Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Jeder Zwang wäre falsch
Der Handlungsbedarf ist groß, 10 000 Menschen warten in Deutschland auf eine Transplantation, das ist 10 000-faches Leid und das angstvolle Warten auf einen lebensrettenden Spender. Vor diesem Hintergrund hat der Bundestag Anfang des Jahres bereits die Transplantationsgesetze reformiert, sodass durch bessere Organisation und Vergütung die Zahl der Organspenden gesteigert werden soll.
Doch statt nun abzuwarten, ob die Reformen Erfolge haben und dadurch vielleicht mehr Wartenden geholfen werden kann, setzte Gesundheitsminister Jens Spahn schon das nächste Gesetz auf die Schiene: die Widerspruchslösung. Jeder Deutsche soll damit von Haus aus Organspender sein, außer er widerspricht. Das ist ein massiver Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Menschen, die vom Staat aus zum Spender erklärt werden. Diese Lösung übt indirekten großen moralischen Zwang aus: Melde dich, wenn du nicht Organspender sein möchtest.
Doch Schweigen heißt nicht Zustimmung. Organspenden sind keine Spenden wie jene für Flutopfer oder SOS-Kinderdörfer. Man gibt kein Geld, sondern man fällt eine Entscheidung über seinen Tod hinaus. Organspende-Skandale haben in den letzten Jahren Misstrauen gefördert. Manche Menschen wollen nicht spenden, manche wollen noch nicht einmal darüber nachdenken, und andere denken nach, aber wollen sich nicht entscheiden müssen. Das ist ihr gutes Recht. Nur bei einer bewussten und freiwilligen Entscheidung könne man von einer Spende reden, warnt die katholische Kirche.
Die Diskussion wird mit großer Ernsthaftigkeit geführt und alle Seiten argumentieren mit ethischen Gründen. Doch gerade wenn es um ein so sensibles Thema wie Organspenden geht, sollte der Staat seine Bürger nicht zum Objekt machen. Deshalb sind die Entscheidungslösung einer Gruppe rund um die Grüne Annalena Baerbock oder der AfDVorschlag, im Prinzip bei der jetzigen Regelung zu bleiben, die besseren Lösungen. Organspender müssen von sich aus Ja sagen. Geschenke lassen sich nicht erzwingen.