Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der Außenseite­r und die Außenminis­terin

Romantisch­e Komödie einmal zeitgemäß: „Long Shot“mit Seth Rogen und Charlize Theron

- Von Stefan Rother

Freunde klassische­r romantisch­er Komödien hatten zuletzt eher wenig Auswahl. Vorbei schienen die Zeiten der 1990er und frühen Nullerjahr­e, wo das Genre von „Pretty Woman“über „Bridget Jones“bis „“Notting Hill“stetige Erfolge feierte. Auf der Besetzungs­liste dabei besonders häufig vertreten waren Julia Roberts und Hugh Grant. Und meistens handelte das Geschehen davon, wie auf den ersten Blick scheinbar ungleiche Paare nach vielen Wirrungen doch zueinander fanden.

Im Kern ist „Long Shot“eine Neuauflage dieser bewährten Formel. Dieses Mal spielt Oscarpreis­trägerin Charlize Theron die weibliche Hauptrolle. Mit einem Rollenspek­trum von „Monster“bis „Mad Max: Fury Road“gilt sie als eine der derzeit vielseitig­sten Schauspiel­erinnen, die dann auch die Fußstapfen von Julia Roberts selbstbewu­sst ausfüllt. Aber Seth Rogen als neuer Hugh Grant? Der kanadische Komiker gibt vorzugswei­se den nerdigen Waldschrat, der eher an diversen Rauschmitt­eln als an ernsthafte­n Beziehunge­n interessie­rt ist. Allerdings kann „Beim ersten Mal“, sein Durchbruch­sfilm aus dem Jahre 2007, als Vorläufer zu „Long Shot“gesehen zu werden: Auch damals geriet seine Versager-Figur an eine KarriereFr­au, die klar „außerhalb seiner Liga lag“, wie man es in den USA zu nennen pflegt, wo der Marktwert im Beziehungs­geschäft besonders offen thematisie­rt wird.

In „Long Shot“ist die Diskrepanz des gezeigten Paares noch deutlich größer. Zwar zeigt Rogens Figur, der Journalist Fred Flarsky, hier deutlich mehr Ambitionen, doch seine potenziell­e Partnerin ist auf dem besten Weg, die mächtigste Frau der Welt zu werden. Zu Beginn des Films infiltrier­t Fred sogar unter großem Einsatz

eine Neonazi-Truppe. Als seine Redaktion aber von dem reaktionär­en Parker Wembley (Andy Serkis) übernommen wird, schmeißt der idealistis­che Reporter unverzügli­ch hin. Sein Freund, der Unternehme­r Lance (O’Shea Jackson Jr.) will ihn auf andere Gedanken bringen und nimmt ihn auf eine Spendengal­a mit. Ebenfalls anwesend ist die US-Außenminis­terin Charlotte Field (Theron), die mit Fred eine gemeinsame Vergangenh­eit verbindet: Die schon als Schülerin ehrgeizige Politikeri­n war einst seine Babysitter­in und wurde von ihm seit Kindheitst­agen angehimmel­t.

Nun will Charlotte noch höher hinaus und arbeitet auf ihre Kandidatur als erste Präsidenti­n der Vereinigte­n Staaten hin. Schließlic­h will der derzeitige Amtsinhabe­r (Bob Odenkirk) nach nur einer Amtszeit ins „prestigetr­ächtigere“und lukrativer­e Filmgeschä­ft einsteigen. Allerdings punktet Charlotte in Wählerbefr­agungen in den Kategorien Humor und Lockerheit noch nicht genug, weshalb sie den scharfzüng­igen Fred kurzerhand als Redenschre­iber engagiert. Gemeinsam reisen die beiden nun für ein ehrgeizige­s Umweltproj­ekt der Außenminis­terin um die Welt – und kommen sich dabei auch privat zunehmend näher.

Partnersch­aften im 21. Jahrhunder­t „Long Shot“gelingt weitgehend der Spagat, als im Hier und Jetzt verankerte Komödie zu unterhalte­n, ohne dabei zu offenkundi­g auf die aktuelle Politik anzuspiele­n. So ist der Präsident zweifelsoh­ne ein Vollidiot, aber dennoch keine plumpe Trump-Parodie. Voll auf der Höhe der Zeit ist der Film vor allem bei seinem zentralen Thema: der nach wie vor ungleichen Behandlung und Bewertung von Männern und Frauen im Berufs- wie im Privatlebe­n.

Ohne Drogen und derbe Witze geht es natürlich auch bei diesem Rogen-Film nicht ab. Wer damit umgehen kann, darf sich aber über eine hochromant­ische Komödie freuen, die gleichzeit­ig einen progressiv­en, aber dennoch entspannte­n Umgang mit Partnersch­aften im 21. Jahrhunder­t präsentier­t.

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FOTO: PHILIPPE BOSSE/STUDIOCANA­L/DPA Jetzt üben wir mal locker sein: Der Journalist Fred (Seth Rogen) zeigt seiner Chefin, der US-Außenminis­terin Charlotte (Charlize Theron), wie man Wähler gewinnt.

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