Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Drohne rettet Rehkitzen das Leben
Unterwegs mit Mitgliedern der Kreisjägervereinigung Biberach: Das Fluggerät arbeitet schnell und effizient
Kreisjägervereinigung schützt Bambis vor dem Tod durch Mähmaschinen.
LAUPHEIM/KIRCHBIERLINGEN Fünf Uhr früh zwischen Kirchbierlingen und Sontheim: Vögel zwitschern, Halme wiegen sich in der leichten Morgenbrise. Plötzlich ein Surren – Manfred Lochbühler von der Kreisjägervereinigung Biberach hat seine Drohne startklar. Im Nu ist sie in der Luft und kreist in 80 Meter Höhe über einer Streuobstwiese. Die Wärmebildkamera an Bord soll Rehkitze im hohen Gras aufspüren, die akut gefährdet sind, wenn gemäht wird.
Da! Auf seinem Kontrollmonitor bekommt Lochbühler zwei rote Flecken angezeigt, die auf Lebewesen hinweisen. Er lässt die Drohne über dem Fundort stehen, dirigiert über Funk die Jagdpächter Andreas Müller und Hans-Jürgen Geiger dorthin. Sie finden zwei frische Lager, das Gras ist niedergedrückt. „Hier lag eben noch ein Rehkitz“, deutet Müller auf das kleinere Lager. „Und nebenan die Geiß.“
Nur Kitze, die schon einige Wochen alt sind, machen sich rechtzeitig davon. Die Jüngsten drücken sich fest auf den Boden und rühren sich nicht, wenn Gefahr droht. Das wird ihnen leicht zum Verhängnis, wenn sich messerscharfes Mähwerk nähert.
Mithilfe von Drohnen rettet die Kreisjägervereinigung im zweiten Jahr Rehkitze vor dem Tod durch Mähmaschinen. „2018 waren wir in den Revieren unserer Mitglieder in 75 Fällen erfolgreich“, berichtet Manfred Lochbühler. Damals war nur eine Drohne im Einsatz; inzwischen hat die Vereinigung aufgrund der vielen Anfragen eine zweite angeschafft, die im südlichen Kreisgebiet fliegt. Dieses Jahr konnten seit Anfang Mai allein mit der von Lochbühler gelenkten Drohne rund 40 Kitze entdeckt und in Sicherheit gebracht werden. Helfer lesen die Tiere auf und setzen sie behutsam am Waldsaum ab. Dort werden sie von der Mutter alsbald wiedergefunden.
„Niemand will, dass Tiere qualvoll verenden“, sagt Hans-Jürgen Geiger. „Um das zu verhindern, machen wir uns jetzt modernste Technik zunutze.“Die Landwirte ziehen vorbildlich mit, loben die Jäger; sie melden sich und bitten darum, ihre Wiesen vor der anstehenden Mahd zu überprüfen.
Der Nebenerwerbslandwirt Hermann Ried aus Sontheim, der an diesem Morgen seine Streuobstwiese mähen möchte, um die Heuvorräte für seine Pferde aufzufüllen, hat Andreas Müller und Hans-Jürgen Geiger rechtzeitig Bescheid gesagt. Die beiden Laupheimer haben von der Stadt Ehingen die 540 Hektar große Gemeindejagd Kirchbierlingen gepachtet. Auf Streuobstwiesen gedeihen Kräuter, Klee und Wildblumen, erläutern sie – ein wahres Tischleindeck-dich für Rehe, die alle drei bis vier Stunden Nahrung aufnehmen. Die Mütter legen ihre Jungen, die sich schon bald an zartem Grün laben, dazu gern in Wiesen ab.
Hans-Jürgen Geiger greift zum Handy und informiert Hermann Ried, dass er mähen kann. Manfred Lochbühler holt derweil die Drohne zurück, landet sie weich zu seinen Füßen. Zehn bis 15 Minuten fliegt sie mit einer Akku-Ladung; der Monitor zeigt dem Piloten exakt an, welches Gebiet sie überflogen hat. „Die Drohne arbeitet schnell und effizient“, sagt Lochbühler. Beste Ergebnisse liefert sie morgens; wenn das Thermometer im Tagesverlauf steigt, schwindet der Unterschied zwischen Außen- und Körpertemperatur. Die konventionelle Methode ist, die Wiesen mit Hunden abzusuchen.
Für die Mitglieder der Kreisjägervereinigung Biberach ist der Drohnen-Service kostenfrei. Rehkitze, die aus der Gefahrenzone getragen werden, bekommen heuer eine Marke ans Ohr geknipst. Die Wildforschungsstelle Aulendorf erhofft sich davon im Rahmen eines Forschungsprojekts Aufschluss über den Aktionsradius der Tiere.