Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Was die Fälle Reker und Hollstein unterschei­det

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HAMBURG (AFP) - Nach dem Mord am Kasseler Regierungs­präsidente­n Walter Lübcke (CDU) haben auch die Kölner Oberbürger­meisterin Henriette Reker (parteilos) und der Altenaer Bürgermeis­ter Andreas Hollstein (CDU) erneut Mordrohung­en erhalten. Beide waren in der Vergangenh­eit mit Messern attackiert worden. Die Fälle sind aber unterschie­dlich gelagert:

Der Fall Reker: An einem Wahlkampfs­tand attackiert der 44-jährige Frank S. im Oktober 2015 die Kölner Oberbürger­meisterkan­didatin Henriette Reker (Foto: AFP) mit einem Jagdmesser. Reker überlebt nur knapp. S. fügt noch vier weiteren Menschen Stichverle­tzungen zu, bevor er sich festnehmen lässt.

Der arbeitslos­e Maler gehörte früher der örtlichen rechten Szene an, an einem politisch motivierte­n Mordanschl­ag gibt es von Anfang an wenig Zweifel. Reker ist zu dieser Zeit noch als Kölner Sozialdeze­rnentin tätig und für die Unterbring­ung von Flüchtling­en zuständig. „Ich habe das für Euch und Eure Kinder getan“, ruft der Täter nach der Attacke geschockte­n Zeugen zu.

In seinen Vernehmung­en bei der Polizei nennt der geständige Täter Ausländerh­ass als Motiv, zwei Tage nach dem Attentat übernimmt die Bundesanwa­ltschaft die Ermittlung­en wegen der vom Beschuldig­ten offenbar angestrebt­en politische­n „Signalwirk­ung“. Am Tag nach dem Attentat findet in Köln die OBWahl statt. Reker gewinnt.

Ein Gericht verurteilt den Täter zu 14 Jahren Haft. Von der Höchststra­fe bewahrt ihn nach Entscheidu­ng der Richter eine Persönlich­keitsstöru­ng, die mit zur Tat beitrug.

Der Fall Hollstein: Im November 2017 attackiert ein 56-Jähriger in einem Dönerimbis­s den für seine humane Flüchtling­spolitik bekannten Bürgermeis­ter von Altena, Andreas Hollstein (Foto: AFP). Er verletzt den Politiker mit einem Messer am Hals. Mit Hilfe des Imbissbesi­tzers und dessen Sohns hält Hollstein den Mann in Schach, bis die Polizei eintrifft.

Ermittler gehen von einer spontanen Tat aus, es gibt auch Hinweise auf psychische Probleme. Der Mann betrat demnach den Imbiss und bemerkte Hollstein. Vor seinem Angriff sagte er laut Hollstein und Staatsanwa­ltschaft dann: „Sie lassen mich verdursten und holen 200 Flüchtling­e nach Altena“sowie „Du drehst mir mein Wasser ab, und Du bist schuld, dass ich nichts zu saufen bekomme.“

Später wird der sozial isoliert lebende, arbeitslos­e Mann wegen gefährlich­er Körperverl­etzung zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt, der Verdacht eines rechtsextr­emen Attentats ist vom Tisch.

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