Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ende der Bescheidenheit
Was die Rückkehr von Mats Hummels nach Dortmund für die Bundesliga bedeutet
DORTMUND (dpa/SID/sz) - Auf seine Rückkehr nach Dortmund stieß Mats Hummels mit Prosecco an. Die Flasche im silbernen Kübel mit viel Eis und einer weißen Geschirrtuchschleife war ein Geschenk des Hotels in Miami, wo er mit seiner Ehefrau Cathy gerade Urlaub macht. In einer beigelegten Glückwunschkarte wurde dem 30-Jährigen seinem zweiten Wechsel vom deutschen Rekordmeister Bayern München zum BVB gratuliert.
Hummels wandte sich am Donnerstagnachmittag über die Sozialen Medien selbst an die Fans aus beiden Lagern, sprach von den „vielen tollen Menschen“in München und den „vielen schönen Momenten“, ehe er nach vorne blickte. Nach den Gesprächen mit den Verantwortlichen beider Vereine sei ihm schnell klar geworden, „dass meine fußballerische Heimat zukünftig wieder beim BVB sein soll.“Er hoffe, mit der Borussia „an die erfolgreichen Jahre zuvor anknüpfen zu können“.
Bis zu 38 Millionen Euro Ablöse könnte den BVB die Rückholaktion kosten, jedoch sind darin auch erfolgsabhängige Klauseln enthalten. Etwa für den Fall, dass der BVB die Champions League gewinnt. Die Grundablöse soll etwas mehr als 30 Millionen Euro betragen, 2016 hatte Bayern 35 Millionen an den BVB überwiesen. Dazu kommen nun auf Dortmund noch jährliche Gehaltszahlungen von rund zehn Millionen Euro brutto im Jahr bis 2022 zu.
Nicht wenig Geld für einen ExNationalspieler, den der „kicker“gerarde erst zu Recht zum besten Innenverteidiger der BundesligaRückrunde gewählt hat, der aber auch immer langsamer wird und dem man beim FC Bayern vor der Sommerpause mitgeteilt haben soll, dass er sich künftig womöglich öfter auf der Ersatzbank wiederfinden könnte. Dennoch: Hummels kehrt nicht als Gescheiterter nach Dortmund zurück.
„Wollen Meister werden. Ohne Wenn und Aber“
Zudem: Dass nun nicht mehr nur der FC Bayern in der Lage ist, dem direkten Konkurrenten einen Spieler wegzuschnappen, ist ein klares Signal. Die Dortmunder zeigen nicht nur dem FC Bayern, sondern der ganzen Bundesliga: Bescheidenheit war gestern, jetzt bläst der BVB mit einer Art westfälischem „Mia san mia“zum Titel-Angriff. Vereinsboss Hans-Joachim Watzke sagt unmissverständlich: „Wir werden in die Spielzeit mit der Maßgabe gehen, dass wir ohne Wenn und Aber um die deutsche Meisterschaft spielen wollen“, sagte er den „Ruhr Nachrichten“: „Wir freuen uns jetzt schon auf die neue Saison.“
Die Meisterschaft hatte der BVB schon kurz nach dem Saisonfinale als Ziel ausgegeben. Das war die Erkenntnis aus der zu langen öffentlichen Zurückhaltung in der Vorsaison, als der BVB demütig und bescheiden neun Punkte Vorsprung auf den FC Bayern verspielte. Neu ist die Formulierung „ohne Wenn und Aber“. Doch sie ist eine klare Folge der Offensive auf dem Transfermarkt. Außer Hummels verpflichteten die Dortmunder bereits schon die Nationalspieler Nico Schulz (TSG Hoffenheim) und Julian Brandt (Bayer Leverkusen) sowie den belgischen Internationalen Thorgan Hazard (Borussia Mönchengladbach/ alle je rund 25 Millionen). Auch die 21 Millionen für die fixe Verpflichtung des bisher vom FC Barcelona ausgeliehenen Paco Alcácer fließen in die Transferbilanz dieses Sommers. „Wir wissen, dass es viel Geld ist, das wir in die Hand nehmen“, sagte Zorc nun über den Wechsel Hummels: „Aber wir sind überzeugt, dass wir sehr von Mats profitieren werden.“
In München geht derweil nach James Rodriguez und Rafinha der nächste interne Kritiker von Trainer Niko Kovac. Da Arjen Robben und Franck Ribéry aus Altersgründen weggelobt wurden und auch Jérôme Boateng wohl noch gehen wird, verliert die Mannschaft auf der einen Seite wichtige Korsettstangen, andererseits aber auch Spieler, die womöglich laut geworden wären, wenn sie nicht so oft gespielt hätten – oder sich auch mal kritische Gedanken machen. Damit stützen die Münchner Bosse klar Trainer Niko Kovac.
Dennoch stößt der Hummels-Verkauf auf Unverständnis – nicht nur bei den Fans. Lothar Matthäus kann den Transfer aus Bayern-Sicht „nicht verstehen“. Thomas Helmer spricht von einer „riskanten“Lage, weil die Münchner auch Jérôme Boateng abgeben wollen. Einen ernsthaften Interessenten gibt es für ihn bisher nicht. Boateng betont, er werde nicht weglaufen.
Doch die Bayern-Fans fragen sich: Wer kommt denn noch? „Wenn sie wüssten, was wir alles schon sicher haben für die neue Saison“, hatte Hoeneß Ende Februar im Sport1„Doppelpass“getönt. Seitdem folgte nach den Transfers von Benjamin Pavard (für 35 Millionen vom VfB Stuttgart) und Jann-Fiete Arp (Hamburger SV/drei) nur noch im März der 80-Millionen-Euro-Rekordtransfer von Lucas Hernández. Der soll Hummels im Abwehrzentrum ersetzen, ist aber am Knie verletzt ist und wird frühestens zum Saisonstart zur Verfügung stehen.
Vollzug wurde seit März keiner vermeldet bei Bayern. Der BVB ist da schon weiter.