Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Der Außenseiter und die Außenministerin
Romantische Komödie einmal zeitgemäß: „Long Shot“mit Seth Rogen und Charlize Theron
Freunde klassischer romantischer Komödien hatten zuletzt eher wenig Auswahl. Vorbei schienen die Zeiten der 1990er und frühen Nullerjahre, wo das Genre von „Pretty Woman“über „Bridget Jones“bis „“Notting Hill“stetige Erfolge feierte. Auf der Besetzungsliste dabei besonders häufig vertreten waren Julia Roberts und Hugh Grant. Und meistens handelte das Geschehen davon, wie auf den ersten Blick scheinbar ungleiche Paare nach vielen Wirrungen doch zueinander fanden.
Im Kern ist „Long Shot“eine Neuauflage dieser bewährten Formel. Dieses Mal spielt Oscarpreisträgerin Charlize Theron die weibliche Hauptrolle. Mit einem Rollenspektrum von „Monster“bis „Mad Max: Fury Road“gilt sie als eine der derzeit vielseitigsten Schauspielerinnen, die dann auch die Fußstapfen von Julia Roberts selbstbewusst ausfüllt. Aber Seth Rogen als neuer Hugh Grant? Der kanadische Komiker gibt vorzugsweise den nerdigen Waldschrat, der eher an diversen Rauschmitteln als an ernsthaften Beziehungen interessiert ist. Allerdings kann „Beim ersten Mal“, sein Durchbruchsfilm aus dem Jahre 2007, als Vorläufer zu „Long Shot“gesehen zu werden: Auch damals geriet seine Versager-Figur an eine KarriereFrau, die klar „außerhalb seiner Liga lag“, wie man es in den USA zu nennen pflegt, wo der Marktwert im Beziehungsgeschäft besonders offen thematisiert wird.
In „Long Shot“ist die Diskrepanz des gezeigten Paares noch deutlich größer. Zwar zeigt Rogens Figur, der Journalist Fred Flarsky, hier deutlich mehr Ambitionen, doch seine potenzielle Partnerin ist auf dem besten Weg, die mächtigste Frau der Welt zu werden. Zu Beginn des Films infiltriert Fred sogar unter großem Einsatz
eine Neonazi-Truppe. Als seine Redaktion aber von dem reaktionären Parker Wembley (Andy Serkis) übernommen wird, schmeißt der idealistische Reporter unverzüglich hin. Sein Freund, der Unternehmer Lance (O’Shea Jackson Jr.) will ihn auf andere Gedanken bringen und nimmt ihn auf eine Spendengala mit. Ebenfalls anwesend ist die US-Außenministerin Charlotte Field (Theron), die mit Fred eine gemeinsame Vergangenheit verbindet: Die schon als Schülerin ehrgeizige Politikerin war einst seine Babysitterin und wurde von ihm seit Kindheitstagen angehimmelt.
Nun will Charlotte noch höher hinaus und arbeitet auf ihre Kandidatur als erste Präsidentin der Vereinigten Staaten hin. Schließlich will der derzeitige Amtsinhaber (Bob Odenkirk) nach nur einer Amtszeit ins „prestigeträchtigere“und lukrativere Filmgeschäft einsteigen. Allerdings punktet Charlotte in Wählerbefragungen in den Kategorien Humor und Lockerheit noch nicht genug, weshalb sie den scharfzüngigen Fred kurzerhand als Redenschreiber engagiert. Gemeinsam reisen die beiden nun für ein ehrgeiziges Umweltprojekt der Außenministerin um die Welt – und kommen sich dabei auch privat zunehmend näher.
Partnerschaften im 21. Jahrhundert „Long Shot“gelingt weitgehend der Spagat, als im Hier und Jetzt verankerte Komödie zu unterhalten, ohne dabei zu offenkundig auf die aktuelle Politik anzuspielen. So ist der Präsident zweifelsohne ein Vollidiot, aber dennoch keine plumpe Trump-Parodie. Voll auf der Höhe der Zeit ist der Film vor allem bei seinem zentralen Thema: der nach wie vor ungleichen Behandlung und Bewertung von Männern und Frauen im Berufs- wie im Privatleben.
Ohne Drogen und derbe Witze geht es natürlich auch bei diesem Rogen-Film nicht ab. Wer damit umgehen kann, darf sich aber über eine hochromantische Komödie freuen, die gleichzeitig einen progressiven, aber dennoch entspannten Umgang mit Partnerschaften im 21. Jahrhundert präsentiert.