche Bedrohungen sei „zu lasch“, kritisierte Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), der Präsident des Deutschen Städtetags, am Donnerstag. Auch Außenminister Heiko Maas (SPD) rief zu mehr Unterstützung für betroffene Politiker auf. Morddrohungen gegen Kommunalpolitiker seien infame Versuche der Einschüchterung.
BERLIN - Nach dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke durch Rechtsextreme ist eine heftige Debatte über eine Mitverantwortung der AfD entflammt. Der frühere CDU-Generalsekretär Peter Tauber hat der AfD eine Mitschuld an zunehmender Gewalt und Hetze gegeben.
Nach dem Mord an Lübcke haben bundesweit auch andere Politiker Drohungen erhalten, wie jetzt bekannt wurde. So haben die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos), die bereits 2015 mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt wurde, und der Bürgermeister von Altena, Andreas Hollstein (CDU), Morddrohungen bekommen. Auch Hollstein wurde vor einem Jahr von einem Messerstecher verletzt. Beiden Politikern wurde ihr Einsatz in der Flüchtlingspolitik vorgeworfen. „Schade, dass der Täter keinen Erfolg hatte“, solche Twitter-Meldungen gingen bei Hollstein gleich nach der Tat ein. Die Polizei in Köln bestätigte die neue Drohung gegen Reker – ohne Details zu nennen. Der WDR berichtet, die Drohung habe offenbar einen rechtsextremen Hintergrund und stehe im Zusammenhang mit dem Fall Lübcke.
In diesem Zusammenhang wächst die Kritik an der AfD. Besonders hohe Wellen schlug ein Beitrag von Peter Tauber, dem früheren Generalsekretär der CDU und heutigem Staatssekretär im Verteidigungsministerium. In der „Welt“regte Tauber an, Verfassungsfeinden bestimmte Grundrechte wie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu entziehen. Nur das Strafrecht anzuwenden, genüge nicht. Er bezog sich auf Artikel 18 des Grundgesetzes, der noch nie angewendet worden sei. Danach können Grundrechte verwirkt werden, wenn jemand versuche, damit die freiheitliche demokratische Grundordnung zu bekämpfen.
Tauber sagt, die Gewaltbereitschaft von rechts nehme zu, das politische Klima habe sich verändert. „Erika Steinbach, einst eine Dame mit Bildung und Stil, demonstriert diese Selbstradikalisierung jeden Tag auf Twitter“, so Tauber über seine frühere Parteikollegin. „Sie ist ebenso wie die Höckes, Ottes und Weidels durch eine Sprache, die enthemmt und zur Gewalt führt, mitschuldig am Tod Walter Lübckes.“
Die AfD wies die Vorwürfe zurück. „Enthemmt ist offensichtlich Herr Tauber, der einen Mordanschlag dazu nutzt, um den politischen Mitbewerber auf tiefste Art und Weise zu diskreditieren“, entgegnete AfD-Fraktionschefin Alice Weidel. AfD-Chef Jörg Meuthen warf Tauber vor, aus dem Mord an Lübcke politisches Kapital zu schlagen, indem er AfD-Politiker für mitschuldig erkläre. „Das ist genauso abstoßend und niederträchtig wie falsch“, sagte er der dpa. Er forderte Taubers Rücktritt als Parlamentarischer Staatssekretär.
Weniger direkt, doch auch eindringlich mahnte aber auch die CDUChefin Annegret Kramp-Karrenbauer bei einem Besuch in Paris, es lasse sich am Fall Lübcke ganz deutlich sehen, „wie die Entgrenzung auch von Sprache, wie Hass und Hetze, wie sie auch von der AfD und von Verantwortlichen der AfD betrieben wird, Hemmschwellen so absenkt, dass sie augenscheinlich in pure Gewalt umschlagen.“Auch der brandenburgische CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben warnte: „Wie schnell aus Gewalt und Mordandrohungen bittere Realität werden kann, hat uns gerade der Fall des Ermordeten CDU-Politikers Walter Lübcke gezeigt. Der Extremistensumpf muss jetzt trockengelegt werden.“
Nur bedingt abwehrbereit
Die AfD selbst hatte sich gleich nach dem Mord an Lübcke, der mit einem Kopfschuss getötet wurde, mit einer Stellungnahme zu Wort gemeldet. Der „widerwärtige Mord müsse umgehend und lückenlos aufgeklärt werden,f orderten P arte ichefMeuthen und der Bundestags- Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland.
Nach den Vorwürfen, dass auch im FallLübcked er Täters chonläng er unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stand, aber die Tat nicht verhindert wurde, hat die Linke eine aktuelle Stunde im Bundestag beantragt. „Die von den Bundes- und Landes regierungen geführten Behörden sind offensichtlich gegenüber der rechten Gefahr nur bedingt abwehr bereit “, sagten die Linken Fraktionsvorsitzende nSahraWagenkn echt und Dietmar Bartsch. Das müsse sich ändern.