Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Mit Daten gegen überfüllte Straßen

Expertenru­nde diskutiert über Möglichkei­ten, den Verkehr künftig umweltfreu­ndlicher zu regeln

- Von Stefan Kümmritz

ULM - Jedes dritte Auto soll klimaneutr­al fahren – auch jeder dritte Transporte­r. Jeder zweite Weg soll mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurückgele­gt werden. Und der öffentlich­e Nahverkehr soll doppelt so gut genutzt werden. Diese Ziele gibt der baden-württember­gische Verkehrsmi­nister Winfried Hermann aus. Doch wie können sie erreicht werden und auf welche Weise lassen sich Daten dafür einsetzen? Bei einer Podiumsdis­kussion im Ulmer Verschwörh­aus hat sich der Grünen-Politiker am Mittwoch mit Ulms Oberbürger­meister Gunter Czisch und dem Unternehme­r Blochin Cuius ausgetausc­ht.

Die von Insidern gut besuchte Veranstalt­ung Roadshow In-Ko-Mo 4.0 drehte sich um die Frage „Wie können Land, Kommunen und Mobilitäts­wirtschaft die Mobilität von morgen gestalten?“. Sie bot eine Fülle von Aspekten und Projekten zum Verkehr und zu Möglichkei­ten, diesen besser zu organisier­en. Die Abkürzung In-Ko-Mo steht für Innovation­spartnersc­haften zwischen Kommunen und Mobilitäts­wirtschaft – es geht also darum, wie das Land, die Kommunen und Unternehme­n gemeinsam eine Verbesseru­ng bei der täglichen Mobilität vor allem im Straßenver­kehr erreichen können.

Hermann, Czisch und Cuius, Geschäftsf­ührer des Mobilitäts­unternehme­ns MVMANT, waren sich in den meisten Punkten einig. Vor allem darin, dass dringend mehr Daten zum Beispiel über Verkehrste­ilnehmer und Anbieter gesammelt und verarbeite­t werden müssen.

Baden-Württember­g ist mit dem Projektauf­ruf „Mobilitäts­datenarchi­tektur für innovative Anwendunge­n“vorgepresc­ht. Ziel ist, die Verfügbark­eit und Qualität von Mobilitäts­daten zu verbessern und die Ausarbeitu­ng innovative­r Ideen für die Verwendung von Mobilitäts­daten zu fördern. Für Winfried Hermann, aber auch für die anderen Teilnehmer der Diskussion ist dies im digitalen Zeitalter ein absolutes Muss. „Wir brauchen viele wichtige Daten für die Verkehrsst­euerung, die müssen in einer Verkehrsze­ntrale BadenWürtt­emberg eingehen und von dort an die Kommunen verteilt werden“, sagte der Verkehrsmi­nister. Das Thema Mobilität stehe in Zukunft ganz oben und es müsse überpartei­lich daran gearbeitet werden.

Wetter berücksich­tigen

Gunter Czisch brachte einen wichtigen Aspekt ein: „Wie findet Mobilität statt? Diese Frage müssen wir auch mit den Wetterdate­n verknüpfen.“Bei schlechtem Wetter würden vielfach andere Verkehrsmi­ttel benutzt als bei gutem. Hermann ging diesbezügl­ich auf den Klimawande­l ein: „Die Autos machen die Städte kaputt.“Er formuliert­e die genannten Ziele, dass jedes dritte Auto, also auch jeder dritte Transporte­r, klimaneutr­al fahren muss, dass jeder zweite Weg mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurückgele­gt werden muss und dass der öffentlich­e Nahverkehr doppelt so gut genutzt werden muss. „Um das zu erreichen, ist die Vernetzung ganz wichtig. Wir müssen die Digitaltec­hniken nutzen“, sagte Hermann und sprach ein Problem an, das viele beschäftig­t: „Die Daten müssen zuverlässi­g sein. Die Navis in den Fahrzeugen bieten zum Beispiel bei Staus eine Lösung an. Dann wird der Verkehr oft durch Kommunen geleitet, das ist ganz schlecht.“

Professor Oliver Taminé von der Hochschule Furtwangen sprach vom Ergebnis einer Untersuchu­ng zur Besetzung von Autos: „Kein Bahnhof, kein öffentlich­er Nahverkehr und praktisch in jedem Auto saß nur eine Person.“Und so propagiert­e Blochin Cuius das Car-Sharing, während sich andere auch fürs Projekt Open Bike einsetzten. Dabei wird eine Software für ein Fahrrad-Verleihsys­tem erstellt, die jeder Programmie­rer weiterentw­ickeln kann. Stefan Kaufmann von der Stadt Ulm berichtete: „Wir haben Open Bike Ulm langsam entwickelt. Wir mussten verschiede­ne Verschluss­systeme testen und herausfind­en, wie die Benutzung der Fahrräder für alle möglich ist.“

Insgesamt wurden sieben Projekte zur Mobilitäts­verbesseru­ng vorgestell­t, darunter eines zum Verhindern von Auffahrunf­ällen bei Staus. Für die Projekte werden vor allem viele und gesicherte Daten benötigt, mit Rücksicht auf den Datenschut­z auch anonymisie­rte.

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